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einen herzhaften Schluck gönnte, verschluckte sich beinah an seinem Bier. Er äugte verstohlen nach hinten zum Tresen.

      Sanchez hatte sich abgewandt, tat, als würde er sich mit dem Wischen des Tresens beschäftigen. Aber Brazos war sicher, dass diesem Burschen mächtig die Ohren klingelten. Denn es zeigte sich nur allzu deutlich ein verschmitztes Lächeln unter dem Schnurrbart des kleinen Bodegabesitzers.

      ***

      Ein Klopfen an der Tür riss ihn aus seinem Schlaf. Benommen richtete er sich auf und rieb sich müde übers Gesicht. Draußen wurde es bereits dunkel, das fahle Licht der Straßenlampen fiel durch das geteilte Fenster. Juana lag neben ihm. Sie schlief noch und schnurrte dabei selig und süß wie ein Kätzchen.

      Aber Brazos McCord hatte dafür gerade kein Auge. Der Störenfried draußen auf dem Flur ging ihm tüchtig auf die Nerven. Dann drang Sanchez Stimme zu ihm herein: »Señor McCord! Señor McCord! Machen Sie bitte auf!« Wieder klopfte es hart und eilig an der Tür.

      Wenn dieser Bursche keinen triftigen Grund hat, mich aus den Träumen zu reißen, dann Gnade ihm Gott! Mit diesen grimmigen Gedanken schälte sich Brazos aus dem Bett. Nackt wie er war, schlich er über den alten Teppich. Auf dem Weg zur Tür langte er nach seinem Holster und zog den Remington heraus. Wahrscheinlich gab es dafür keinen triftigen Grund. Aber Brazos McCord war von Natur aus ein vorsichtiger Mann. Wieder hämmerte der Bodegabesitzer hämmerte gegen die Tür. Brazos legte mit dem Daumen den Abzugshahn nach hinten und zog die Tür einen Spalt auf.

      Er musste für Sanchez einen komischen Eindruck gemacht haben, so wie er plötzlich in der Tür stand; nackt und mit dem Remington in der Faust, den Lauf dabei dabei nach oben zeigend. Jedenfalls stieß der Bodegabesitzer einen erschreckten Laut auf und bekreuzigte sich sofort.

      »Señor McCord, um Gottes Willen, stecken Sie die Waffe weg. Ich bin‘s doch nur.«

      Brazos McCord, der sich inzwischen davon überzeugt hatte, dass nur Sanchez allein im Flur stand, legte den Hahn zurück in die Ruhestellung.

      »Zur Hölle, warum machst du hier so ‘nen verdammten Lärm, als wenn eine Horde Bandidos über deinen Laden herfallen will?«

      »Señor, bitte entschuldigen Sie die Störung. Ich hätte es gewiss nicht gewagt, Sie … aber unten in meinem Lokal ist ein Mann, der Sie ganz dringend sprechen will.«

      Brazos runzelte die Stirn. »Mich sprechen? Wer?«

      Sanchez trat von einem Bein auf andere, so, als könne er sein Wasser nicht mehr lange halten. »Capitano McNelly, Señor Brazos McCord. Er sagt, es sei wichtig. Ganz wichtig. Er ist unten und wartet. Ein ungeduldiger Mann, dieser Capitano.«

      Brazos McCord kratzte sich mit dem Lauf des Remingtons über die unrasierte Wange.

      Leander McNelly!

      Was, in aller Welt, konnte ausgerechnet dieser Mann von ihm wollen?

      »Okay, sag ihm, ich komme gleich runter.«

      »Si, Señor McCord. Ich werd‘s ihm ausrichten. Und bitte, beeilen Sie sich. Der Capitano ist …«

      Brazos McCord machte eine unwirsche Handbewegung. »Ja, ich weiß, er ist ein ungeduldiger Mann. Hau schon ab, Sanchez!«

      Sprach‘s und schlug die Tür mit dem Fuß ins Schloss. Dabei hörte er, wie Sanchez Stiefel in rasender Geschwindigkeit über den Flur donnerten.

      3. Kapitel

      Captain Leander McNelly faltete die Hände zusammen und sah Brazos McCord aus seinen hellen Augen durchdringend an. Der Captain war ein Mann, der eine eingeschworene Einheit der Texas-Ranger befehligte, und dem bereits sein Ruf als Eisenfresser vorausgeeilt war.

      McNelly und seine Truppe hatten schon so manch hartgesottenem Desperado im Nueces-Streifen die heilige Mannesfurcht beigebracht. Brazos McCord hatte bereits genug Geschichten über diesen Mann gehört, um zu wissen, mit wem er es jetzt zu tun hatte.

      »Ich will es kurz machen. Meine Zeit ist knapp. Als ich hörte, was mit Sergeant Owen Carrick passierte, bin ich sofort hergekommen, um nach dem Rechten zu sehen. Nun, ich bin heilfroh, dass sich der Sergeant langsam auf dem Weg der Besserung befindet. Aber weniger froh bin ich darüber, dass er noch für eine Weile ausfällt. Verdammt, McCord, meine Einheit der Ranger ist ohnehin schon unterbesetzt. Und noch einen Ausfall kann ich mir nicht erlauben. Ich habe jeden Mann eingesetzt, um für Ordnung in diesem Land zu sorgen. Und ich könnte noch hundert weitere gebrauchen, damit‘s hier endlich mal etwas ruhiger wird. Aber es gibt nicht genug geeignete Männer … Um es deutlich zu sagen.«

      Brazos McCord steckte sich seine fertig gerollte Zigarette zwischen die Lippen. Er entfachte ein Streichholz an der Tischkante und führte es in der hohlen Hand an den Glimmstängel heran, um ihn anzuzünden. Er paffte ein paar Züge. Qualmwolken zogen wie Nebelschwaden zur Decke, durch die er McNellys durchdringende Blicke erwiderte.

      Die ganze Haltung des Captains zeigte den unverkennbar militärischen Charakter. Sein bärtiges Gesicht wirkte wie das eines Aristokraten, was er nicht war. Aber diese Züge täuschten nicht über die Krankheit hinweg, die ihn belastete.

      Leander McNelly litt bereits seit Jahren an Tuberkulose, und eine Heilung war nicht in Sicht.

      »Sie benötigen also händeringend Männer für Ihre Einheit. Habe ich das richtig verstanden, Captain McNelly?«

      McNelly nickte, wobei er sich durch seinen dunklen Bart strich. »Sie haben‘s erfasst. Und das am besten seit gestern. Nun, durch Ihren Einsatz ist es gelungen, einem meiner besten Männer das Leben zu retten. Das verdient einen Respekt, den man nicht in Worte fassen kann. Oh, lächeln Sie nicht. Ich meine es ernst.« Er beugte sich über die Tischplatte zu Brazos McCord vor, und beschwörender fuhr er fort: »McCord, ich habe über Sie nachgedacht. Einer wie Sie wäre genau der richtige Mann für unsere Truppe. Texas ist voll von zwielichtigen Elementen und bösartigem Abschaum. Dem muss ein Ende gesetzt werden. Und, zur Hölle, ich habe die besten Männer in meiner Truppe, die das auch vollbringen. All diese King Fishers, Cortunas, Fletchers oder Taylors haben meine Männer schon das Fürchten gelehrt. Ja, Typen wie diese werden bald Geschichte sein. Texas soll ein sauberes Land werden. Bei Gott, dafür stehen meine Leute ein. Ja, Männer wie Sie einer sind, werden dafür dringend gebraucht.«

      Brazos fuhr sich unschlüssig übers unrasierte Kinn. »Hm, McNelly … ich weiß nicht so recht. Sie machen aus mir ‘nen Helden, der ich wahrhaftig nicht bin. Bislang habe ich auf verschiedenen Ranches gearbeitet, bin auf einigen Rindertrails dabei gewesen. Ich kenn‘ mich also prima mit Lasso, Rindern und Pferden aus. Aber das Viehzeug, das Sie jagen, sieht doch etwas anders aus.«

      McNelly machte eine unwirsche Handbewegung: »Unsinn, Mann! Machen Sie mir doch nichts vor! Als ich Sergeant Carrick vorhin in der Missionarskirche besucht hatte, sprach er in den höchsten Tönen von Ihnen. Ich weiß Bescheid, wie Sie die verfluchten Haskins in die Hölle geschickt haben! Ganz bestimmt nicht mit einem Lasso!«

      »Nein, das nicht gerade, aber …«

      »Aber Sie sind jetzt im Augenblick ohne Job, nicht wahr?« McNelly beugte sich weiter zu Brazos vor und sah ihm eindringlich in die Augen. »Hören Sie, McCord! Ich biete Ihnen einen Job. Nicht nur das, sondern eine ehrenhafte Aufgabe! Treten Sie in den Dienst der Texas-Ranger. Ich brauche Sie. Nehmen Sie an. Von mir aus so lange, bis Carrick wieder dienstfähig ist. Hölle, ich beschwöre Sie, Mann.«

      Dieser Captain war in höllischer Not, das konnte Brazos sehen und hörte es klar heraus. Brazos befand sich im Zwiespalt seiner Gefühle. Er verspürte augenblicklich keine Lust, sich an einen Job zu binden. Zum anderen aber mochte er den ehrgeizigen Captain McNelly nicht im Stich lassen, der das Kommando über ein Ranger-Bataillon hatte, das an akutem Personalmangel litt.

      Was tun?, fragte er sich, während er einen tiefen Zug aus der Zigarette machte und sie anschließend im Aschenbecher auf dem Tisch versenkte.

      Er sah zu McNelly herüber und traf eine Entscheidung. »Okay,

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