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Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse
Читать онлайн.Название Die Legende vom Hermunduren
Год выпуска 0
isbn 9783347035836
Автор произведения G. K. Grasse
Жанр Контркультура
Серия Die Legende vom Hermunduren
Издательство Readbox publishing GmbH
Seine Treue zu Kaiser Nero war der Dorn im Fleisch des Senats! Deshalb sandten die Senatoren den Mann, den er einst vertrieb, dann diesen Mann erneut und noch einen Anderen, die aber ein zufälliger Tod fand. Was interessierten den Senat verlorene Kohorten, doch wohl genauso wenig wie den Kaiser… Er saß hier in Germanien und ohne es zu wissen, blockierte er senatorische Absichten… Gewann der Senat, über die Brüder Scribonius, die Militärterritorien am Rhenus, eigentlich besaß er sie doch schon, verfügte er auch über die Macht von mindestens sieben Legionen… Die Brüder hatten sich mit dem Senat verbündet… Er war das letzte Hindernis auf dem Weg zur Erschütterung der Macht…
Verginius Rufus erschrak ob der Erkenntnis. Was sollte er tun? Sollte er sich dem Druck ergeben und den Imperator seinem Schicksal überlassen? Sollte er kämpfen, für den Kaiser oder gar für sich selbst? Sollte er die Macht des Imperators, wie vom Vergobret der Haeduer angeboten, anstreben?
Verginius Rufus schreckte vor allen diesen Gedanken zurück. Nein, niemals ließe er sich verführen…
Eigentlich beurteilte er sich selbst als einen bescheidenen, nicht ganz dummen und keinesfalls unerfahrenen Legat. Er kannte das Spiel, seine Grenzen und wusste Erfolge einzuordnen. Die Vergangenheit belehrte ihn mit Misserfolg und weil das so war, befand er sich in dieser heiklen Lage. Also musste er sich daraus befreien…
Zwei Tatsachen nisteten sich in sein Denken. Optio und Wegelagerer wussten zu viel. Der Hermundure beschloss von vorn herein deren Tod… oder doch nicht…
Der Optio hätte, nach dem Überfall, zu seiner Einheit zurückkehren können und keiner wüsste oder ahnte seine Beteiligung. Wann und wo auch immer, der Mann hätte seine Rache ihm gegenüber ausleben können… Seine Rache? Welche Rache?
Verginius Rufus begriff, dass den Optio nicht Gold blendete, sondern Hass beherrschte… Wäre es nur Gold gewesen, hätte der Mann die Rückkehr in seine Ala vorgezogen und wäre sicher bald zum Decurio aufgestiegen… Deshalb musste es Hass sein…
Warum hasste ihn der Treverer?
Verginius Rufus schaffte es nicht, sich einen Grund vorstellen zu können. Er suchte nach einer Verbindung zwischen diesem Optio, den Auxiliaren der Treverer und seinen kürzlich gefassten Entscheidungen… und fand nichts…
Der Wegelagerer war bedeutungslos… Was sollte der Kerl schon wissen… Sie hatten ihn, wie Andere auch, aus der Gosse gezogen, ein Schwert gereicht und gesagt: ‚Töte und du erhältst Gold!‘ Dieser Wegelagerer versuchte eben sein Glück…
Warum aber vermied der Kerl, nach dem Ende des Überfalles, das Zusammentreffen mit dem Optio dann nicht? Er hätte doch einfach verschwinden können… Er blieb am Leben, besaß sein Gold und ihn zu finden, wäre schier unmöglich…
Es war die nächste Erkenntnis, die den Legat aus den Sandalen hob. Er musterte den Wegelagerer.
„Steh auf!“ befahl er.
Zögernd erhob sich der Fremde. Seine Kleidung war zerrissen und hing nur in Fetzen über einem schmutzigen, braun gebrannten Körper. Der Mann duckte sich, zog die Schultern ein, senkte den Kopf und verweigerte jeden Augenkontakt. Zeigte der Kerl Angst?
Unter den Lumpen gewahrte Verginius Rufus ausgeprägte Muskeln. Das Haar war kurz geschoren, aber äußerst schmutzig. So weit würde sich ein Römer niemals erniedrigen…
Darauf wollte ihn Gerwin aufmerksam machen? Legatus Legionis Verginius Rufus begann zu begreifen… Der Optio war ohne Zweifel wichtig, doch der Wegelagerer verbarg ein Geheimnis, dass zu lüften sich lohnte.
„Richte dich auf!“ befahl Verginius Rufus erneut. „Strecke dich, oder der Germane wird es tun…“
Der Mann blickte ihn, mit einem gespielten blöden Ausdruck in seinem Antlitz, an und erkannte den letzten Versuch des Wegelagerers, in der Unscheinbarkeit verschwinden zu wollen.
„Für einen stolzen Römer bist du wahrlich ein erbärmlicher Anblick! Hast du auch einen Namen? Oder sollte ich dir, für die kurze Zeit deines weiteren Daseins, eine Nummer geben…“
Die Beleidigung traf. Der angesprochene Römer streckte sich, überragte den Optio um einen halben Kopf und ließ den Mann neben sich zu einer Schimäre verkümmern. „Du hast lange gebraucht, Lucius Verginius Rufus.“
Seine Worte trafen Präfekt Axius und Tribun Tremorinus unvorbereitet. Auch die Erscheinung des Mannes änderte sich.
„Den da brauchst du nicht mehr…“ der Gefangene deutete mit seinem Kopf auf den Optio. „Er ist weder mutig noch klug, dünkt sich aber besser als Andere zu sein. Was er weiß, sagte er dir. Also lass deinen Germanen auf ihn los und du hast eine Sorge weniger…“
„Was befähigt dich, mir derartige Ratschläge zu erteilen, obwohl du mir deinen Namen und die Herkunft verschweigst?“ Zorn sprach aus den Worten des Legats. „Gerwin, rufe den Carnifex!“ Der Germane verschwand und kam kurz darauf, mit dem Carnifex der Primigenia, zurück.
„Höre Mann, du nimmst den Auxiliar mit. Dieser Kerl war am gestrigen Überfall beteiligt. Mir scheint sein Wissen von Bedeutung…“ Verginius Rufus blickte zum Optio. Er schien den genauen Auftrag an den Carnifex zu durchdenken. „Ich will von dem Mann wissen, wer den Auftrag erteilte?“ Plötzlich besann er sich.
„Nein, die Antwort gibt mir besser ein Anderer… Frage ihn, warum der Überfall ausgeführt wurde…“ Es dauerte einen Augenblick, dann verwarf er auch diesen Grund der Folter. Er wusste es doch bereits. Seine Ermordung war das Ziel und außerdem würde der Wegelagerer, wenn seine Vermutung zutraf, weit mehr zu erzählen haben…
„Frage ihn, warum er sich beteiligte und warum er mich hasst… Unterziehe ihn deiner Kunst und bedenke, dass ich diese Antworten fordere. Du solltest mir auch beide Antworten liefern. Es gibt für dich keinen Grund, mir eine meiner Fragen nicht zu beantworten…“
Das war das Todesurteil oder aber, der dies ebenfalls Hörende, entschloss sich, im Vertrauen auf das Wort des Legatus Legionis, zum freimütigen Bekenntnis. Der Carnifex verstand und schleppte den Verletzten zum Carcer.
Verginius Rufus verlor jedes Interesse an dem Optio. Gab er seine Antworten preis, konnte er noch immer abwägen und schwieg der Treverer, na dann forderte er seinen Tod selbst heraus…
„Gerwin, bemächtige dich des Römers und bringe ihn zum Arbeitsraum. Wir werden unser Gespräch dort fortsetzen…
4. Der Wegelagerer
66 nach Christus - Sommer (20. Augustus)
Imperium Romanum – Mogontiacum
Der Legat strebte seinem Arbeitsraum zu. Schweigend folgten ihm Präfekt Axius und der Obertribun. Auch Gerwin, der den gefangenen Wegelagerer vor sich her stieß, drängte dem Legat nach, die Treppe hinauf. Den Dienstraum erreichend, nahm Verginius Rufus auf seinem Stuhl, hinter dem großen Arbeitstisch Platz und Axius ließ sich in den Korbsessel sinken.
Obertribun Tremorinus blieb links neben der, durch den schweren Vorhang geschlossenen Tür. Also wählte Gerwin den Platz rechts der Tür, nachdem er den Gefangenen in die Mitte des Raumes gestoßen hatte. Noch immer war der Mann gefesselt und trug den Strick um den Hals, der in Gerwins Hand endete.
Der Wegelagerer musterte den Raum, grinste anzüglich und wandte sich Verginius Rufus zu.
„Wenn du mir jetzt die Fesseln nehmen würdest und statt dessen einen Pokal mit Wein reichtest…“
Julius Tutor brachte den Satz nicht zum Abschluss. Der Legat unterbrach ihn barsch.
„Was glaubst du, welche Vergünstigungen ich einem solchen Meuchelmörder wie dir noch zugestehe?“
„Ja, du hast recht…“ seufzte der Gefangene. „Wäre unser Anschlag gelungen, bräuchte ich deine Gastfreundschaft nicht zu schätzen und könnte, mit Freunden, statt eines Bechers Wein eine ganze Amphora leeren…“ Er zuckte bedauernd mit den Schultern. „Andererseits hegte ich die Hoffnung, dass unser Gespräch zivilisierter