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dem ehemaligen Kammerdiener Jean und nunmehrigen Majordomus war die Missbilligung ins Gesicht geschrieben, wenn er sich in seinen Wohnbereich begab, um für Verpflegung, Getränke und Rauchwaren zu sorgen. Mehr durfte er für Heinrich von Strauch nicht machen. Reinigung und Pflege der Kleidung, das Zusammenräumen13 der Zimmer, das Bettenmachen und das Ausleeren des Leibstuhls oblagen der Kammerdienerin. Resi hatte das Pouvoir, sich in seinen Wohnräumen frei zu bewegen und allen anderen den Zutritt zu verwehren. Sie war sein guter Geist. Von ihr ließ er sich, wenn er zu Hause war, nach Strich und Faden verwöhnen. Wie zum Beispiel in diesem Moment, in dem Resi mit großer Liebe und Sorgfalt ihn untenrum abtrocknete. Genussvoll schloss er die Augen und murmelte:

      »Net aufhören … weitermachen … ja … so is brav.«

      *

      »Die Herren wünschen zu trinken?«

      Heinrich von Strauch blickte über den Tisch zu seinem Freund Gustav von Boschan und dem Zeitungsherausgeber Moritz Szeps und stellte folgende Frage:

      »Wie wäre es mit einem trockenen Sherry? Bei der Kälte wärmt das den Magen.«

      Boschan und Szeps nickten zustimmend, der Ober eilte davon. Strauch beugte sich über die Speisekarte, überflog sie und sagte jovial:

      »Mein lieber Szeps, mein lieber Gustav, ihr seid heute meine Gäste. Also bestellt euch was Ordentliches. Einen Tafelspitz oder ein Beefsteak.«

      Szeps erwiderte mit ironischem Lächeln auf den Lippen:

      »Zu gütigst, Herr Baron. Aber wenn ich auf ein Beefsteak Gusto hab’, kann ich mir das auch selbst leisten.«

      »Sehr liebenswürdig, Herr Baron.«

      Der Ober servierte den Aperitif und fragte:

      »Zu speisen, die Herren?«

      »Der Herr Herausgeber, der Herr von Boschan und meine Wenigkeit nehmen dreimal das Beefsteak. Dazu ein paar Braterdapferln, eine Buttersauce und ein Spiegelei drüber.«

      »Ja, warum denn nicht. A bisserl was Grünes am Teller ist immer fesch.«

      Moritz Szeps räusperte sich und sagte leise:

      »Verzeihen Sie, aber das ist mir a bisserl zu üppig. Ich nehm’ einen Tafelspitz mit Apfelkren und Gerösteten.«

      »Wünschen der Herr auch eine Schnittlauchsauce dazu?«

      »Nein, nur Apfelkren.«

      Nun schaltete sich Gustav von Boschan ein:

      »Sei mir nicht bös’, Heinrich, aber ich hab’ heut’ Lust auf Fisch. Deshalb nehm’ ich die Forelle Müllerin mit Salzerdapferln.«

      Der Ober notierte die Speisen und fragte dann:

      »Wünschen die Herren eine Suppe?«

      Szeps überlegte kurz und entschied sich für eine Bouillon mit Ei, Strauch und Boschan bestellten Frittatensuppe. Zur Begleitung der Speisen wurde ein halber Liter Weißer vom Nussberg geordert.

      »Nun, was macht die Börse, Herr Baron?«

      »Sie prosperiert, sie prosperiert. Die Geschäfte laufen glänzend. Und deswegen sitz ma ja auch zusammen.«

      »Gründen S’ am End schon wieder eine neue Gesellschaft?«

      »Nicht irgendeine Gesellschaft, mein lieber Szeps.« Heinrich von Strauch nahm einen Schluck vom Weißwein.

      »Ich hab’ gemeinsam mit meinem lieben Freund Gustav die Niederösterreichische Wohnbaugesellschaft gegründet. Sie geht dieser Tage an die Börse.«

      »Ich hab’ davon läuten gehört. Die Frage ist, was unterscheidet diese Baugesellschaft von den unzähligen anderen, die im Laufe des letzten Jahres gegründet wurden?«

      Die Suppe wurde serviert, und Heinrich von Strauch ließ sich mit seiner Antwort Zeit. Er löffelte seine Frittaten, lobte den kräftigen Geschmack der Rindsuppe und wartete, bis Szeps seine Bouillon ausgelöffelt hatte. Boschan war als Erster fertig. Er legte den Löffel zur Seite und sagte in beiläufigem Tonfall:

      »Nun, die Niederösterreichische Wohnbaugesellschaft unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von anderen Neugründungen: Sie besitzt Grundstücke. Baugrundstücke.«

      »Und wo?«

      »Ich bin beeindruckt. Das ist ja einmal eine Baugesellschaft, die über einige reelle Werte verfügt. Und wer ist der Präsident des Verwaltungsrats?«

      Nun schaltete sich Heinrich von Strauch in das Gespräch ein:

      »Mein Freund Gustav.«

      »Und warum nicht Sie?«

      »Nun, ich steh’ eh schon zu sehr im Rampenlicht. Ich möcht’ mich nicht noch mehr exponieren.«

      Der Tafelspitz, die Forelle und das Beefsteak wurden serviert. Die Herren aßen schweigend und mit Appetit. Danach orderte Heinrich von Strauch drei Stamperln Becherovka. Nachdem Szeps einen kräftigen Schluck davon gemacht hatte, fragte er:

      »Wozu erzählen Sie mir das eigentlich?«

      »Na, weil wir in Ihrem Blatt werben wollen.«

      »Da müssen S’ mit den für die Reklameannahme zuständigen Personen sprechen.«

      »Kommt doch gar nicht infrage. Ich red’ mit Ihnen, Sie machen mir einen anständigen Preis. Und alles Weitere geht mich nichts an.«

      »Und was verstehen Sie unter einem anständigen Preis?«

      »Einen günstigen. Was denn sonst?«

      *

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