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draußen. Vor der Treppe steht ein Wagen mit zwei Pferden davor. Gaskama befiehlt dem Mann auf dem Wagen, abzusteigen, dann nimmt er seinen Platz ein und deutet neben sich. Siana zögert, bis ich ihr befehle, sich dorthin zu setzen, wo üblicherweise anscheinend ich sitzen müsste.

      „Das ist eine Kutsche“, erklärt Gaskama. „Sonst sitzen hier der Kutscher, den ich gerade weggeschickt habe, und gelegentlich auch die Diener. Zumindest sitzen die Diener aber sonst nicht allein hinten.“

      „Ich mache ungern etwas so, wie es üblich ist.“

      „Das weiß ich, darum sitzen wir beide hier.“

      „Gaskama, ich mag dich, wusstest du das?“

      „Ich ahnte es bereits“, erwidert er nickend, dann lässt er die Pferde antraben.

      Wir fahren über die Brücke und dann durch den geschlungenen Weg im Wald hinunter. Es ist angenehm warm. Ich kann bereits die Geräusche der Stadt hören. Nachdem wir die ersten Häuser erreichen, lenkt Gaskama die Kutsche nach rechts. Bald darauf fahren wir erneut über eine Brücke.

      „Das ist der Fluss Ohmea“, erklärt Gaskama.

      „Sind darin auch so schreckliche, fleischfressende Ungeheuer?“

      „Nein. Die sind nur in dem Burggraben, der mit dem Fluss nicht verbunden ist. In diesem Fluss kann unbesorgt gebadet werden. Schau mal.“

      Er deutet nach vorne. Wir fahren über einen breiten Weg. Rechts von uns stehen Häuser, links geht eine grasbewachsene Böschung zum Wasser hinunter. An mehreren Stellen gibt es Holzstege, die ins Wasser hineinragen. Auf vielen von ihnen hocken Frauen.

      „Das sind die Waschfrauen. Sie haben die Aufgabe, die Wäsche zu waschen und bekommen dafür Geld. Es ist eine harte Arbeit, daher sind es meistens junge, kräftige Frauen.“

      „Wieso Frauen?“, erkundige ich mich.

      „Männer würden es nicht tun. Dafür müssen Frauen nicht kämpfen.“

      „Ich habe damit kein Problem.“

      Gaskama wirft mir einen nachdenklichen Blick zu. „Du bist auch eine sehr ungewöhnliche Frau. Üblicherweise sind Männer den Frauen im Kampf überlegen. Bei dir wäre selbst ich vorsichtig.“

      „Demnach bist du ein guter Kämpfer?“

      „Ja.“

      Ich glaube ihm das. Er bewegt sich kraftvoll und geschmeidig. Er ist nicht viel größer als ich, aber seine Schultern sind breit und die Arme muskulös. Askan ist auch kräftig, aber anders. Er ist groß und durch seine schulterlangen, dunkelblonden Haare hat er etwas Geheimnisvolles an sich. Gaskama wirkt hingegen gar nicht geheimnisvoll, sondern wie jemand, der weiß, was er will und das auch in die Tat umsetzt.

      „Kyo?“

      „Ja?“

      „Alles in Ordnung?“

      „Ich habe nur nachgedacht. Ich habe viel zum Nachdenken, seitdem ich hier bin. Und viel zu lernen.“

      „Das ist wahr. Ist es zu anstrengend, wenn ich dir die Stadt zeige?“

      „Im Gegenteil, Gaskama.“ Ich schenke ihm ein Lächeln. „Zeige mir mehr. Ich bin sehr neugierig.“

      „Ist gut.“

      Wir folgen dem Fluss und erreichen nach einer Weile den Mühlenpark. Es sind ziemlich viele Mühlen, die alle am Fluss stehen. Das Wasser treibt sie an, wie mir Gaskama erklärt. Er erklärt mir auch, was Mühlen überhaupt machen. Wir halten neben einer an und gehen hinein. So lerne ich, wie Mehl entsteht. Und dass daraus das Brot gemacht wird. Da die Stadt groß ist und viele Menschen darin leben, wird auch sehr viel Mehl gebraucht. Das Mehl wird aus Getreide gemacht und Getreide wächst auf den Feldern, die ich bei der Ankunft vor der Stadt gesehen habe. Dort wächst nicht nur Getreide, wie ich erfahre, aber auch Getreide. Ziemlich viel Getreide sogar.

      „Und wie wachsen sie überhaupt?“

      Gaskama zuckt die Achseln. „Elixa lässt sie wachsen.“

      „Elixa lässt sie wachsen?“

      „Elixa ist die Samengöttin.“

      „Das hat mir Siana schon erzählt. Trotzdem verstehe ich das nicht.“

      „Ich auch nicht. Mazota kann das besser erklären.“

      „Der Hohepriester?“

      „Genau.“ Gaskama grinst. „Siana hat dir wohl schon viel erzählt?“

      „Ja, ich will ja auch viel wissen. Und wo finden wir Mazota?“

      „Wahrscheinlich ist er auf dem Marktplatz. Da ist er oft.“

      „Obwohl heute gar kein Markt ist?“

      „Oh, da ist fast immer irgendetwas. Der richtige Markt ist zwar nur am Tag nach dem Oseum, aber irgendetwas ist immer. Die Menschen arbeiten hart und feiern dann auch gerne.“

      „Ich verstehe. Dann bring mich zum Marktplatz.“

      Gaskama nickt, trotzdem steuert er die Kutsche zunächst aus der Stadt heraus. Wir fahren neben Feldern her, auf denen aber nicht gearbeitet wird, sondern wo es viele Tiere gibt. Es sind Kühe und Schafe, erklärt Gaskama. Sie gehören überwiegend Askan, aber auch einige Bauern, die auf Höfen außerhalb der Stadt wohnen, besitzen Tiere, die hier stehen und gemeinsam weiden. Sie sorgen für Milch und Fleisch. Und für Wolle und Leder, aus denen Kleidung und Schuhe gemacht werden.

      „Und wer kümmert sich um das alles?“, erkundige ich mich.

      „Dafür gibt es viele Leute. Und die Minister. Die Minister erzählen Askan, was er wissen muss und wenn er Entscheidungen treffen muss. Und weil Askan aber auch vom Volk erfahren will, ob alles so stimmt, gibt es die öffentlichen Sitzungen. Da können alle Stadtbewohner hinkommen und ihr Anliegen vortragen.“

      „Ich verstehe. Das hört sich nach viel Arbeit an. Und nach vielen Regeln.“

      „Ja, die Regeln sind notwendig, damit alle wissen, was sie zu tun haben.“

      „Aber wer erstellt die Regeln und sorgt dafür, dass alle das Richtige tun?“

      „Das ist die Aufgabe der Regierung, also der Minister. Askan trifft die Entscheidungen, die grundsätzlich wichtig sind. Die Minister müssen dafür sorgen, dass sie umgesetzt werden. Das ist Politik.“

      „Das ist Politik? Ich dachte, Politik ist, dass die alle in dem Kabinett sitzen und reden.“

      „Ja, das gehört auch dazu“, erwidert Gaskama grinsend.

      „Hm. Gibt es denn da wirklich so viel zu bereden? Ich dachte, die Regeln stehen bereits fest.“

      „Ja, aber es gibt viele Fragen, die auftauchen, immer wieder. Und es muss besprochen werden, was in den nächsten Numas und Numoas gemacht werden soll. Zum Beispiel sterben Menschen, andere werden geboren. Die Menge vom Getreide ändert sich. Es gibt auch Krankheiten. Und viele, viele Kleinigkeiten, aber auch die sind wichtig. Die Menschen müssen auch wissen, dass die Regierung und der König sich darum kümmern, was wichtig ist für die Menschen.“

      „Hm. Dann ist der König ja auch nur ein Sklave.“

      „Askan sicher. Aber er tut es freiwillig. Nicht alle Könige sind so. Es gibt viele Könige, denen es egal ist, was mit den Menschen passiert. In den Ländern herrscht viel Leid. Schon Askans Vorfahren hielten es für wichtig, dass es den Menschen gut geht. Askan findet das besser.“

      „Ich auch.“

      „Das weiß ich.“

      Wir erreichen nach kurzer Zeit die Hauptstraße, über die ich vor einigen Nums angekommen bin. Bei der Erinnerung daran muss ich lächeln, weil seitdem so viel sich für mich verändert hat. Da hatte ich immer noch diese Angst, dass Askan es gar nicht so ernst meint, wie ich das geglaubt habe. Inzwischen weiß ich es besser, denn er zeigt es offen, was er für mich empfindet. Und

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