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hinüber zu seinem Pferd. Der Schecke stand etwas abseits des Feuers, rupfte bedächtig am Grasbewuchs. Mann und Tier waren schon eine ganze Weile zusammen, und irgendwann hatte Brazos sein Pferd einfach Pedro getauft. Manchmal hob er den Kopf, schnupperte in den Wind und warf einen Blick in Richtung seines Herrn, um dann weiter am Gras zu rupfen. Plötzlich stellte Pedro die Ohren auf und ließ ein kurzes Schnauben ertönen. Mit dem Vorderhuf stampfte er unruhig auf den Boden und warf den Kopf nach oben, sodass seine Mähne flog.

      Für Brazos McCord eine eindeutige Warnung.

      Nur einen Augenblick später drang ferner Hufschlag an seine Ohren. Zunächst recht schwach, dann immer lauter werdend. Plötzlich krachten Schüsse.

      Der Kaffeebecher landete auf dem sandigen Boden. Brazos McCord sprang vom Feuer auf. Seine Rechte griff nach dem Remington im Holster. Mit dem Stiefel scharrte er Sand über die Flammen, bis sie erloschen. Dann schob er sich durchs Buschgestrüpp, erklomm den seichten Anstieg einer Felsleiste und legte sich hinter einem Stein in Deckung. Von Osten her, aus der Richtung des Nueces, zog ein Reiter in wildem Galopp eine tüchtige Staubwolke hinter sich her. Für Brazos McCord zuerst nur als schemenhafte Gestalt erkennbar, hing er weit vornübergebeugt im Sattel und verlangte seinem Pferd alles ab.

      Der Grund für das Tempo waren weitere Reiter, die ebenfalls in wilder Karriere zwischen den Hügeln auftauchten und hinter dem Mann her hetzten, wie der Teufel hinter der armen Seele. Vereinzelte Schüsse peitschten immer wieder auf. Allerdings erzielten diese noch keine Wirkung.

      Noch nicht.

      So sehr sich der Verfolgte bemühte, seinen Häschern zu entkommen, der Abstand zwischen ihm und den anderen verringerte sich immer mehr.

      Vier Verfolger waren es, und sie hatten scheinbar die besseren Pferde.

      Brazos McCord kniff die Lippen hart zusammen. Es würde gewiss nicht lange dauern und das Quartett hätte ihr Opfer bald eingeholt. Es sah nicht gut aus für den Mann.

      Nun konnte ihn Brazos McCord bereits besser erkennen, denn der Mond war durch eine eine Wolkendecke gebrochen und warf sein silbriges Licht durch die Dämmerung. Das Gesicht des Mannes war bleich, und das sicher nicht allein vom Mondschein. Sein linker Arm baumelte nach unten herab, während seine Rechte krampfhaft die Zügel hielten. Er war verwundet und hielt sich nur mühsam im Sattel. Die Verfolger holten auf. Jetzt pfiffen ihre Geschosse haarscharf an ihrem Opfer vorbei. Dieser Bursche hatte keine Chance, zu entkommen. Und dann passierte es auch schon. Eine Kugel schlug dumpf in den Körper des Pferdes ein. Das Tier wieherte schrill auf, und knickte in den Vorderläufen ein. Der Reiter wurde über das zusammenbrechende Pferd hinweg katapultiert, überschlug sich in der Luft und landete krachend auf dem Boden.

      Das war‘s!, ging es durch Brazos McCords Kopf. Jetzt haben sie ihn.

      ***

      Texas-Ranger Owen Carrick spie Sand und Dreck aus dem Mund und richtete sich langsam vom Boden auf. Sein Schädel dröhnte. Die Verwundung in seinem Arm schmerzte höllisch. Er hatte Glück gehabt, sich beim halsbrecherischem Sturz nicht das Genick gebrochen zu haben.

      Glück?

      Zum Teufel damit!

      Sie hatten ihn wie eine Ratte in der Falle. Ein Entkommen gab es nicht. Carricks Rechte berührte das Holster an seiner Seite.

      Leer.

      Die Waffe war ihm beim Sturz herausgefallen.

      Aber was hätte die jetzt auch noch genutzt?

      Er sah sie auf sich zukommen, langsam, ohne Hast, ohne Eile. Sie bildeten eine Reihe. Zwei von ihnen hielten Gewehre in den Händen, deren Mündungen drohend in Carricks Richtung zeigten. Dicht vor ihm verhielten sie ihre schnaufenden und keuchenden Tiere. Sie blickten mit unversöhnlichen, hasserfüllten Mienen auf Carrick herab.

      Es gab kein Pardon. Carrick sah es in ihren kalten, harten Augen. Zunächst wurde nicht gesprochen. Nur das Klirren der Gebissketten und das Keuchen ihrer Gäule drang an seine Ohren. Einer der Reiter löste sich aus der Gruppe und lenkte sein Pferd dichter an ihn heran. Sein Name war Wade Haskin, ein großer, schwerer Mann, mit einem Gesicht, das wie aus Stein gemeißelt schien. Er hatte keine Waffe in der Hand. Aber das bedeutete nichts. Kalte, graue Augen blickten mitleidlos zu Carrick herab.

      »Jetzt haben wir dich genau da, wo wir dich haben wollten, verdammter Ranger. Du dachtest wohl, du könntest uns entkommen, wie?« Ein kehliges Lachen folgte, das keineswegs freundlich klang.

      Jedenfalls nicht in Owen Carricks Ohren. Er knirschte mit den Zähnen. Zum einen, weil er sich in dieser schier ausweglosen Lage sah, und zum anderen, weil ihm die Verwundung in seinem Arm höllische Schmerzen bereitete.

      »Was soll nun werden, Haskin? Was habt ihr Hundesöhne vor?«

      Die Antwort kam sofort. Es gab ein surrendes Geräusch, als die Lassoschlinge durch die Luft sauste und sich um Carricks Oberkörper zog. Ein heftiger Ruck folgte, und der Ranger fiel nach vorn aufs Gesicht.

      Dann drangen Wade Haskins abfällige Worte an seine Ohren: »Dafür, dass du unseren Bruder erledigt hast, werden wir dich natürlich umlegen. Hängen wirst du. Aber vorher wird Jesse noch den Boden mit dir pflügen. Das wird mächtig spaßig werden, Ranger.«

      Der Ranger versuchte verzweifelt sich aus der Schlinge zu befreien, er wand sich am Boden wie ein Aal. Sein verletzter Arm schlug dabei hart gegen einen Stein. Der jähe Schmerz entlockte ihm einen heiseren Schrei.

      Jesse Haskin warf seinen Gaul herum. Das Lasso straffte sich. Mit größter Anstrengung versuchte Carrick, sich gegen das Lasso zu stemmen. Zwecklos. Er wusste genau, was diese Bande mit ihm vorhatte. Sie wollten ihn zu Tode schleifen. Und das, was dann noch von ihm übrig war, würden sie einfach an einem Ast knüpfen.

      Wieder gab es einen tüchtigen Ruck, als der hämisch lachende Jesse sein Pferd antraben ließ und Carrick am Lasso hinter sich herzog.

      In diesem Augenblick krachte ein Schuss. Das Geschoss riss Jesse Haskin den Hut vom Kopf. Jäh brachte er sein Pferd zum Stehen. Dann starrten sie alle staunend auf die Silhouette eines hochgewachsenen Mannes, der plötzlich wie durch Zauberei zwischen Felsen und Buschgestrüpp aufgetaucht war und eine rauchende Winchester in den Händen hielt.

      Wade Haskin war der erste, der die Sprache wiederfand. In seinen Augen blitzte es zornig auf, und sein Gesicht verzog sich zu einer hasserfüllten Fratze.

      »Brazos McCord!«, rief er, und es klang wie ein Fluch.

      ***

      Brazos McCord sah, wie sich Wade Haskins Hand nach unten bewegte. Blitzschnell richtete er die Mündung der Winchester auf dessen imposante Brust.

      »Wade, halt deine Rechte still. So ist‘s brav! Das gilt auch für euch, Jesse, Nat und Steve!«

      »Wade, dieser Schweinehund hat meinen Hut durchlöchert! Dafür mache ich ihn kalt!«, hörte Brazos McCord Jesse schreien. Es klang wie das Kreischen einer hysterischen Frau.

      Brazos McCord wusste, dass dieser Bursche verrückt war. Aber das machte ihn nicht minder gefährlich als Wade Haskin und seine anderen Brüder. Ganz im Gegenteil. Wade hob die Hand, ohne den Blick von Brazos McCord zu nehmen. »Halt‘s Maul, Jesse. Halt einfach nur dein verdammtes Maul.«

      Brazos sah den wutentbrannten Zorn in Wade Haskins Augen. Für ihn war es schlimm genug, dass ihnen jemand tüchtig in die Suppe gespuckt hatte. Aber noch schlimmer war es, dass dieser jemand ausgerechnet Brazos McCord war. Denn sie waren alles andere als gute Freunde.

      Nun, Brazos kannte diese Burschen gut genug und verabscheute, was sie mit dem Ranger vorhatten.

      »Misch dich hier nicht ein, McCord. Das ist eine Familienangelegenheit. Hast du verstanden? Verpfeif dich, und wir wollen vergessen, dass wir dich zu Gesicht bekommen haben.«

      Wade Haskin hatte schon immer ein loses Maul, und Brazos McCord ließen seine Worte völlig kalt. Mit einem Kopfnicken wies er auf Jesse. »Ich möchte nicht, dass du noch mehr Unfug mit

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