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hätte ein zufriedenes Gesicht machen sollen. Das tat er nicht. Denn er hätte sich gewünscht, Brazos McCord für länger als Texas-Ranger binden zu können.

      So nickte er, stieß ein leichtes Seufzen des Bedauerns aus, und räumte schließlich ein: »Einverstanden, McCord. Vielleicht gelingt es mir, Sie zu einem späteren Zeitpunkt umzustimmen, Sie länger bei der Truppe halten zu können. So habe ich Sie jedenfalls für eine Weile im Sattel der Ranger-Kompanie. Und weil das so ist, habe ich auch gleich einen Auftrag, der dringend erfüllt werden muss.«

      Und genau damit begann für Brazos McCord eine Geschichte, die ihn mächtig in Atem halten sollte. Denn schon recht früh am nächsten Morgen saß Brazos McCord im Sattel seines Schecken und ritt gemächlich über die menschenleere Hauptstraße von Rosita. Er passierte Sanchez Domingos kleine Bodega. Im ersten Stock war ein Fenster geöffnet, Juanas hübscher Kopf lugte heraus. Sie warf ihm einen Handkuss zu und rief zu ihm herunter: »Wenn du wieder in Rosita bist, komm mich besuchen. Es war schön mit dir, Caballo Brazos McCord. Ich warte auf dich.«

      »Natürlich werde ich das, du schwarze Teufelin«, rief er zu ihr auf, hob winkend den Arm und drehte sich dann sich im Sattel nach vorn. Er stattete einen kurzen Besuch in der spanischen Mission ab. Da sich Owen Carrick aber noch in tiefsten Träumen befand, wie ihm Padre LeFavre versicherte, trug er dem Gottesmann ein paar Grüße an den Patienten auf und ließ Rosita hinter sich. Mit dem Anflug leichten Bedauerns, denn er wäre gern noch ein paar Tage geblieben, woran die schwarze Teufelin gewiss nicht ganz unschuldig war.

      Er schmunzelte bei den Gedanken an das Mädchen. Die hatte es wahrhaftig faustdick hinter den Ohren. Ein Mädchen, feurig und leidenschaftlich und zugleich süß und bezaubernd. Ganz nach seinem Geschmack. Sogleich kam ihm seine neue Aufgabe in den Sinn, und das Schmunzeln zog sich aus seinem Gesicht. Mit zwei Fingern der Rechten langte er in die Brusttasche seines Flanellhemds und angelte einen Gegenstand heraus, den er jetzt zum ersten Mal so richtig bewusst betrachtete. Es war das Abzeichen der Texas-Ranger.

      Er hatte in seinem Leben schon einiges hinter sich gebracht, kannte sich aus und hatte viel erlebt.

      Aber Texas-Ranger?

      Teufel, das fehlte noch in der Sammlung meiner Erfahrungen, stellte er fest. Obgleich er den Stern nur zögerlich angenommen hatte, bemerkte er nun, dass ihm die neue Aufgabe sogar gefiel. Eigentlich hatte er nur dem leidgeprüften Captain McNelly helfen wollen. Nun, er mochte den Captain und zollte ihm eine gehörige Portion Respekt. Männer wie Leander McNelly waren das Salz der Erde. Jedenfalls in Brazos McCords Augen, und es erfüllte ihn mit Stolz, unter McNelly dienen zu dürfen.

      Aber ging es nicht nur um McNelly, gestand er sich ein. Denn da gab es noch Owen Carrick, dem er sich aus unerklärlichen Gründen sehr verbunden fühlte.

      Freund, hatte Padre LeFavre gesagt.

      Nun, fast schien es tatsächlich so. Wieder erhellte ein Schmunzeln sein unrasiertes Gesicht. »Wenn alle in dieser Ranger-Truppe so sind, wie diese beiden Heldenväter, wird’s bestimmt ‘ne spaßige Sache werden, was, Pedro?«

      Der Schecke antwortete mit einem lauten Wiehern, als hätte er genau die Worte seines Herrn verstanden. Brazos strich über dessen Mähne hinweg, ließ das Abzeichen wieder in der Brusttasche verschwinden und lenkte Pedro nach Süden. In Richtung Louisiana.

      4. Kapitel

      Ausgerechnet in Brashear City hatte man ihn geschnappt und in Haft gesetzt. Cole Ketchum war wahrhaftig so dumm gewesen, sich bei einem Überfall auf einen Store schnappen zu lassen. Ausgerechnet am helllichtem Tag und von Deputy Marshal Tate Meeker, einem biederen Burschen, der in seinem bisherigen Leben kaum durch besondere Taten und Auffälligkeiten geglänzt hatte. Das wurde schlagartig anders, als sich nach der Verhaftung von Cole herausstellte, mit welch einem üblen Kaliber man es zu tun bekommen hatte. Coles Überfall auf den Store war das bislang harmloseste Delikt, was sich dieser bisher zu schulden kommen ließ. Ja, er war in Texas eine verdammt große Nummer. Sein Register reichte von Überfällen, Erpressung, Entführung, Waffenschmuggel bis hin zum kaltblütigen Mord an einem Siedlerehepaar in der Nähe von Carizo Springs, einer Stadt, die noch im Nueces-Streifen lag.

      Nun sollte der schurkische Cole nach Texas überführt werden, damit ihm dort der Prozess gemacht werden konnte. Und genau darin bestand Brazos McCords erste Aufgabe als frischgebackener Texas-Ranger.

      Als er an einem sonnigen Morgen über die Hauptstraße von Brashear City ritt, staunte er nicht schlecht über das rege Treiben dieser Stadt, und er fragte sich, wie jemand wie Cole Ketchum auf die Idee gekommen war, ausgerechnet in einer so geschäftigen Stadt mitten am helllichten Tag einen Store zu überfallen. Nun, Captain McNelly hatte ihn über Cole aufgeklärt. So wusste Brazos einigermaßen über den Burschen Bescheid. Aber diese Geschichte hier ließ ihn doch an dem Verstand des berüchtigten Kerls zweifeln. Brazos lenkte seinen Schecken Pedro an zahllosen Kutschen und Frachtwagen vorbei, bis er ein rotes Backsteingebäude erreichte, dessen Seitenwand mit einem einzigen vergitterten Fenster versehen war. Darauf hielt er zu.

      Vor dem Gebäude lehnte eine Bohnenstange von einem Mann und rauchte eine Zigarre. Als er Brazos McCord kommen sah, stieß er sich von der Wand ab und betrachtete den Neuankömmling mit skeptischen Blicken. Er trug einen fadenscheinigen Anzug, in dem der Kerl aussah wie eine Vogelscheuche. Was er aber zweifelsfrei nicht sein konnte, denn auf der Brust leuchtete das blinkende Abzeichen eines Deputy-Marshals.

      Brazos tippe lässig an die Krempe seines Stetsons. Er kam ohne Umschweife sofort zur Sache, wie es nun einmal seine Art war, und sagte: »Guten Tag. Ich bin Texas-Ranger Brazos McCord und habe die Order, einen Gefangenen namens Cole Ketchum nach Texas zu überführen. Sind Sie Town-Marshal Ambrose Hardesty?«

      Ein anmaßender Zug glitt über das lange Gesicht der Bohnenstange. »Ich bin Deputy Tate Meeker. Der Mann, der diesen Dreckskerl auf frischer Tat erwischt und überwältigt hat.« Dann wies er mit dem Daumen nach hinten. »Marshal Hardesty ist im Büro. Sie werden bereits dringend erwartet, McCord.« Dabei lächelte er breit und entblößte eine Reihe großer, gelber Zähne.

      Brazos zog die Brauen zusammen. Wie ein solch komischer Vogel es fertig gebracht hatte, Cole Ketchum zu schnappen, war ihm schleierhaft. Genauso schleierhaft wie der Überfall des Banditen auf den Store. Die ganze Sache kam ihm wahrhaftig sehr suspekt vor. Mit einem Nicken lenkte er den Schecken an die Haltestange heran. Behäbig glitt er aus dem Sattel, warf die Zügelenden lose über die Stange und stampfte einige Male mit den Füßen auf den Boden auf, um die Steifheit nach diesem langen Ritt aus seinen Gliedern zu verjagen. Dann trat er an den langen Deputy heran, der ihn die ganze Zeit aufmerksam beobachtet hatte und immer noch dieses dämliche Lächeln im Gesicht trug.

      »Sind Sie der Mann, der Cole verhaftet hat?« Brazos wusste das zwar durch Captain McNellys Berichten, aber er wollte es aus dem Mund dieser Bohnenstange hören.

      Meeker warf sich sofort in die Brust. »Jawohl, McCord. Der bin ich.«

      Brazos McCord konnte es einfach nicht glauben. Aber er nickte und schlug Meeker mit gespielter Anerkennung auf die Schulter.

      »Fein gemacht.«

      Das blöde Grinsen wurde um eine Nuance breiter. Jeder andere hätte sofort erkannt, dass das Lob nicht frei von Zweifeln war. Meeker allerdings nicht. Er freute sich darüber wie ein Hündchen, welches man einen riesengroßen Knochen zugeworfen hatte. Und genauso trottete er hinter Brazos McCord drein, als dieser an ihm vorbei ins Office trat.

      ***

      Vom Lüften hielt man nicht sehr viel. Von Sauberkeit schon gar nicht. Als Brazos McCord den Raum betrat, schlug ihm ein penetranter Geruch aus ungewaschener Kleidung und Schweiß entgegen, der ihn sofort die Nase rümpfen ließ. Der Holzfußboden sah aus, als hätte er dringend eine Reinigung nötig. Die Papierkörbe quollen über, an den Decken hingen überall Spinnfäden. Von einer dicken Staubschicht überzogen waren auch die Regale, die Brazos beim Eintreten in Augenschein nahm. Leicht hätte er mit den Fingern Buchstaben in die Schicht hätte malen können.

      Ein feister Kerl saß

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