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freundlich gesprochen, aber auch der begriffsstutzigste Mensch auf Erden hätte deutlich die Warnung in seinen Worten erkannt. Brazos sah die Unentschlossenheit in Jesse Haskins stupidem Gesicht. Jesses Blicke wanderten zu Wade, dann zu den anderen beiden Brüdern. Die hielten ihre Gewehre zwar noch in den Händen, aber die Mündungen zeigten auf den Boden.

      Noch …

      Jesse entschloss sich zu ein mutiges Grinsen. »Und was ist, wenn ich‘s nicht tue?«

      Brazos McCords Worte klangen weiterhin freundlich, der Inhalt jedoch war es nicht. »Nun, mein lieber Jesse, dann müsste ich dir deinen hässlichen Schädel vom Rumpf schießen.«

      »Du bist allein. Wir sind vier!«, schrie plötzlich Wade Haskin und schnappte nach dem Colt. Aber er war nicht der Mann, den Brazos McCord zuerst bedienen musste. Denn im gleichen Augenblick wagten es die Brüder Nat und Steve. Jene, die noch ihre Gewehre in den Händen hielten. Die Läufe beider Waffen zuckten gleichzeitig hoch und in Brazos McCords Richtung.

      Doch sie waren im Nachteil, merkten dies aber zu spät. Sie berechneten nicht das Tänzeln ihrer nervösen Pferde. Sie mussten neu zielen, und das kostete Zeit. Zeit, die sie nicht hatten und die entscheidend war für Leben und tot.

      Noch während Brazos seine Winchester in ihre Richtung riss, raste der Abzugshebel rauf und wieder runter. Zweimal, und das in einer Geschwindigkeit, als hätte diese Bewegung nur ein einziges Mal stattgefunden. Aber zwei Männern brachte es den Tod. Fast gleichzeitig kippten Nat und Steve Haskin aus den Sätteln und schlugen hart am Boden auf.

      Wade Haskin gelang es, seine Waffe zu ziehen. Aber auch sein Pferd verhielt sich alles andere als still. Im Moment, da sich der Lauf auf Brazos richtete, warf das Tier den Kopf in die Höhe und verhinderte ein genaues und rasches Zielen.

      Brazos federte in die Knie. Wieder beschrieb die Winchester einen kurzen, flachen Bogen und spie Feuer. Wade Haskin wurde wie von einer unsichtbaren Faust aus dem Sattel geschleudert. Sein linker Fuß verfing sich im Steigbügel. Noch während er auf den Boden fiel, sprengte das erschreckte Tier nach vorn und schleifte Haskin hinter sich her. Er bekam genau die Behandlung, die dem Ranger zugedacht worden war. Nur spürte Wade Haskin sie nicht mehr. Er war bereits tot.

      Und Jesse Haskin?

      Noch während Brazos McCord Wade Haskin aus dem Sattel stürzen sah, warf er sich zu Jesse herum. Aber der saß nicht mehr im Sattel seines Pferdes. Stattdessen tauchte hinter Jesses Pferd die taumelnde Gestalt des Rangers auf. Brazos sah das verzerrte, bleiche Gesicht des Mannes und hörte ihn mit keuchender Stimme rufen: »He, Kumpel! Den letzten habe ich aus dem Sattel geholt.«

      Bevor sich Brazos fragen konnte, wie dieser Bursche das vollbracht haben könnte, sackte der verwundete Mann auf die Knie und fiel mit dem Gesicht zuerst auf den Boden. Nun, auch Jesse lag am Boden. Als Brazos sich über ihn beugte, starrten dessen leblose Augen zu ihm empor. Er war vom Pferd gestürzt und hatte sich beim Sturz das Genick gebrochen.

      Dafür gab es für Brazos nur eine Erklärung. Offensichtlich musste es diesem Ranger gelungen sein, ihn mit einem Ruck des Lassos vom Gaul zu holen, während er, Brazos McCord, mit den anderen Haskins beschäftigt gewesen war.

      Brazos staunte nicht schlecht. Das hatte er dem verwundeten Ranger gar nicht zugetraut. Mit einem Mal wurde ihm jäh bewusst, dass es jetzt keine Haskins mehr gab. Allerdings war das kein großer Verlust für das Land – im Gegenteil.

      ***

      »Ich bin kein Arzt, aber Ihre Wunde sieht verdammt übel aus. Die Kugel steckt noch drin und muss ganz schnell rausgeholt werden. Ein Andenken der Haskins, wie?«

      Texas-Ranger Owen Carrick lehnte mit dem Rücken an einen Felsstein und sah mit bleichem Gesicht zu Brazos McCord auf.

      »Ein Souvenir, genauso wie das verdammte Lasso, von dem Sie mich eben befreit hatten. Mann, wenn Sie nicht so plötzlich aufgetaucht wären, hätte mich diese dreckige Bande zu Tode geschleift. Sie … Sie haben auch schon Bekanntschaft mit denen gemacht, wie ich‘s herausgehört hatte, stimmt‘s?«

      Brazos reichte ihm grinsend einen Blechbecher Kaffee, den Carrick dankbar in seine gesunde Hand nahm. Er versuchte sich etwas aufzurichten, unterließ es aber, weil heftige Schmerzen durch seinen Körper jagten. Der Mann sah alles andere als gesund aus. Seine Kleidung war zerrissen und blutverschmiert. Überall auf seiner Haut zeigten Abschürfungen, was vor wenigen Minuten mit ihm geschehen war.

      »Ja, wir sind alte Bekannte. Besonders Wade und ich. Ich wundere mich nur, gerade hier auf diese Bande gestoßen zu sein. Die letzte Begegnung mit dem Pack fand oben am Red River statt. Schon ein Weilchen her, vielleicht ein Jahr.« Er zuckte gleichmütig mit den Schultern. »Nun, egal wie. Um Wade Haskin und seine Brüder braucht man sich hierzulande keine Sorgen mehr machen.«

      Carrick versuchte ein Lächeln, was eher zu einer schmerzverzerrten Grimasse wurde. »Die haben Sie aber erstaunlich fix aus den Sätteln gehoben. Alle Achtung. Was sind Sie? Ein Revolvermann oder sowas?«

      Brazos lachte. »Wohl kaum. Würde mich eher als umhervagabundierenden Drifter bezeichnen – im Augenblick jedenfalls. Aber verraten Sie mir mal, wie es dazu kam, dass der verdammte Jesse so plötzlich aus dem Sattel geflogen ist? Möchte wissen, wie Sie das angestellt haben.«

      »Konnte ja nicht tatenlos zusehen. Da habe ich mich während des Tumults nach hinten geworfen. Das Lasso spannte sich und riss den Dreckskerl aus dem Sattel. Dass der sich gleich beim Sturz das Genick bricht, hatte ich allerdings dabei nicht bedacht.«

      »Aber böse sind Sie deswegen sicher nicht, was?«

      Carrick schaffte ein zynisches Grinsen unter heftigen Schmerzen. »Sehen Sie mich an, McCord. Dann wissen Sie Bescheid, wie ich über die Sache denke.«

      »Wieso waren die Haskins eigentlich so mächtig versessen auf Ihren Skalp?«

      »Nun, ich wurde beauftragt, Rudd Haskin zu stellen und ihn wegen Mordes zu überführen. In Kingsville konnte ich ihn stellen. Die Sache war auch ganz einfach. Schließlich prahlte dieser Kerl damit, einen Mann auf offener Straße über den Haufen geschossen zu haben. Dieser Irre fand dass sogar richtig spaßig. Das Gesetz allerdings weniger.«

      »Verstehe. Aber Rudd wollte sich nicht einfach so gefangennehmen lassen, wie?«

      »Ganz recht. Er zog. Aber ich war schneller. Verdammt, ich hatte keine andere Wahl. Nun, seinen Brüdern war das völlig egal. Die machten Jagd auf mich. Na, den Rest kennen Sie ja.«

      Brazos nickte, sah in das bleiche verschrammte Gesicht des Rangers. Der Mann hielt sich erstaunlich gut. Aber Brazos wusste, dass es ihm höllisch dreckig ging.

      »Was meinen Sie, Carrick … die nächste Stadt ist Rosita, würde ich sagen. Vielleicht zehn Meilen von hier entfernt. Können Sie‘s auf einem Gaul schaffen?«

      »Zur Hölle! Halten Sie mich etwa für ein Weichei, McCord?«

      Brazos McCord lachte auf. Das war genau die Antwort, die er hören wollte. Eine andere hätte er von diesem Ranger auch gar nicht erwartet. Das war ein zäher Bursche, und Brazos kam nicht umhin, ihm seine Bewunderung zu zollen. Dieser Carrick war ein Mann nach seinem Geschmack und er war froh, zur rechten Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein, um ihm das Leben zu retten.

      2. Kapitel

      In Rosita gab es keinen Arzt. Jedenfalls nicht mehr, als Brazos McCord mit dem verwundeten Owen Carrick die Stadt erreichte. Doc Atherlac sei vor zwei Tagen verstorben, wurde ihm erklärt und man wies dabei stumm auf den Friedhof vor der Stadt.

      Aber es gab eine spanische Mission, nahe des Friedhofes, und die Padres dort verstanden sich recht gut auf die Versorgung von Wunden. Carricks Zustand hatte sich auf dem Weg drastisch verschlechtert. Er wurde von heftigen Fieberattacken geschüttelt, begann während des Ritts wirres, zusammenhangloses Zeug von sich zu geben. Brazos McCord war gezwungen gewesen, die Hände des Rangers ans Sattelhorn zu fesseln, damit er nicht vom Pferd fallen konnte.

      Nun, die Padres nahmen

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