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noch angewiesen. Und hinter ihm blieb alles ruhig. Unwillkür­lich fragte er sich, ob Big Jim etwa aufgegeben hatte. Er verwarf diese Hoffnung, kaum dass er sie zu Ende gedacht hatte. Die Jagd würde weiter­gehen.

      Der Canyon schien nicht enden zu wollen. Die Hitze begann zwischen den Wänden zu brüten. Eine Stunde war seit den beiden Schüssen vergan­gen, als erneut fernes Aufpeitschen heranwehte. In Lanes Miene arbeitete es angestrengt. Irgendetwas begann im Hintergrund seines Bewusstseins zu lauern, etwas, das ihn plötzlich zu­tiefst beunruhigte. Es entzog sich sei­nem Verstand, aber er fühlte, dass es drohend war. Gedanken kamen und gingen, düstere Gedanken, die den ei­nen oder anderen Kurzschluss in sei­nem Bewusstsein auslösten und wie­der im Dunkeln versanken.

      Sie werden sich geteilt haben und verständigen sich von Zeit zu Zeit mit Schüssen!, zuckte es durch seinen Ver­stand. Unsinn! Solange sie sich im Canyon bewegen, können sie sich gar nicht aus den Augen verlieren. Aber was, beim Satan, bedeuten dann die Schüsse? Sie ballern doch nicht zum Spaß ihr Blei ins Blaue hinein.

      Impulsiv wendete er sein Pferd. Er wollte es herausfinden. Langsam ritt er den Weg zurück. Das Packpferd trottete hinterher. Ein unerklärlicher Zwang trieb Lane.

      Lane ritt angespannt, wachsam und vorsichtig. Eng an der Felswand such­te er sich einen Weg. Vielleicht war er ein Narr, weil er umgekehrt war. Aber in ihm saß eine seltsame Unru­he, die ihm sein Handeln vorschrieb. Immer wieder hielt er an und lauschte. Nichts. Er blickte zum Himmel. Dem Stand der Sonne nach zu schließen musste es später Vormittag sein. Wei­ter!

      Als er wieder einmal nach vorne horchte, vernahm er Hufschläge. Er lenkte sein Pferd in einen engen Seitencanyon und wartete. Ein Gaul wurde im höllischen Tempo durch die Schlucht gejagt. Das Getrappel prallte immer lauter heran und artete aus zum hämmernden Stakkato. Schließ­lich sah er den Reiter. Sengend fuhr es ihm bis unter die Haarwurzeln. Es war Lisa! Weit auf den Pferdehals ge­beugt donnerte sie dahin.

      Fasziniert starrte Lane auf das Bild, das sich ihm bot. Doch dann trieb er seine Pferde aus der Deckung. Lisa sah ihn, riss ihr Tier zurück, griff nach der Winchester — und erkannte ihn. Befreit atmete sie auf. Der Reitwind hatte ihr Gesicht gerötet und ihr das Wasser in die Augen getrieben. Ein tiefes Gefühl der Erleichterung wallte in ihr hoch. Die Anspannung ihrer an­gestauten Gefühle ließ nach.

      »Lane!«, rief sie und bog ihren Rücken durch. »Gott sei Dank!«

      Es war ihm noch nicht gelungen, seine Betroffenheit über ihr unver­mutetes Auftauchen völlig abzustrei­fen. »Du lieber Himmel - Lisa!« Ver­wunderung prägte seine Miene. Er fuhr sich über die Augen und blinzel­te. Dann zügelte er bei ihr das Pferd. Beklemmung kroch in ihm hoch. »Ist etwas passiert?« Seine Stimme klang belegt. »Von Tucker weiß ich, dass Big Jim deinen Vater mit der Peitsche schlagen wollte, bis du mein Versteck preisgibst. Aber Big Jim brauchte die Peitsche nicht zu schwingen. Hat Tucker mich etwa angelogen?« Er starrte sie an, als hätte er die Antwort von ihrem Gesicht ablesen können.

      Sie sagte betrübt: »Tucker hat dir nur die halbe Wahrheit erzählt, Lane. Als ich von der Alderschlucht zurück­kehrte, erwarteten sie mich. Sie über­wältigten mich. Dann schleppte Lan­ders Dad in den Hof. Er war nur noch ein zusammengeschlagenes Bündel Elend, das sich nicht mehr von alleine auf den Beinen halten konnte. Wahr­scheinlich haben sie das letzte, was ein Mann an Stolz in sich haben muss, aus meinem Vater herausgeprügelt.« Sie brach bitter ab, nickte, hob in hilf­loser Geste die Hände, die die Zügel umkrampften, und ließ sie wieder sin­ken. »Den Rest hat Tucker richtig wiedergegeben.« Ihr Gesicht verschloss sich. »Ich habe dich verraten, Lane, weil ich meinem Vater helfen musste. Aber dann bin ich ihnen hinterher geritten, um dir beizustehen. Ich habe auf Big Jim geschossen. Lei­der stimmt das Visier meiner Winche­ster nicht mehr.«

      »Vielleicht war es gut so«, murmel­te Lane, der aus ihren Worten schloss, dass sie Big Jim töten wollte. »Du hät­test damit leben müssen. Und du wärst wahrscheinlich nie darüber hinweggekommen.« Er biss die Zähne zu­sammen. Scharf traten seine Backen­knochen hervor. Seine Augen ver­dunkelten sich. »Big Jim hat auch bei meinem Bruder die Peitsche ge­schwungen. Wenn Tucker nicht über­trieben hat, dann hat er auch Cole für alle Zeit zerbrochen. Sie haben ihn hilflos auf der Bar-T liegenlassen.«

      »In der Zwischenzeit wird Tex Dudley zurückgekehrt sein und sich um Cole kümmern«, vermutete sie.

      »Darauf kann ich mich nicht verlas­sen, und darum will ich selbst nachse­hen. Tex ist zwar ein prächtiger Bur­sche und ein hervorragender Cow­boy, aber es ist nicht sein Kampf. Viel­leicht ist ihm der Boden unter den Fü­ßen zu heiß geworden und er ist, nachdem er den Sheriff in Alamosa benachrichtigt hat, gar nicht mehr auf die Bar-T zurückgekehrt. Ich könnte ihm nicht einmal gram sein, wenn er fortgeritten wäre.«

      »Tucker wird Big Jim berichten, dass du dich nach Cole erkundigt hast. Big Jim wird eins und eins zu­sammenzählen und dir auf der Bar-T einen Hinterhalt legen. Mein Gott, Lane, du musst jetzt an dich denken. Wenn du tot bist, kannst du Cole auch nicht mehr helfen.« Ihre letzten Wor­te waren beschwörend und eindring­lich gekommen.

      »Nein, Lisa. Ich muss zu Cole. Big Jim macht keine halben Sachen. Ich denke, Cole ist jetzt verdammt auf Hilfe angewiesen. Komm, wir rei­ten.«

      Und dann war nur noch das Hufge­klapper um sie. Lisa beobachtete Lane immer wieder verstohlen von der Seite. Sein Gesicht verriet deutlich, was in ihm vorging. Er durchlebte ei­ne Hölle der Ungewissheit und der Rastlosigkeit. Seine Lippen waren wie versiegelt. Seine ganze Haltung drückte Ungeduld aus.

      Sie verließen den Canyon und trailten nach Norden. Die Sonne über­schritt den Zenit und schleuderte eine wahre Gluthitze auf das Land. Das Atmen wurde zur Qual, die Pferde rö­chelten und röhrten. An einem klei­nen Fluß tränkten sie die Tiere. Sie aßen etwas von dem Proviant. Lustlos kaute Lane. Lisa hatte ebenso wenig Appetit. Sie ließen die Pferde eine halbe Stunde auf dem grünen Ufer­streifen weiden, dann ging es weiter. Ein richtiges Gespräch war die ganze Zeit über nicht mehr zustande ge­kommen.

      Irgendwann konnte Lisa nicht mehr an sich halten. »Warum wendest du dich nicht an den Sheriff? Er muss dich und Cole vor Forsyth schützen.«

      Sie ritten jetzt nach Westen. Die Felsen waren zurückgetreten. Das Land war hügelig und bewaldet, der Boden grasbedeckt. Die Sonne hing wie eine riesige Flammenkugel über dem Horizont. Von Osten her schlich die Abenddämmerung ins Great Sand Valley.

      Lane lachte verächtlich auf. »Renslow wird sich hüten, gegen Big Jim vorzugehen oder sich ihm in den Weg zu stellen. Ich habe Bill Forsyth er­schossen. Meine einzigen Zeugen, dass es Notwehr war, sind Tex Dudley und Cole. Der eine ist wahrscheinlich über alle Berge, der andere ein hilflo­ses Wrack und vielleicht wahnsinnig vor Angst. Dagegen stehen die Aussa­gen der Great Sand-Reiter. Wem, denkst du wohl, schenkt man mehr Glauben? Ich müsste damit rechnen, dass man mir hochoffiziell den Strick um den Hals legt.«

      »Landers und die Männer, die da­bei waren, werden aber nicht abstrei­ten können, dass Bill Forsyth deinen Vater auf dem Gewissen hat. Außer­dem wurde Dave von Big Jims Män­nern getötet. Sie haben eure Ranch niedergebrannt. Big Jim …«

      »Hör auf, Lisa!« Er stieß es schrof­fer hervor, als er beabsichtigt hatte. »Ich liefere mich nicht aus. Lieber ge­he ich vor die Hunde.«

      Ihr Mund verkniff sich. »Dann gehe ich mit dir zugrunde!«, rief sie leiden­schaftlich.

      »Nein.« Er sah sie fest an. »Du wirst auf eurer Farm zurückbleiben. Ich reite alleine zur Bar-T. Und wenn Big Jim noch nicht da ist, wenn ich an­komme, dann warte ich auf ihn. Ich habe es satt, mich wie ein Hase jagen zu lassen.«

      Erschreckt parierte sie ihr Pferd. »Willst du wirklich sterben?«, entrang es sich ihr. »Warum bist du dann überhaupt erst vor Forsyth und sei­nen Revolverschwingern geflohen? Sterben hättest du auch in der vergan­genen Nacht können! Du hättest da­mit eine Menge schlimmer Dinge ver­hindert! «

      Kaum, dass es über ihre Lippen war, bereute sie, was sie in ohnmächtigem Zorn von sich gegeben hatte. Sein Ge­sicht, das wieder nach vorn gerichtet war, ruckte zu ihr herum. Es war hart und kantig geworden. »Dinge, für die Big

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