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und seine Augen blickten im fah­len Licht kalt wie Porzellan, als er das Gewehr zum Himmel richtete und ei­ne Kugel aus dem Lauf jagte. Der peit­schende Knall prallte nach allen Rich­tungen hinaus in die bizarre Welt und verhallte in vielfältigen, rollenden Echos.

      *

      »Allmächtiger Gott!«, entrang es sich Moss Jones erschüttert und ent­setzt zugleich, als er erkennen konn­te, was von der Bar-T Ranch Charles Turpins übrig geblieben war.

      Sheriff Vince Renslow teilte die Be­troffenheit seines Deputys. Er war am späten Nachmittag aus Monte Vista, einem kleinen Ort zwanzig Meilen nordwestlich von Alamosa, zurück­gekehrt und hatte von Moss Jones er­fahren, dass der Krieg zwischen den Turpins und Big Jim ausgebrochen war. Er zögerte nicht, sattelte sich ein anderes Pferd und ritt sofort los.

      »Ich ahnte es«, murmelte er und seine Stimme klang brüchig. »Nach­dem Lane Bill Forsyth erschoss, dreh­te Big Jim durch. Und wie es aussieht, hat er die Turpin-Brüder mit Feuer und Blei von der Erde gefegt.«

      Eine Schuppentür knarrte rostig in den Angeln. Das Geräusch entging ih­nen. Sie sahen auch nicht den Sche­men, der sich aus der Finsternis des Stallinneren löste und nach links weg­huschte, dem ein zweiter folgte, der in das Schattenfeld rechts neben der Tür glitt. Die metallische Stimme aber, die ertönte, ließ sie erschreckt zusam­menzucken und riss sie aus ihren trü­ben Gedanken.

      »Wer ist da? Wir können genug von euch sehen, um euch auch zu treffen! Also haltet still und antwortet!«

      Der Sheriff wollte im ersten Augen­blick zum Colt greifen, aber sein Ver­stand holte die reflexartige Bewegung ein. Er stützte sich auf das Sattelhorn und rief wütend: »Hier ist der Sheriff, Mister! Ich weiß zwar nicht, wer du bist, aber was ich hier sehe, stinkt mächtig zum Himmel. Wir kommen jetzt zu euch hinüber. Waffen run­ter!«

      Sie lenkten ihre Pferde an dem Brandschutt vorbei auf die Scheune zu. Matt funkelten die Sterne an ihren Westen. Zwei Gestalten verließen den tiefen Schatten vor der Hütte und gin­gen ihnen langsam entgegen.

      »Wer seid ihr?", fragte der Sheriff, der ihre Gesichter nicht ausmachen konnte, der sich lediglich sicher war, keinen der Turpin-Brüder vor sich zu haben.

      »James Dembrow und Bret Tucker von der Great Sand Ranch!«, kam es zurück.

      Die beiden blieben stehen. Renslow konnte erkennen, dass sie zwar Gewehre in den Fäusten hielten, dass die Mündungen aber auf den Boden zeigten. Er saß ab. »Pass auf!«, raunte er Jones zu, der auf dem Pferd blieb und dessen Hand sich auf den Colt­knauf legte.

      Renslow trat vor die beiden Great Sand-Reiter hin. »Was habt ihr hier zu suchen? Euer Boss hat ja schon gan­ze Arbeit geleistet.« Er vollführte ei­ne ausholende Armbewegung. »Stec­ken vielleicht noch mehr von euch in dem Schuppen?«

      Der Tonfall des Sheriffs klang un­geduldig, war zwingend und schroff. Trotz des schlechten Lichts war der eisenharte Wille dieses Mannes von seinen kantigen Zügen abzulesen. Er wirkte in der Dämmerung schlank, hager und dunkel wie ein Wolf.

      »Wir haben einen Verwundeten. Lane Turpin hat ihn aus dem Sattel geschossen.«

      »Was tut ihr hier?« Ranslows Blick sprang von einem zum anderen.

      Den beiden Cowboys wurde es plötzlich ziemlich unbehaglich zumu­te. Schließlich aber antwortete Dembrow: »Wir sind auf Befehl Big Jims zurückgeblieben, um Cole Turpin und Tex Dudley zu bewachen.« Dembrows Stimme kam zaghaft. Sein Ge­sicht sah bekümmert aus, es wirkte müde und unruhig.

      »Erzähle!«, forderte der Sheriff und hakte seine Daumen in den Patronen­gurt. »Ich will alles wissen. Hörst du? Alles!« Er spürte beinahe körperlich die Ratlosigkeit, die die beiden Weidereiter ausstrahlten. Und die Anspannung in ihm wuchs, aber auch die Ungeduld, weil sich keiner der beiden entschließen konnte, den Mund aufzumachen.

      »Ich warte!«, schnauzte er.

      Nun war es Tucker, der sich entschloss, dem Sheriff Bericht zu erstat­ten. Stumm lauschte der Gesetzeshü­ter. »Tex Dudley hat Dave Turpin be­graben«, schloss der Cowboy. »Und jetzt jagt Big Jim Lane Turpin. Turpins Leben ist keinen Cent mehr wert, sage ich Ihnen.«

      »Ich habe die Geschichte von Tex Dudley ein wenig anders vernom­men, Tucker!«, rief Moss Jones kehlig.

      »Was sagst du dazu?«. Der Sheriff knurrte unheilvoll.

      Verstockt und störrisch schwieg der Cowboy.

      »Ich werde die Wahrheit herausfin­den, Tucker! Und wehe, wenn du mich angelogen hast. Dann kannst du was erleben.« Renslow befeuchtete sich mit der Zungenspitze die Lippen. »Big Jim hat also das Gesetz in seine eigenen Hände genommen!«, knurrte er dann wie im Selbstgespräch. »Dieser alte, sture Narr!« Er hieb mit der flachen Hand durch die Luft, als brauchte er ein Ventil für seinen Zorn. Sein Blick verkrallte sich an Tucker, der den Kopf zwischen die Schultern zog und betreten auf den Boden stierte. »Dann wollen wir mal in den Schup­pen hineingehen, Freunde. Gibt es hier noch so etwas wie eine Laterne?«

      »Ja«, erwiderte Dembrow und schwang auf dem Absatz herum. Er lief in die Scheune. Ein Streichholz flammte auf. Helligkeit breitete sich aus, als die Lampe brannte.

      Sattelsteif ging der Sheriff in den Schuppen. Sein Schatten fiel über drei Männer auf dem Boden, von denen einer gefesselt und geknebelt war. Tex Dudley. Cole Turpin lag unter ei­ner Decke und wälzte sich stöhnend und röchelnd hin und her. Der ver­wundete Great Sand-Reiter lag still und atmete rasselnd. Er hatte die Au­gen geschlossen, sein Gesicht war bleich, schweißnass und eingefallen.

      Tucker war dem Sheriff gefolgt. Der nahm alles in sich auf und spürte, wie sich an seinem Gaumen ein gal­lenbitterer Geschmack festsetzte. »Nimm Dudley den Knebel aus dem Mund!«, befahl er unwillig. »Und schneide seine Fesseln durch.« Er beugte sich über Cole Turpin. Blutige Striemen zogen sich über dessen Ant­litz. Renslow sah die fiebrig entzün­deten, zuckenden Lider, vernahm unzusammenhängendes Gestammel aus dem Mund des zerschlagenen Man­nes, sah die Schweißperlen auf seiner Stirn und brauchte einige Zeit, um diesen Anblick zu verarbeiten. Wut kroch in ihm hoch.

      Er richtete sich auf. »Mir scheint, ihr habt hier gehaust wie die Vandalen!«, brach er erbittert los. Seine Au­gen hatten sich vor Zorn verdunkelt. Seine Stimme sank herab zum unheil­vollen Geflüster: »Damit hat Big Jim das Fass zum Überlaufen gebracht.« Der Sheriff griff sich an den Kopf. Plötzlich aber wirbelte er zu Tucker herum, der Tex Dudley von seinen Fesseln befreit hatte. Tex rappelte sich in die Höhe und massierte seine Handgelenke, um das Blut wieder zum Zirkulieren zu bringen.

      »Und ihr wart dabei, Tucker! Yeah, ihr habt all diese Schweinereien mit­gemacht und ihr seid euch dabei wahrscheinlich noch mächtig stark vorgekommen. Weißt du, was das Gesetz darauf für eine Antwort hat, mein Freund? Gefängnis! Ihr wandert hinter Gitter, bis ihr schwarz werdet. Viel­leicht legen sie sogar dem einen oder anderen von euch einen Strick um den Hals!«

      »Sie waren dabei«, bestätigte Tex Dudley und ließ Tucker nicht aus den Augen, der ihn tückisch fixierte. »Ich konnte die Geschichte hören, die er Ihnen auftischte, Sheriff«, fuhr Tex bedächtig fort. »Ihr Deputy wird Ih­nen sicherlich meine Version berichtet haben. Sie entspricht der Wahrheit. Sehen Sie mein Gesicht, Sheriff? John Landers sollte mir Big Jims Auffas­sung von der Schießerei draußen auf der Weide ins Gehirn hämmern. Wenn Lane nicht aufgetaucht wäre, dann hätte er es vielleicht sogar ge­schafft.«

      Der Sheriff beobachtete Tucker, der Anstalten machte, Tex an den Hals zu gehen. Warnend hob er die Hand. »Bewahre Ruhe, Tucker, sonst machst du für dich alles nur noch schlimmer.« Sein Blick schweifte zu Dembrow, der mit verkniffenem Ge­sicht dabeistand und schwieg. »Hört her, ihr beiden«, sprach der Sheriff weiter. Er bemühte sich um einen kla­ren, sachlichen Tonfall. »Ich gebe euch eine Chance, einen Teil eurer Schuld abzutragen.« Er verstummte, ließ seine Worte sekundenlang wirken und sah das jähe Interesse in den Augen Dembrows, in dem die Worte des Sheriffs von Gefängnis und Strick nachklangen wie ein höllischer Choral. »Besorgt einen Wagen mit Heu und bringt die beiden armen Hunde da am Boden auf dem schnellsten Weg in die Stadt.«

      Dembrow

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