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hoffte er, dass auch Paul mit überlebt hätte. Nachdem die Verwundeten abtransportiert waren und die verbleibenden Soldaten mit dem Aufräumen begannen, teilte ich mich zum Fuhrparkgebäude ein, um die Kisten sicher zu verbergen.

      Am nächsten Tag versuchte ich, in der Frankfurter Schreibstube, mit Major Friedrich von Arche Kontakt aufzunehmen. Der Obergefreite verweigerte mir jegliche Auskunft, ich solle ihm die Nachricht sagen oder aufschreiben, er würde sie an den Major weiterleiten, denn dieser sei bereits auf dem Weg zur Front. Ich fühlte mich an meinen Schwur gebunden und hinterließ keine Botschaft. Der Obergefreite war misstrauisch, er wollte eigentlich mehr über den Grund meines Ersuchens wissen. Deshalb wohl, rief er bei Hauptfeldwebel Wimmer an und unterrichtete ihn. Dieser kam dann auch umgehend in die Schreibstube und begann intensive Fragen zu stellen, ich sei verpflichtet, die Nachricht an ihn auszuhändigen. Erste Zweifel stiegen in mir auf, dann überdachte ich die Vorkommnisse erneut.

      Paul war kein Anfänger, sondern ein hervorragender Pilot, das hatte ich schon vom ersten Tag an gewusst. Die Übungsflüge waren lediglich vorgeschoben, galten der Tarnung, der Verschleierung. Die beschädigten Kisten hatten mir einen Teil des Inhaltes gezeigt, ich hatte die Ampullen sowie einige Goldmünzen gesehen. Die geheime Operation Medusa durfte unter keinen Umständen verraten werden, Paul hatte es mich schwören lassen. Ich erfand einen fadenscheinigen Grund und erzählte vom Luftangriff auf den Flugplatz. Diese Nachricht war schon bekannt und ich wurde als Trottel hinauskomplimentiert. Auf dem Heimweg drängten sich unweigerlich Fragen in meinen Kopf.

      Was für Gründe außer der Unterstützung des Endsieges konnte es noch geben, um Fracht heimlich zu versenden? Die Operation Medusa war wohl so ungeheuer wichtig, um diese Kisten unauffällig an einen anderen Ort zu bringen. Was verbarg sich in den Ampullen und wofür waren die Goldmünzen gedacht? Niemand durfte von den Flügen wissen, es gab keinen offiziellen Flugplan, niemals eine Flugnummer oder gar einen Eintrag im Register.

      Am folgenden Tag bin ich nochmals zum Flugplatz gelaufen und habe den Rest der vorläufig versteckten Kisten ausgegraben und sorgfältig an einem anderen, wesentlich sichereren, Ort gebracht und sie dort vergraben.

      Nur einen Tag später erhielt ich den Marschbefehl.

      Einige Wochen war ich in Italien im Einsatz, im Kampf um den Monte Cassino, dann wurde mein Flugzeug abgeschossen und ich kam in der Nähe der Gustav-Linie zu den Amerikanern in Gefangenschaft.

      1948 durfte ich nach Hause zurückkehren. Meinen Schwur hatte ich immer noch im Kopf, den unerledigten Auftrag des sterbenden Paul konnte ich nicht vergessen. Erneut suchte ich Major Friedrich von Arche. Die Suchanfrage beim Roten Kreuz ergab, dass er als vermisst an der Ost-Front galt und, falls er noch lebte, mit großer Wahrscheinlichkeit nach Sibirien gebracht worden sei. Etliche Versuche waren nötig, bis ich endlich seine Familie in Wiesbaden gefunden hatte. Mein Besuch bei der Mutter und der Ehefrau Charlotte waren ein Desaster, niemand wollte mit mir sprechen, geschweige denn mein Anliegen hören. Auch die Söhne und Töchter wendeten sich hochmütig von mir ab. Der einfache Oberleutnant hatte in ihren Kreisen keinerlei Wert und verdiente ihre Beachtung nicht. So behalte ich das geheime Versteck für mich, getreu meines Schwures wird es nicht aufgeschrieben oder jemand anderem erzählt.

      Hier brachen die Eintragungen ab.

      Elektrisiert, endlich einen Beweis in Händen zu halten, dass auf diesem Flugfeld und seiner Umgebung weit mehr lag, als lediglich Metallschrott, schlug sie ihre angefertigten Kopien auf. Mit einem grellgelben Textmarker unterstrich sie den Familiennamen von Arche sowie die Vornamen Friedrich und Charlotte in Wiesbaden und machte drei dicke Ausrufungszeichen an den Rand. Hier bekam sie ganz konkrete Informationen und es durfte nicht so schwierig sein, diese Familie wiederzufinden. Nachdenklich klopfte sie mit ihrem Kugelschreiber auf die Seiten.

       ›Wer war der Aufseher mit dem Buch? Lebte er noch?‹

      Das Rumoren aus dem Badezimmer besagte, das Moritz aufgewacht war. Seine Stimmung war besser, dennoch grummelte er beleidigt vor sich hin. Eva kochte extra einen Kaffee für ihn und schlug versöhnliche Worte an, präsentierte ihm ihr Handy und dass es seit gestern keinerlei Nachrichten anzeigte, egal von welcher App auch immer. Sie merkte sehr wohl, dass Moritz dies als Ausrede ihrerseits wertete, nur um sich nicht entschuldigen zu müssen. Eva versuchte einen weiteren Anlauf, mit ihm zu sprechen, doch er machte total dicht. Zog sich in sein Schneckenhaus zurück und war nicht gewillt ihr zuzuhören.

      »Moritz, was soll ich machen um Dich zu einer Antwort zu bewegen?« Er schaute sie nur böse und beleidigt an.

      »Entschuldige, dass mein Telefon kaputt ist, es war weder meine Absicht Dich warten zu lassen, noch Dich zu verletzten. Sprich mit mir. Wie soll ich Dich verstehen, wenn Du Dich in Schweigen hüllst«, Eva wurde merklich ungeduldiger. ›Wollte er nicht, oder was war der Grund für sein Verhalten?‹

      »Eva, ich habe lange über uns nachgedacht und habe festgestellt, dass ich nicht so weitermachen will, wie es momentan zwischen uns läuft. Wir vertrauen uns nicht mehr und Du glaubst mir nicht mehr. Ich kann das nicht und ich denke Du auch nicht. Es hat so toll angefangen und ich dachte, wir wären auf der gleichen Wellenlänge mit unserem gegenseitigen Vertrauen. Das ist nicht mehr der Fall, ich glaube, es ist besser, wenn wir getrennte Wege gehen.«

      Eigenartigerweise sprach Moritz ganz genau ihre Gedanken aus. So verschieden waren sie doch nicht, ihre Empfindungen glichen sich mehr, als sie dachten. Eva nickte,

      »Ja, vielleicht ist es besser so. Gibst Du uns noch eine Chance oder wollen wir es sofort beenden?«

      »Eva, ich liebe Dich und bin bereit, einen Neuanfang mit Dir zu wagen, vorausgesetzt wir glauben und vertrauen uns und beschuldigen uns nicht gegenseitig.« Ein weiteres Mal sprach er aus, was sie dachte.

      »Moritz, ich liebe Dich ebenfalls und wir sind nicht so verschieden. Ich verstehe nicht, wie wir uns so verändern konnten. Ja. Lass es uns noch einmal versuchen, ich bin bereit Dir zu vertrauen und Dir zu glauben.« Sie stellten Hausklingel und Telefone aus, genossen ihre leidenschaftliche Versöhnung mit allen Sinnen.

       Ungebetener Besuch

      In dieser Nacht steckte eine, mit dünnen schwarzen Stoffhandschuhen bekleidete Hand den Schlüssel in den Schließzylinder und öffnete leise knarrend die Haustür zum Hof. Geschmeidig verschwand die Gestalt im Haus und schloss vorsichtig die Tür hinter sich. Das schwache Licht einer Nachtlampe flackerte kurz auf, gerade hell genug um mögliche Hindernisse auf dem Weg durch die Küche, die angrenzende Diele, danach die Treppe hinauf zu erkennen. Lautlos bewegte sich der Schatten geschickt in den ersten Stock, wobei er wissentlich die knarrenden Stufen übersprang. In Evas Arbeitszimmer fand er schnell den Schlüssel zum Schreibtisch und fotografierte ihre neuen handschriftlichen Notizen. Absichtlich legte er den Schlüssel in einer anderen Art in die Schale zurück. Es war ein Leichtes gewesen ihren Laptop mit dem Virus zu infizieren, der alle Informationen, die sie schrieb oder suchte, sofort als Kopie an ihn weiterschickte. Leider machte sie viele handgeschriebene Aufzeichnungen, was ihm die Arbeit erheblich erschwerte, sich über ihre Erkenntnisse zu informieren.

      Übermüdet, nach einer unruhigen Nacht saß Eva am Laptop und las die eingegangenen Mails. Ihre Versöhnung gestern bekam einen bitteren Beigeschmack, etwas war noch nicht wieder richtig im Lot. Energisch schob sie dieses Gefühl beiseite und konzentrierte sich auf ihre Recherchen, überlegte sich die nächsten Schritte.

      ›Die Nachforschungen zu den gesuchten Personen übernehme ich erst einmal. Vielleicht hatte Chris bereits geantwortet, er war mit Arbeit zugeschüttet und musste meine letzte Bitte ablehnen.‹ Ihr Blick fiel auf die Büroklammerschale, sofort erkannte sie den Unterschied. Der Schlüssel lag nicht wie gewohnt in ihr, sondern obenauf.

       ›Verdammt noch mal, das hatten wir schon. Gestern Abend sprach Moritz von gegenseitigem Vertrauen und in der Nacht liest er doch wieder in den Zusammenfassungen. Wieso fragt oder sagt er nicht, wenn er Interesse an meinen Recherchen hat? Ich habe ihn immer eingebunden und teilhaben lassen. Es ist nicht ok, das eine zu sagen und das andere zu machen. Schon seit Längerem habe ich den Verdacht, dass er in meinen Sachen herumschnüffelt. Das heute, war genug. Jetzt reicht es.‹

      Eva stellte

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