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rührte sich. Landers rüttelte ihn an den Schultern. Der Cowboy schlug die Augen auf. Verständnislos starrte er Landers an, aber dann kam die Erinnerung. Er hob den dröhnen­den Kopf und verzog das Gesicht. »Oh, verdammt!«, gurgelte er. »Turpin hat uns hereingelegt wie blutige Anfänger.« Er quälte sich in eine sit­zende Stellung, Landers war ihm be­hilflich. Tuckers Hand tastete über die Beule an seiner Schläfe. »Zuerst hat er Dembrow ausgeschaltet, und dann ließ er mich in die Mündung seiner Winchester blicken. Es hätte nicht viel gefehlt, und er hätte mich umge­legt.«

      Raue Stimmen schallten heran, als die Cowboys Dembrow fanden. We­nig später schleppten sie ihn aus den Büschen. Sie hatten ihn von den Fes­seln befreit und ihm den Knebel aus dem Mund gezogen. Dembrow war ziemlich benommen, aus einer Platz­wunde rann Blut über sein Gesicht. Big Jim fixierte ihn gleichgültig und gestand sich widerwillig ein, dass er Lane Turpin unterschätzt hatte. Es war sein Fehler, einfach in den Canyon zu reiten und sich darauf zu ver­lassen, dass Turpin viel zu sehr am Ende war, um ihnen viel entgegenset­zen zu können.

      Landers' Stimme drang in seine Ge­dankengänge und riss ihn aus seiner Versonnenheit. »Er hat Tucker nach seinem Bruder gefragt«, rief der Vor­mann. »Es ist anzunehmen, dass er auf dem Weg zur Bar-T ist, weil er ihn dort zu finden hofft. Wir können vor ihm dort sein.«

      Big Jims Gestalt straffte sich. Er nickte. »Wir werden vor ihm dort sein!«, gab er mit Entschiedenheit zu verstehen, und das Böse, das Verhängnisvolle, schien ihn wieder zu umgeben. Er wollte zu seinem Pferd gehen, aber in seinen ersten Schritt hinein schmetterte ein Schuss. Er zerfetzte die Stille im Canyon wie ein Kanonenschlag. Die Kugel ließ vor Big Jims Stiefelspitze das Erdreich spritzen, und oben, über dem Rand des Canyons, stieg eine kleine Wolke von Pulverrauch empor. Das Echo röhrte die Schlucht entlang und ließ den fernen Hufschlag von Lane Turpins Pferden untergehen.

      Big Jim war erschreckt zurückge­sprungen. Verstört schaute er nach oben. John Landers schrie gellend: »In Deckung, Boss!«, und zerrte Tucker in die Höhe, der vollkommen verwirrt zu sein schien. Die Cowboys packten Dembrow und schleiften ihn kurzer­hand in den Schutz der Büsche zwi­schen den ersten Baumstämmen. Colts flirrten aus den Halftern, klickend bewegten sich die Trommeln eine Kammer weiter, als die Hähne gespannt wurden.

      Ein zweiter Knall, wieder wölkte ein Rauchball über dem Canyonrand in die Höhe, wieder schlug das Ge­schoss direkt vor Big Jims Stiefeln in den Boden. Und endlich kam Leben in seine vierschrötige Gestalt. Mit ei­ner Behändigkeit, die man diesem wuchtigen Mann niemals zugetraut hätte, hetzte er in das Gehölz.

      Die Detonation verrollte. Es fiel kein weiterer Schuss. »Von Turpin können diese Schüsse nicht gekom­men sein«, ertönte John Landers' raues Organ. »Der flieht nach Osten, als säße ihm der Leibhaftige im Genick!«

      »Richtig!«, antwortete der Rancher und spähte aus engen Lidschlitzen nach oben. Er überlegte scharf, plötz­lich lachte er trocken auf, als wäre ihm die Erleuchtung gekommen. »Ich fresse meinen Hut, wenn uns nicht Clay Reed gefolgt ist, um sich für die Prügel zu rächen, die wir ihm verab­reicht haben.« Er bog einen Zweig zur Seite, um besser sehen zu können. Seine Mundwinkel sanken nach un­ten. »Wenn es Reed ist, dann werde ich ihm endgültig das Fell über die Ohren ziehen!«, schloss er.

      »Ich tippe mehr auf die Kleine, Boss«, vermutete Landers und spuckte zur Seite aus. »Reed war sicher nicht in der Lage, auf ein Pferd zu steigen und uns zu folgen. Außer­dem ist er nicht mutig genug, um uns den Krieg zu erklären. Aber Lisa — ich habe in ihren Augen gelesen, als wir von der Reed-Farm ritten.« Viel ­sagend verstummte Landers.

      »Dann holen wir uns die Göre!«, schnarrte Big Jim. »Wahrscheinlich ist ihr Mut nach den beiden Fehlschüs­sen verraucht. Wir schnappen sie uns. Vorwärts, Leute!«

      Er brach aus den Büschen, rannte zu seinem Pferd und warf sich in den Sattel. Seinen Männern blieb nichts anderes übrig, als es ihm gleich­zutun. Auch Dembrow und Tucker schwangen sich auf ihre Pferde. Ohne jede Ordnung preschten sie davon. Der hassvolle Blick Lisas folgte ihnen über den Rand der Schlucht hinweg. Als sie aus ihrem Blickfeld ver­schwunden waren, nahm sie mit beiden Händen die Winchester hoch und starrte böse darauf. Die Zieleinrich­tung stimmte nicht mehr. Der Cow­boy, der ihr das Gewehr abgenom­men hatte, schleuderte es, ehe sie fortritten, gegen die Stallwand. Des­halb hatte sie Big Jim verfehlt. Und sie wusste, dass er nun eine Hetzjagd auf sie veranstalten würde, die sich in nichts von seinem Kesseltreiben auf Lane Turpin unterschied.

      Das Gewehr war unbrauchbar ge­worden, vielleicht noch gut genug für einen Zufallstreffer. Also war Lisa so gut wie waffenlos. Enttäuscht lief sie zu ihrem Pferd. Mit der Ernüchterung kam das Erschrecken über ihre eigene Courage. Sie hatte sich vom mörderi­schen Hass hinreißen lassen, nachdem Big Jim, ehe er mit seinen Leuten die Farm verließ, sie aufgefordert hatte, innerhalb von vierundzwanzig Stun­den aus dem Great Sand Valley zu verschwinden, da er andernfalls bluti­gen Ernst machen würde. Und die Angst um Lane gesellte sich ihrem Hass hinzu. Aber hätte sie zulassen dürfen, dass Big Jim ihren Vater noch schlimmer zerbrach? Nein! Es trieb sie in den Sattel. Und dann hatte sie den höllischen Ranchboss vor der Mündung. Sie wollte ihn nicht töten. Ihre Absicht war es gewesen, ihm das Knie zu zerschmettern, um ihn für den Rest seines Lebens die Hölle durchmachen zu lassen, die er all den Männern bereitet hatte, die er im Laufe der Zeit auf diese oder jene Weise zerbrochen hatte.

      Es war fehlgeschlagen. In das Fege­feuer ihrer quälenden Gedanken ver­sunken kletterte Lisa in den Sattel. Die Winchester versenkte sie im Sat­telschuh. Ihre einzige Genugtuung war die Tatsache, dass Lane Big Jim und seinen Sattelwölfen entkommen war.

      Der trommelnde Hufschlag der Great Sand-Pferde stieg an den Canyonwänden in die Höhe. Lisa trieb ihren Braunen an. Irgendwo im Gewirr des Felslabyrinths war Lane untergetaucht. Sie musste versuchen, ihn einzuholen.

      Das Gelände war auf eine Entfer­nung von einer Meile tafelflach. Lin­ker Hand öffnete sich wie ein riesiger, klaffender Riss der Canyon. Am Ende der Ebene senkte sich das Terrain ab­wärts. Rechter Hand, im Süden also, ragten die erhabenen Proportionen bizarrer Felsgebilde zum seiden­blauen Himmel. Und im Osten, im blauen Dunst schwimmend, erhoben sich hinter einer weitläufigen Senke bewaldete Hügel, deren Kulisse kah­ler Fels bildete.

      Der natürliche Pfad, dem Lisa folgte, bohrte sich schließlich zwi­schen haushohe Felsen und senkte sich immer steiler nach unten. Das Pferd musste sich gegen das Gefälle stemmen. Hin und wieder schlitterte es ein Stück hangabwärts. Die Hufe hinterließen auf dem Gestein helle Kratzspuren. Lisa hielt die Zügel kurz und bewies, dass sie eine hervorra­gende Reiterin war.

      Der Weg gabelte sich. Nach rechts stieg er an und verschwand im Gewirr der Felsen, nach links führte er weiter in die Tiefe. Noch konnte sie nicht in den Abgrund hinunterblicken. Ihr schauderte davor, denn sie befand sich in schwindelerregender Höhe, und wenn die Felsen zu ihrer Linken aufhörten, fiel die Wand fünfzig Yards steil zur Sohle des Canyons ab. Der Blick zurück war ihr verbaut. Aber sie wusste, dass Big Jim und seine Männer nicht vor einer halben Stunde den Aufstieg schaffen konnten. Er­neut überkam sie ein Gefühl tiefer Genugtuung. Big Jim handelte blind­wütig und ließ sich nur von seiner Be­sessenheit und seinem Vernichtungs­willen leiten. Indem er sie hetzte, verschaffte sie Lane einen ausreichenden Vorsprung. Und sie kannte diese Gegend wie ihre Hosentasche.

      Aber dann traten die Felsen linker Hand zurück, der Abgrund fiel senk­recht ab. Das Pferd scheute und Lisa saß ab. Vorsichtig führte sie das Tier in die Tiefe, immer darauf bedacht, festen Stand zu haben und keinen Blick hinunter zu werfen. Steine lö­sten sich, rollten über den Fels­rand und zerschellten unten auf Felsgestein, und das scharfe Geräusch des Aufpralls stieg nach oben.

      Aber Lisa schaffte es. Mit zittern­den Beinen kam sie unten an. Als sie zurückschaute, sah sie weit hinten, ganz klein und kaum auszumachen, die Reiter, die oben am Rand des Canyons entlangzogen. Kalte Ironie ließ sie das Gewehr aus dem Futteral ziehen. Sie jagte einen Schuss zum Himmel, schwang die Waffe über ih­rem Kopf, sprang in den Sattel und jagte davon.

      *

      Der Widerhall der Schüsse hatte Lane eingeholt. Abrupt zügelte er sein Pferd. Das Packtier kam automa­tisch zum Stehen. Lane horchte hinter

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