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unter dem Hintern weggeschossen. Ich werde dir deinen Ver­stand jetzt zurechtrücken, mein Freund. Und du wirst den Dreck von Big Jims Stiefeln lecken, wenn ich mit dir fertig bin!«

      Mit seinem letzten Wort schlug er zu. Wie ein Huftritt knallte seine Faust in den Magen des Cowboys. Ihm wurden die Beine vom Boden weggehoben, er schien sekundenlang in der Luft zu hängen. Wie der Über­druck aus einem Dampfkessel ent­wich die Luft seinen Lungen. Er woll­te schreien, seinen Schmerz hinaus­brüllen, aber da knallte ihm Landers' Linke gegen den Kinnwinkel. Er wur­de halb herumgeschleudert und hatte das Gefühl, die Arme würden ihm ausgekugelt, weil die Kerle, die ihn hielten, keinen Millimeter locker lie­ßen. Vor Tex Dudleys Blick schien einige Herzschläge lang die Welt in Flammen zu stehen. In seiner Brust entstand ein tiefes Gurgeln, es kämpf­te sich hoch und verließ seinen Mund als gequälten, kippenden Aufschrei. Die Flammen sanken zusammen, ein milchiger Schleier legte sich über sei­ne Augen, seine Lider wurden schwer wie Blei, und dann traf ihn der dritte fürchterliche Schwinger. Er knallte ihm gegen die kurzen Rippen und nahm ihm schlagartig die Luft. Todes­angst jagte in ihm hoch. Sein Ver­stand schaltete ab. Hysterie überfiel ihn wie ein rasendes Ungeheuer. Er japste, trat blindlings nach Landers, warf sich hin und her und versuchte, seine Arme aus dem eisenharten Griff zu zerren. Er spürte keinen Schmerz, er handelte nur noch instinktiv, und es war der dämonische Selbsterhal­tungstrieb, der ihn den Kopf verlieren ließ.

      Aber da kam für ihn die Rettung von einer Seite, an die in diesen Au­genblicken niemand mehr gedacht hatte. Peitschend verschlang ein Ge­wehrschuss alle anderen Geräusche. Die Detonation prallte heran. Bestür­zung griff um sich. John Landers schwang herum und duckte sich. Big Jim war im Sattel herumgezuckt. Seine Männer waren zusammengefahren. Unwillkürlich öffneten sich die Fäuste derer, die Tex Dudley gepackt hiel­ten. Alle starrten sie in die Richtung, aus der der Knall unheilvoll und dro­hend herangerollt war.

      Sie sahen den Reiter, der sich schwarz gegen die Düsternis abhob. Er verhielt auf dem Kamm des Hü­gels, an dessen Fuß die Bar-T Ranch lag - unbeweglich, wie aus Stein gehauen. Und obwohl auf diese Entfer­nung niemand sein Gesicht erkennen konnte, wusste ein jeder, dass Lane Turpin gekommen war.

      *

      »All right!« schnappte Big Jim und hieb, während er sich seinen Leuten zuwandte, mit der flachen Hand auf den Sattelknauf. »Meine Rechnung ist aufgegangen. Auf die Pferde, Män­ner.«

      John Landers deutete mit knapper Geste auf Tex Dudley und fragte: »Was machen wir mit ihm? Sie wollen doch nicht, dass er uns davonläuft, Boss?«

      »Nein.« Düster fixierte Big Jim den Cowboy. Er sah die Spuren von Lan­ders' unbarmherzigen Schlägen, sah den Schmerz, der die Züge Tex Dud­leys förmlich zerlegte, und knurrte: »Tucker und Dembrow sind sowieso ziemlich angeschlagen. Sie sollen ihn …« Ihm schien etwas einzufal­len. Sein Kopf stach vor. »Heh, Dud­ley, befindet sich Cole Turpin noch auf der Bar-T?«

      »Yeah«, krächzte der Cowboy. »Er liegt in der Scheune und dämmert da­hin.« Es schien, als habe er mit Lanes Auftauchen wieder neuen Mut gefasst. Seine Stimme klang überra­schend klar und fest. In seinem eben noch verzerrten Gesicht begannen sich die Züge zu glätten.

      Big Jim nickte. »Natürlich, wo soll­te er auch sonst sein.« Er grinste spöt­tisch. »Gut.« Sein hässliches Grinsen zerrann. Er schielte über die Schulter dorthin, wo Lane Turpin nach wie vor auf seinem Pferd verharrte. »Tucker, Dembrow - ihr habt ziemliche Beu­len von Turpins Hieben und seid nicht hundertprozentig einsatzfähig. Ihr passt auf ihn und Cole Turpin auf, bis wir zurückkommen.« Er nahm den Kopf ein wenig herum und starrte wieder Dudley an. »Sollte der Sheriff auftauchen, dann überlege dir gut, was du ihm erzählst, mein Freund. Wenn es mir nicht gefällt, dann gnade dir Gott. Landers, du kannst dir Tuckers oder Dembrows Gaul nehmen.«

      Dann hockten sie in den Sätteln. Durch die Dämmerung waren die Konturen Lane Turpins nur noch un­scharf auszumachen.

      »Sieht aus, als wollte er kämpfen«, murmelte John Landers.

      Sie ritten im Schritt auf die Trüm­mer der Bar-T zu. Das Rot im Westen begann zu verblassen. Dumpf poch­ten die Hufe.

      »Dann ist er übergeschnappt«, grunzte Big Jim. »Aber mir wäre es nur recht. Ich will ihn - und ich kriege ihn. Selbst wenn er mit dem Satan im Bunde sein sollte.«

      *

      Lane suchte die Entscheidung. In seinen Augen stand der unabänderli­che Entschluss. Die Regeln des Kamp­fes würde er bestimmen. Sein Gesicht verriet nicht, was er dachte. Es war glatt und ausdruckslos. Langsam nahm der Pulk, der sich ihm näherte, Formen an. Längst hatten sie sich ihm auf Gewehrschussweite genähert.

      Kalt wartete er ab. Er hatte das, was von der Ranch seines Vaters übrig ge­blieben war, gesehen, und der letzte Rest von Versöhnlichkeit war in ihm abgestorben. Die Gedanken, die ihn beseelten, unterschieden sich kaum von denen Big Jims.

      Als sie sich auf der Höhe der Bar-T befanden, hob Lane das Gewehr. Er knallte dem ersten Pferd eine Kugel vor die Hufe und jagte sofort eine zweite hinterher. Für einen Augen­blick entstand unten am Fuße des Hü­gels ein ziemliches Durcheinander, als die erschreckten Tiere scheuten und stiegen. Aber dann kam Ruhe in das Rudel und Lane schrie mit Don­nerstimme: »Ich habe dich gesucht, Jim Forsyth. Du hast dich nämlich zu einer reißenden Bestie entwickelt und es ist an der Zeit, dich zu bremsen.«

      Big Jim war wie vor den Kopf ge­stoßen. Nicht, weil ihn die Worte Lanes besonders trafen. Es war mehr die Erkenntnis, dass er es nicht mit verrückter Arroganz oder selbstmör­derischer Dummheit zu tun hatte, sondern dass ihm in Lane Turpin ein ernstzunehmender Gegner erwach­sen war, der mutig und intelligent ge­nug war, seine Ziele und Pläne bis zum Ende durchzustehen.

      Er riss sich los von seinen Überle­gungen und brüllte: »Du hast es her­ausgefordert, Turpin! Hättest du mei­nen Sohn nicht gezwungen, zum Colt zu greifen, wäre alles nicht so gekom­men. Dein Vater würde noch leben, mein Junge … Ach, was rede ich! Es ist nun einmal so, dass du Bill umge­bracht hast. Das schreit nach Sühne. Ich werde dich vernichten, Turpin! Du bist dir darüber im Klaren, dass ich deinen Bruder in der Hand habe. Ich könnte dich zwingen, aufzugeben und dich mir auszuliefern. Oder wür­dest du zulassen, dass dein Bruder für dich büßen muss?«

      »Du willst mich, Forsyth!«, tönte es ungerührt zurück. »Erst wenn du mich hast, wirst du dich zufrieden ge­ben. Warst du nicht immer ein auf­rechter Mann, Big Jim. Nachdem du dich an meinem Bruder, an Lisa Reed und ihrem Vater und an Tex Dudley ausgetobt hast, ist dein ganzes Sinnen nur noch darauf ausgerichtet, mich zu erwischen. Wie du siehst, stelle ich mich dem Kampf. Und weil das so ist, glaube ich nicht, dass du zu Mitteln greifst, für die dich eines Tages jeder Mann im County verachten würde.«

      In Big Jims breitflächigem Antlitz zuckte kein Muskel. Lane Turpin for­derte seinen Stolz heraus. Auf nachdenklich-lauernde Art beobachtete er die Reitersilhouette oben auf dem Kamm.

      »Lassen Sie sich von diesem Hun­desohn nicht einwickeln!«, zischte John Landers, der Steigbügel an Steigbügel neben seinem Boss verhielt. »Fairness ist bei diesem Halunken fehl am Platze!«

      »Halt den Mund!«, brummte Big Jim ungnädig. »Er hat recht. Es ist nur noch eine Sache zwischen ihm und mir. Und es ist in der Tat nicht mein Stil, die Entscheidung auf dem Rücken Kranker und Kampfunfähiger herbeizuführen.« Er rief schneidend, kalt und unversöhnlich: »Wir kom­men jetzt, Turpin. Fang an zu beten!«

      Er riss das Gewehr in die Höhe und feuerte. Der Donner stieß den Hang hinauf, bei Lane blitzte es auf. Die Detonationen vermischten sich. Lane spürte ein scharfes Singen neben sei­nem Ohr und duckte sich. Unten brach ein Pferd zusammen. Die ande­ren Tiere stiegen, wieherten und keil­ten um sich. Die Reiter hatten Mühe, sich in den Sätteln zu behaupten. Vom Hügel aus mutete es an wie ein Knäuel ineinander verkeilter Pferde und Reiter.

      Landers gelang es als erstem, dem Chaos zu entrinnen. Er jagte einen Schuss nach oben, sah bei Lane einen zweiten Feuerball platzen, einen der Reiter im Gewirr der verstörten Pfer­de die Arme hochwerfen und im nächsten Augenblick aus dem Sattel verschwinden. Er fluchte lauthals, schoss noch einmal, aber Lane trieb bereits sein

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