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meeresrauschen

      darf ich lauschen

      um mich herum sand

      und strandgewächse

      dem meeresrauschen

      darf ich lauschen

      der schwarzbraune hund

      schleckt meine zehen

      dem meeresrauschen

      darf ich lauschen

      meeresrauschen

      lauschen

      meeresrauschen

      lauschen

       Agía Fotiá, 19. September 2017

       Dietmar Füssel

       Jupp

      Der Gelegenheitsarbeiter Jupp Johnson aus Hamburg saß wie an jedem Abend seines verpfuschten Erwachsenenlebens am Tresen seiner Stammkneipe und soff in Erwartung seines täglichen Vollrausches, der ebenso zuverlässig kommen würde wie Werbeunterbrechungen im Privatfernsehen, schweigend vor sich hin, als plötzlich eine junge, bildhübsche Blondine die Kneipe betrat und wie durch ein Wunder auf dem Barhocker direkt neben dem seinen Platz nahm, als wären seine Alkoholfahne und sein penetranter Körpergeruch liebliche Parfums.

      „Nanu? So schön und so allein, schöne Frau?“, fragte Jupp, weil dies der einzige Flirtspruch war, den er jemals gelernt hatte.

      „Aber das siehst du doch“, antwortete sie, womit sie, ohne es zu wissen, in Jupps persönlicher Flirterfolgsstatistik die Führung übernahm, denn bisher hatte er auf seine Frage hin immer nur Antworten wie zum Beispiel: „Das geht dich einen verdammten Scheißdreck an, du besoffenes Arschloch“ erhalten.

      „Darf ich dich vielleicht auf ein Getränk einladen?“, erkundigte sich Jupp, durch diesen unerwarteten Erfolg ermutigt.

      „Also gut. Warum eigentlich nicht“, erwiderte sie und wandte sich an den Barkeeper. „Einen doppelten Whisky on the Rocks, bitte. Aber bezahlen tut dieser Herr da.“

      „Von Herzen gern, schöne Frau“, sagte der Barkeeper. „Aber das ist kein Herr, sondern nur der besoffene Jupp.“

      „Und für mich das gleiche“, beeilte Jupp sich zu sagen.

      „Wie du meinst, Jupp“, sagte der Barkeeper. „Aber pass auf, dass du mir nicht wieder einen totalen Affen zusammenkriegst, wenn du so durcheinandersäufst.“

      „Mein Problem“, sagte Jupp.

      „Solange du mir nicht wieder das ganze Klo vollkotzt, schon“, sagte der Barkeeper und machte sich an die Arbeit.

      „Du heißt also Jupp“, bemerkte die Blondine. „Und ich bin die Nadine.“

      „Nadine“, wiederholte er. „Das ist aber schon ein verdammt schöner Name, das muss man schon sagen.“

      „Mir gefällt er ehrlich gesagt auch“, sagte sie. „Jupp ist vielleicht nicht ganz so schön, aber ich finde, der Name passt zu dir.“

      Und während Jupp noch darüber nachdachte, ob das, was sie gerade gesagt hatte, ein Kompliment oder eine Beleidigung gewesen war, servierte der Barkeeper die Getränke.

      „Also dann, prost, Jupp. Und danke für die Einladung“, sagte sie, stieß mit ihm an und leerte ihr Glas auf einen Zug. „So, und jetzt muss ich leider wieder gehen.“

      „Aber wieso denn?“, fragte Jupp enttäuscht. „Darf ich dich nicht vielleicht noch auf ein Getränk einladen?“

      „Nein danke“, sagte sie. „Mehr als einen doppelten Whisky vertrage ich nicht.“

      „Man muss selbst am besten wissen, wo seine Grenzen sind“, bemerkte der Barkeeper. „Nicht wahr, Jupp?“

      „Aber dann darf ich Sie vielleicht noch nach Hause begleiten?“, fragte Jupp, ohne auf die Bemerkung des Barkeepers einzugehen.

      „Nein danke, es ist überhaupt nicht weit“, sagte sie. „Außerdem habe ich den Eindruck, dass du in einem Zustand bist, in dem eher ich dich begleiten müsste, und dazu habe ich ehrlich gesagt keine Lust. Also dann, gute Nacht.“

      Und als sie gleich darauf die Kneipe verließ, schwang sie dabei so sexy ihre Hüften, dass Marilyn Monroes Gang verglichen mit dem ihren ausgesehen hätte wie der von Godzilla.

      „Schade“, sagte Jupp.

      „Mach dir nichts draus, Jupp“, sagte der Barkeeper. „Bei der hättest du sowieso keine Chance gehabt. Ebenso wenig wie bei irgendeiner anderen Schlampe. Noch ein Bier?“

      „Ja, bitte“, sagte Jupp. „Und einen Schnaps darfst du mir auch noch bringen.“

      Kurz darauf trat bei Jupp seine tägliche Volltrunkenheit ein.

      Wenigstens bei ihr hatte er immer eine Chance.

      Kommentar: Ein satirischer Seitenhieb auf die um sich greifende Proll-Kultur. Gleichzeitig ein Blick auf die Träume von Männern und die ihnen gegenüberstehenden Realitäten.

       Carsten Stephan

       Sansevieria trifasciata

      Verschwägert bist du mit den Drachenbäumen,

      Mit Laub gleich Schwertern, silber und citrinen,

      Dein Name klang uns wohl wie Apenninen,

      Dein Ursprung ließ uns von den Tropen träumen.

      Du solltest unsre Lebenspfade säumen,

      In Ferienheimen und Betriebskantinen,

      Von Aluminiumlöffelglanz beschienen,

      Der Heimat in zentralgeheizten Räumen.

      Du blühtest blau und machtest uns erschauern,

      Die Sehnsucht hielten wir nicht mehr im Zaume

      Und flohen unsere beengten Bauden.

      Mit deinem Laube brachen wir die Mauern

      Und klommen selig auf im Freiheitsbaume

      Und hieben endlich ab: Bananenstauden.

       Laura Schmidt-Niederhoff

       Uta

      Uta lernte ich kennen, nachdem ich herausfand, dass mein Mann eine Affäre hatte. Sie war unsere Nachbarin und ich zum ersten Mal schwanger. Ich hatte sie einige Male vor der Garage getroffen; ihr Auto stand direkt neben dem unsrigen. Im Unterschied zu uns, die wir unsere Garage als Abstellraum nutzten, hatte sie darin aufgeräumt und konnte ihr Auto unterstellen. Sie war das, was man landläufig eine feine Dame nannte.

      Sie lebte allein. Das hatten uns schon die Vormieter erzählt, von denen wir das schmale, inmitten einer Reihe gelegene Haus übernommen hatten. Darüber hinaus hatten sie uns gewarnt, dass die Frau, die da lebte, Kinder nicht besonders mochte. Aber ich machte mir keine Sorgen, da Karl und ich noch gar nicht an Kinder dachten.

      Dass ich schwanger wurde, war so gesehen ein Unfall. Als ich Karl von meiner Schwangerschaft erzählte, schien er nicht unglücklich. Er gab sogar vor, sich zu freuen. Doch irgendwann musste ihn der Schrecken übermannt haben. Er blieb immer länger in der Arbeit, es gab so viel zu tun, die Kunden eben, und nicht zu vergessen, die Abendessen mit den Vorgesetzten. Die waren wichtig für seine Karriere. Eines Morgens, es war Samstag, stopfte ich das letzte seiner Hemden in die Waschmaschine, dabei nahm ich den milden Geruch eines fremden Parfums wahr. Da wusste ich es.

      Ich sagte nichts. Aus meiner Sicht gab es nichts zu besprechen, außer, dass ich meinen Job kündigte, den ich sowieso nicht mochte. Ich hatte entschieden, mich in den ersten drei Jahren um das Baby zu kümmern. Ich wollte alles richtig machen, eine gute Mutter sein, und Karl war mit allem einverstanden. Das schlechte Gewissen stand ihm in die Stirnfalten geschrieben.

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