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geschah nicht sehr oft, dass ihn eine Frau in Rage bringen konnte. Aber diese Miss du Mauret bekam es tatsächlich hin. Und so fiel Brazos McCord Antwort alles andere als besonders freundlich aus. »Im Grunde genommen ist es mir absolut egal, ob‘s Ihnen gefällt, Lady.«

      Das schlug dem Fass den Boden aus. Ihre Haselnussaugen weiteten sich, ihr Mund flog auf. »Wie können Sie es wagen, so mit mir zu reden? Kapitän Biggelow, ich verlange unverzüglich, dass Sie dieses Individuum sofort zurück an Land setzen. Eine anmaßende Unverschämtheit. Ich werde mich über diese Unverschämtheit beschweren.«

      Brazos McCord löste sich von der Reling und machte einen Schritt auf sie zu. So, wie er jetzt vor ihr stand, überragte er sie um gewiss mehr als eine ganze Kopflänge.

      »Lady, jetzt halten Sie verdammt noch mal die Luft an. Dort, wo Sie herkommen, mag es an der Tagesordnung sein, Menschen anderer Art herablassend zu behandeln. Hier funktioniert das nicht. Und bei mir schon gar nicht. Oh, beschweren Sie sich ruhig über mich. Aber vorher werde ich diesen Kahn durchsuchen und bis zur letzten Schiffsschraube auseinandernehmen. Wenn Leute Ihres Schlages im Spiel sind, lässt sich immer etwas finden, was man gegen sie einsetzen kann.« Er griff in die Brusttasche, angelte sein Ranger-Abzeichen hervor und hielt es ihr mit einem breiten Grinsen unter die Nase. »Und das hier, Lady, ist meine Eintrittkarte!«

      Es war nur ein Bluff. Aber er funktionierte, funktionierte sogar prächtig. Mylady fiel die Kinnlade herunter, starrte wie hypnotisiert auf das Abzeichen.

      Brazos warf dem Kapitän einen schnellen Seitenblick zu und bemerkte, wie sich der Mann kaum das Lachen verkneifen konnte. Es dauerte etwas, bevor Miss du Mauret die Worte wiederfand. Die richtete sie dann an den Kapitän.

      »Wir sprechen noch über die Angelegenheit, Kapitän Biggelow. Oh, warten Sie nur, bis ich meinen Vater über alles unterrichtet habe. Das wird dann Ihre allerletzte Fahrt gewesen sein. Ich wünsche Ihnen einen Guten Abend, Kapitän Biggelow.«

      Der Kapitän fasste in zynischer Höflichkeit an den Schirm seiner Mütze. »Miss du Mauret.«

      Sie wandte sich brüsk ab und stolzierte davon. Biggelow äugte zu Brazos herüber. »Sie waren nicht sehr charmant, mein lieber McCord. Aber die Geschichte mit dem Ranger-Abzeichen hat mir mächtig imponiert. Ich hätte mir fast in die Hosen gemacht, wenn Sie diesen Ausdruck bitte entschuldigen mögen.«

      »Käpt‘n, ich glaube, ich sollte mich bei Ihnen entschuldigen. Schätze, ich habe Sie da eben in eine ziemlich üble Lage gebracht. Aber diese herablassende Art ging mir entschieden gegen die Natur. Teufel, am liebsten hätte ich dieser arroganten Lady ordentlich den Hintern versohlt.«

      Biggelow schüttelte den Kopf. »Schon gut. Sie waren mit Ihren Worten nur etwas schneller, als ich. Und ich glaube, ich wäre sogar entschieden schärfer gewesen. Aber vielleicht können Sie mich jetzt verstehen, in Bezug auf diese nette Reisegesellschaft?«

      »Sicher, aber diese Furie wird sich in New Bedford tüchtig bei ihrem Papa ausweinen. Und ich fürchte, dass wird nicht gerade für Sie von Vorteil sein.«

      »Mister McCord, eines können Sie mir glauben: Diese Fahrt wird die letzte sein, die ich im Dienste von Mister Clement du Mauret durchgeführt habe. Sobald die Sweet Travelling im Hafen von New Bedford vor Anker liegt, gehe ich in den Ruhestand. Darauf können Sie Gift nehmen.«

      6. Kapitel

      Die Sweet Travelling mochte ein betagtes Schiff gewesen sein und bereits einige Seemeilen auf dem Buckel gehabt haben. Aber die Inneneinrichtung des Salons unter Deck war mächtig nobel und gewiss erst vor nicht langer Zeit renoviert und auf Hochglanz getrimmt worden. Die Wände waren aus feinem Teakholz ausstaffiert, so wie der Tresen, hinter dem sich ein in verschnörkeltem Goldrahmen eingefasster Spiegel befand. Zahlreiche Petroleumlampen zierten die Wände. An den Decken hingen teure Kristallkronleuchter, die man sonst nur auf den großen Luxusdampfern des Missouri zu Gesicht bekam. Der Fußboden war mit Teppich ausgelegt, der gewiss ein Vermögen gekostet haben musste.

      Brazos McCord war nicht der Mann, der auf solche Dinge Wert legte. Aber als er den Salon betrat, der mittlerweile mit Schiffsgästen gefüllt war, konnte er einen leisen, anerkennenden Pfiff nicht unterdrücken. Kaum einer der Anwesenden nahm Notiz von ihm. Und wenn, dann taten sie es mit verstohlenen Blicken. Brazos McCord schlängelte sich an den Tischen vorbei und steuerte den Tresen an. Der Barmann im weißen Hemd mit seiner schwarzen Fliege musterte ihn skeptisch von oben bis unten.

      Was immer er aber auch über ihn denken mochte; der Barmann war klug genug, es für sich zu behalten. Ein Lächeln, das die Augen nicht erreichte, zog seinen gezwirbelten Schnurrbart nach oben. Er beugte sich leicht zu Brazos vor.

      »Was kann ich für Sie tun, Monsieur?«

      Höflich war der Kerl, keine Frage.

      Brazos blickte sich im Saal um, bevor er sich dem Barmann, augenscheinlich französischer Abstammung, zuwandte. »Geben Sie mir ein Bier.«

      »Selbstverständlich. Wünschen Sie es gezapft oder aus einer Flasche, Monsieur?«

      Etwas irritiert war der Blick, den er dem Barmann zuwarf. »Was? Gezapft? Flasche? Egal, Mann. Halt ein Bier. Schmecken muss es. Der Rest ist mir schnuppe.«

      Brazos erntete ein fast mitleidiges Lächeln. »Ich werde Ihnen ein Bier zapfen, und Sie werden begeistert sein, Monsieur.«

      »Dann tun Sie das, mein Freund.«

      Er lehnte sich an die Theke, und wieder schweiften seine Blicke über die Köpfe der Anwesenden hinweg. Das hier war eine Welt, die er nicht kannte und auch nicht verstand. Die Damen waren in teuren Abendkleidern ausstaffiert. Die Gentlemen, welche in der Minderzahl waren, trugen Anzüge, für die ein gewöhnlicher Cowboy gewiss ein Jahr lang schuften musste, wenn nicht sogar länger. Auf den Tischen prunkten silberne Kübel, deren Inhalt mit teuren Sekt- und Weinflaschen gefüllt waren. Möglich, dass sich auch Champagner darunter befand. Aber davon verstand Brazos McCord nicht viel. So sehr er sich auch anstrengte, nirgends konnte er ein Bierglas erkennen oder gar eine Whiskeyflasche.

      Die besaufen sich auch, aber teuer. Das nennen die dann Stil, schoss es ihm durch seine Gedanken, und er schüttelte den Kopf. Dieser Mister du Mauret hat sich diese Kreuzfahrt für seine Tochter wahrhaftig ‘ne Menge kosten lassen. Nobel, nobel …

      Es war keine reale Welt. Jedenfalls nicht für ihn. In solch einer gehobenen Gesellschaft würde ein Mann wie er sich nie und nimmer zurechtfinden können. Hier galten andere Regeln. Regeln, die er nicht verstand.

      Der Barmann stellte ihm sein frisch gezapftes Bier auf den Tresen. Brazos McCord ergriff es und tat einen ordentlichen Schluck. Das Bier schmeckte vorzüglich.

      Nun, wenigstens etwas.

      Er lobte dies mit anerkennender Miene, und der Barmann griente zufrieden. Dem ersten Bier folgte ein zweites und, eher für Brazos McCord untypisch, sogar ein drittes. Dieses hatte er gerade zur Hälfte geleert und stand in Begriff, sich langsam aus dem Salon zu entfernen, um seine Koje zu aufzusuchen, als drüben bei den Tischen ein Mann aufstand, sich den teuren Anzug zurechtrückte und mit leicht schwankendem Schritt auf ihn zusteuerte.

      Neugierig darauf, was nun kommen würde, stellte Brazos McCord das halbleere Glas auf die Theke ab. Er hatte bereits vorher bemerkt, dass an jenem Tisch lebhaft gesprochen und einige Male in seine Richtung geblickt worden war. Dort am Tisch saß auch Miss Marylee du Mauret.

      Brazos McCord schwante nichts Gutes.

      Und richtig.

      Dicht vor ihm blieb der Mann stehen, schwankte etwas, und er hatte genug Alkohol intus, um mutig zu sein. Er war etwas über mittelgroß, hatte die Vierzig bereits überschritten. Weiche Züge in seinem augenblicklich leicht geröteten Gesicht zeigten Arroganz und zeugten von einem Leben, das nicht unbedingt von harter, schwerer Arbeit gekrönt worden war.

      »Sie sind dieser Texas-Ranger.«

      Noch konnte Brazos in den Worten kein alkoholtypisches Lallen feststellen. Dafür

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