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Herrn Architekten Hornegg hundert Gulden ausgezahlt. Wien am 17. Januar 1873. So! Wenn Sie mir hier bitte die Übergabe quittieren.«

      Er reichte Hornegg den Federkiel, und der kritzelte seine Paraphe in das Buch. Navratil nahm den Federkiel zurück, legte ihn mit Bedacht auf das Pult und begann, die Scheine nachzuzählen. Einen Zehnguldenschein ließ er danach in der Seitentasche seines Gilets verschwinden. Den Rest drückte er Hornegg in die Hand, der verlegen stammelte:

      »Aber das … das sind … sind ja nur neunzig Gulden. Der Herr von Strauch hat mir …«

      »Psst!«, zischte Navratil. »Keinen Ton möchte ich mehr hören. Sonst gibt’s keinen weiteren Auftrag.«

      »Aber …«

      »Kein Wenn und kein Aber, mein lieber Hornegg. Ich war es, der Ihnen die Rutschen zum Herrn Doktor Huber gelegt hat. Und ich bin es, der dafür Provision kassiert. Also, bis bald, Herr Architekt!«

      *

      Heinrich von Strauch, der gerade das Bureau verließ, hatte Horneggs verdattertes Gesicht gesehen. Er packte den jungen Architekten am Unterarm und stieg mit ihm die Treppen hinunter.

      »Das, was der Navratil gesagt hat, dürfen S’ ruhig für bare Münze nehmen, mein lieber Hornegg. Wir werden uns bald, sehr bald wiedersehen.«

      »Aber …«

      »Kein Aber, mein Lieber. Wissen Sie, was ich jetzt mache?«

      »Nein, Herr Baron.«

      »Ich kümmere mich um mein neuestes Projekt als Entrepreneur.«

      »Sehr interessant, Herr Baron.«

      »Das können Sie mit Fug und Recht sagen. Denn die von mir gegründete Niederösterreichische Wohnbaugesellschaft, deren Aktien ich zurzeit gerade an der Börse lanciere, wird Sie mit Arbeit eindecken.«

      »Und? Wird sie auch bauen?«

      Die beiden waren mittlerweile auf der Gasse angekommen. Es handelte sich um die Goldschmiedgasse, die vor zum Stock-im-Eisen-Platz führte. Strauch machte eine ausholende Geste in Richtung der gewaltigen Baustelle vor ihnen.

      »Schaun Sie sich um! Das Gasslwerk hier, die Brandstatt und der Magaretenhof sind Geschichte. Hier im Herzen Wiens sprengen wir die verwinkelte Enge der alten Stadt und errichten neue moderne Häuser für neue moderne Menschen.«

      »Was? Die Niederösterreichische Wohnbaugesellschaft baut hier in Wien?«

      Strauch lachte, klopfte dem Architekten auf die Schulter, lüftete seinen Hut zum Gruß und sagte im Davoneilen:

      »Aber nicht doch. Das ist pars pro toto eines der Projekte, an denen ich beteiligt bin. Und es gibt unzählige weitere. Wir alle bauen und bauen und bauen. Sie haben gar keine Vorstellung, mein Lieber, was wir alles bauen.«

      *

      *

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