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verschiedene Weise erklären: Einerseits durch außerphilosophische Gründe, etwa durch die politische Entwicklung in Europa; die traumatische Erfahrung der beiden Weltkriege; die Vertreibung kritischer Intellektueller und aller jüdischen Wissenschaftler durch die Nazi-Diktatur. Andererseits durch philosophische Gründe, etwa durch unterschiedliche Reaktionen auf die philosophische Situation am Ende des 19. Jahrhunderts. Am einfachsten aber erklärt sie sich in der Auffassung dessen, was Philosophie sei bzw. was sie zu leisten habe:

      Die Vertreter der Analytischen Philosophie, wie z. B. Gottlob Frege, Bertrand Russell, Ludwig Wittgenstein, Moritz Schlick, Rudolf Carnap oder John L. Austin, verstehen Philosophie als eine Disziplin, die methodisch im Einklang mit der modernen Wissenschaft steht, die sich um möglichst klare Begriffe und logisch korrekte Argumente bemüht, und die eine genaue Analyse einzelner Problemstellungen dem Aufbau einer umfassenden philosophischen Weltanschauung vorzieht.

      Die Vertreter der Kontinentalen Philosophie wiederum, wie z. B. Edmund Husserl, Karl Jaspers, Martin Heidegger, Jean Paul Sartre, Helmuth Plessner oder Hans Georg Gadamer, verstehen Philosophie, um es mit Hegel zu sagen, als ein großes monumentales Unternehmen, das die Grundlage aller Wissenschaften bildet, eine umfassende Kulturkritik bereitstellt und als Ersatz für die traditionelle Orientierungsleistung der Religion dienen kann.

      1 Russell, Bertrand: Probleme der Philosophie, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1967, S. 9.

      2 Ebenda.

      3 Vgl.: Aristoteles: Metaphysik, Rowohlt Verlag, Hamburg, 2005.

      4 Schlick, Moritz: Allgemeine Erkenntnislehre, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1979, S. 17 f.

      5 Für eine Charakterisierung von Analytischer Philosophie und Kontinentalphilosophie vgl. Abschnitt 1.6.

      6 Der Ausdruck ›Philosoph‹ sei geschlechtsneutral gebraucht. Er dient zur Bezeichnung jeder Person, die Philosophie betreibt.

      7 Nagel, Thomas: Was bedeutet das alles? Reclam, Stuttgart, 2008, S. 6.

      8 a. a. O. S. 7.

      9 Schopenhauer, Arthur: Die Welt als Wille und Vorstellung, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2015, S. 521.

      10 Engels, Friedrich: Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie, in: Marx, Karl; Engels, Friedrich: Werke (MEW), Band 3, Dietz, Berlin, 1969, S. 535. Das hier vorliegende Zitat entstammt dem von Engels 1888 veröffentlichten Text, in dem der später berühmt gewordene Ausdruck ›kömmt‹, anstelle des Ausdrucks ›kommt‹, noch keinen Gebrauch findet.

      11 Bei Hans Joachim Störig findet man z. B. eine Einteilung buddhistischer Philosophie in vier Hauptsysteme: Das realistische System des Vasubandhu, das nihilistische System des Harivarman, die Nur-Bewußtseins-Lehre (ebenfalls Vasubandhu) und das System der Logik der Verneinung des Nagarjuna.Vgl.: Störig, Hans Joachim: Kleine Weltgeschichte der Philosophie, Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 2011.

      12 Die Zusammenfassung der logischen Schriften unter dem Namen ›Organon‹ (Werkzeug) geht nicht auf Aristoteles zurück, bestimmt aber seit Andronikos von Rhodos die Form der Überlieferung. Vgl.: Aristoteles, Philosophische Schriften in sechs Bänden, Meiner Verlag, Hamburg, 1995.

      13 Anmerkung der Verfasser (Anm. d. V.): Unter einem assertorischen Urteil versteht man ein Urteil in dem etwas behauptet wird (z. B. S ist p bzw.: S ist nicht-p). Im Gegensatz etwa zu einem Rechtsurteil.

      14 Kant, Immanuel: Kritik der reinen Vernunft, Meiner, Hamburg, 1998.

      15 Hegel, Friedrich in: Aristoteles: Lehre vom Schluß oder Erste Analytik, Meiner, Hamburg, 1992, Einleitung.

      16 Düring, Ingemar: Aristoteles, in: Realencyclopädie der klass. Altertumswissenschaften, Pauly-Wissowa, Suppl.-Bd. XI, 1968, Sp. 218, S. 10-13, in: Aristoteles: Lehre vom Schluß oder Erste Analytik, Meiner, Hamburg, 1992, Einleitung.

      17 Baumann, Peter: Erkenntnistheorie, Metzler Verlag, Stuttgart, 2006, S. 2.

      18 Ebenda.

      19 Ebenda.

      20 Ebenda.

      21 a. a. O. S. 3.

      22 Zwar haben sich bereits die Philosophen lange vor Aristoteles mit metaphysischen Fragestellungen beschäftigt, aber eben nicht gleichermaßen systematisch und umfassend.

      23 Die Bezeichnung ›Ontologie‹ ist aus dem Griechischen ›tö 6n‹, abgeleitet, was so viel heißt wie: ›das Seiende« aber auch ›Ding‹ oder ›Sein‹.

      24 Schnädelbach, Herbert: Was Philosophen wissen, C.H.Beck, München, 2012, S. 8.

      25 Der Begriff ›Entität‹ ist eine Erfindung der Scholastiker. Er dient dazu, um über jedwedes Seiende sprechen zu können – sei es wirklich, bloß möglich oder unmöglich –, ohne dabei das geringste Unterscheidungsmerkmal einführen oder kennen zu müssen.

       2 Philosophiegeschichte – eine Zeittafel des dokumentierten Nachdenkens

      Warum sollte man sich überhaupt mit der Geschichte der Philosophie auseinandersetzen, so könnte man fragen, sind doch nicht wenige der Auffassung, dass die Ergebnisse des Nachdenkens vergangener Zeiten, ob des wissenschaftlichen Fortschritts zum größten Teil überholt, antiquiert oder schlichtweg falsch sind. Eine durchaus berechtigte Frage. Wir würden sagen: Das wertvolle Moment, das der Beschäftigung mit der Geschichte im Allgemeinen und mit der Philosophiegeschichte im Besonderen innewohnt, liegt in ihrer Erklärungskraft. Der Status quo des philosophischen Denkens wird über weite Strecken nur dann verständlich, wenn man sich die Genese dieses Denkens vor Augen führt. Insofern halten wir die Beschäftigung mit der Philosophiegeschichte für eine in der Tat lohnende Angelegenheit. Doch womit haben wir es eigentlich zu tun? Die Philosophiegeschichte, wie sie uns heute in zahlreichen Werken vorliegt, ist die Gesamtheit der philosophischen Deutungs- und Erklärungsversuche von Mensch und Welt. Von jeher ist sich der Mensch selbst ein Rätsel und seine Stellung im Weltganzen ist ihm unklar. Aus dieser Rätselhaftigkeit und Unklarheit resultieren dann auch die großen Fragen, die wir uns immer wieder von Neuem vorzulegen haben: Wer sind wir? Woher kommen wir? Was ist unsere Rolle im Universum? Welchen Sinn können wir unserem Leben geben? Was ist der Sinn von Geschichte und Welt? Usw. usf. Zu unterschiedlichen Zeiten wurden von den Philosophen unterschiedliche Antworten gegeben. Die Zusammenschau dieser Antworten heißt Geschichte der Philosophie.

      Im vorliegenden Kapitel geben wir einen knappen, skizzenhaften Abriss dieser Geschichte. Als eine Sammlung von Gedankensplittern konzipiert, die den Ausgangspunkt eigener, vertiefter philosophiegeschichtlicher Betrachtungen bilden sollen, werden die wichtigsten Philosophen, philosophischen Schulen und Positionen vorgestellt: von der Zeit der Vorsokratiker bis ins 20. Jahrhundert. Mit wenigen Ausnahmen konzentrieren wir uns dabei auf die abendländische Philosophie, denn keine andere hat eine so große Vielfalt hervorgebracht und eine so weitreichende Entwicklung genommen. Es lässt sich nicht verhindern, gewissen Philosophen und Positionen mehr und anderen weniger Raum zu geben – viele werden gar nicht genannt. Das mag mit der tradierten Bedeutung mancher Philosophen und Positionen aber auch mit persönlichen Neigungen zu tun haben. Eine wie auch immer geartete Bewertung unsererseits geht damit aber nicht einher. Selbstredend sei endlich darauf hingewiesen, dass dieser Abriss lediglich einer ersten Orientierung dient und ein Studium der Philosophiegeschichte weder ersetzen kann noch will.26

      26 Für das Studium der Philosophiegeschichte vgl. u. a.: Röd, Wolfgang (Hrsg.): Geschichte der Philosophie, Band 1-14, C. H. Beck, München, 2009; Störig, Hans Joachim: Kleine Weltgeschichte der Philosophie, Kohlhammer, Stuttgart, 2016.

      2.1 Philosophie der Antike

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