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und berührte Sebastians Schwanz. Janet schlug seine Hand weg.

      Der Kater wartete, bis er das Öffnen und Schließen der Tür vernahm. Dann wandte er sich an Daniel und sagte: »Auf Wiedersehen.«

      »Wiedersehen.«

      Sebastian verließ das Wohnzimmer, hielt die Waffe locker in seinen unnatürlichen Händen und stapfte in die Küche. Er musste Sheba finden, selbst wenn sie tot war, selbst wenn er starb. Als er die Tür erreichte, hörte er das unverkennbare Geräusch von kratzendem Metall auf Holz, ein Zischen, den Klang, den Janet machte, wenn sie das Essen vorbereitete.

      Er kehrte rechtzeitig in die Gegenwart zurück, um zu sehen, dass Daniel mit einem Steakmesser auf ihn zustürmte. Sebastian hob das Rohr, um die scharfe Klinge abzuwehren, aber die gezackte Kante sägte in seinen Fingerknöchel. Der Mann schwang sie wieder und hieb eine tiefe Wunde in seine Rippen. Eine schauerliche Wärme quoll aus seiner Seite. Er stolperte rücklings zu Boden und knallte mit dem Kopf auf das Linoleum. Daniel sprang auf ihn. Sebastian musste die Waffe loslassen, um die attackierende, mit klebrigem Blut beschmierte Hand zu greifen.

      »Du dachtest, du könntest mir meine Familie wegnehmen?«, knurrte er mit schäumendem Speichel zwischen den Zähnen.

      Sebastian wollte ihm ins Handgelenk beißen, doch er zog den Arm außer Reichweite.

      »Ich habe dieses Miststück Sheba getötet!«, sagte Daniel. »Sie erschossen, als sie wegrannte!«

      Das Rohr lag neben Sebastians Kopf. Er behielt das Messer im Auge, während er versuchte, es mit seinem Schwanz näher heranzuziehen.

      Daniel drehte die Klinge zu ihm und legte sein Gewicht in den geplanten Stoß.

      Sebastian konnte seinen Griff nicht länger halten. Schnell streckte er seine linke Hand nach dem Lauf der Waffe aus und schwang sie gegen seinen Angreifer. Der hölzerne Griff krachte in sein Gesicht. Er fasste seine Stirn, als er von ihm runterfiel. Sebastian rollte zur Seite und stand auf. Er hielt die Waffe sicher in Händen, konnte aber nichts mit ihr anfangen.

      Auch Daniel erhob sich. Das Messer zeigte nach unten. Blut floss aus einer Platzwunde oberhalb des Auges und rann über Wange und Hals.

      »Erschieß ihn«, sagte jemand.

      Die Stimme kam von der Tür. Die beiden wandten sich zur Streunerkatze, die ebenfalls gewachsen war und aufrecht stand. Sie schaute durchs Fenster.

      »So«, erklärte sie, streckte den linken Arm aus und krümmte die Hand, bis die Nägel nach oben zeigten. Die andere blieb zur Faust geballt an ihrer Seite. Sie streckte den rechten Zeigefinger und bewegte ihn mehrfach.

      Ihm dämmerte, dass Sebastian mit dem Teil nicht umzugehen wusste. Der Mann hätte weglaufen können. Auch Jahre später wünschte Mort(e), es wäre so geschehen. Stattdessen griff sein Herr mit erhobener Klinge an.

      Sebastian hielt den Atem an und fuhr am Lauf entlang, bis sein Finger den Abzug erreichte. Er feuerte. Der Schuss riss ein glänzendes Loch in seine Brust und stieß ihn unter sprühend rotem Nebel zu Boden. Das Messer wirbelte durch die Luft, bevor es klappernd auf der Küchentheke landete. Daniel bewegte seinen Mund im vergeblichen Versuch, zu sprechen. Erdbeerfarbene Blasen aus Blut und Speichel sprudelten über die Lippen. Sein rechter Fuß zuckte, ruhte dann aber in der sich ausbreitenden Blutlache, die das Licht der Fenster einfing.

      Sebastian spürte einen beinahe unwiderstehlichen Drang, an dem Körper zu schnüffeln. Stattdessen drehte er herum, öffnete die Tür und ging raus. Die Streunerin trat beiseite. Hinter ihr standen ihre beiden Jungen, ebenfalls auf zwei Beinen. Janet drückte sich mit den Kindern an die Hauswand. Die Wunde an ihrem Kinn wurde purpurrot. Michael schluchzte. Sie tröstete ihn nicht, denn es gab keinen Grund mehr dazu.

      »Wollte Daddy uns wirklich wehtun?«, fragte er.

      Sie konnte nur mehr ihre Hand auf seinen Kopf legen.

      »Du hast das Richtige getan«, meinte die Streunerin. Einer der kleinen Kater flüsterte ihr etwas zu, doch sie bedeutete ihm, still zu sein.

      Sebastian lief in die Mitte des Gartens. Es war eine kurze Strecke, von der er einst glaubte, sie niemals schaffen zu können. Er würde die Welt nicht länger durch ein Fenster betrachten, sondern in ihr leben, ein Teil von ihr sein; und sie würde zu einem Teil von ihm. Er konnte nicht vergessen, ungeschehen oder ungesehen machen.

      Die Straßenkatzen sagten etwas. Sebastian hörte nicht zu. Er drückte die Hand auf die Wunde in seiner Seite. »Habt ihr die Hündin gesehen?«

      »Welche?«, fragte die Mutter.

      »Die mit dem weiß-orangenen Fell. Wie meins.«

      »Sie rannte dort entlang«, sagte sie und zeigte Richtung Stadt. »Vielleicht kannst du ihre Fährte aufnehmen, wenn du diesen Weg gehst. Aber dort ist alles tot. Die Ameisen kommen. Und die Menschen zerstören sämtliche Dinge auf ihrem Rückzug.«

      »Hast du andere gesehen?«, fragte er. »Andere wie uns?«

      »Wir sahen Hank.«

      »Hank?«

      »Den Hund von gegenüber. Er hat seine Herren auch getötet. Jeder tut das.«

      Die Streunerin wollte wissen, ob es noch Essen im Haus gab. Er sagte ihr, sie könnte sich bedienen. Daraufhin wies sie eines ihrer Jungen an, den Kühlschrank zu überprüfen. »Du und ich werden uns darum kümmern«, sagte sie zu ihrem anderen Kind. Sie näherten sich den Menschen. Michael wimmerte hilflos. »Ich bin am Verhungern.«

      »Sebastian!«, schrie Michael.

      Trotz all der Enttäuschungen als Beschützer des Hauses, musste er dem Befehl gehorchen. Es war der Ruf eines Unschuldigen nach Barmherzigkeit, nicht die Anweisung eines Diktators. Er sollte ihn erhören, nun da sich die Dinge geändert hatten.

      Sebastian richtete das Gewehr auf die Katzen. Die dritte im Haus musste etwas gespürt haben, da sie abrupt die Tür öffnete. Daniels Blut bedeckte das Fell um ihren Mund.

      »Das kann nicht dein Ernst sein«, sagte die Streunerin.

      »Ich habe eben meinen Herrn getötet«, betonte er. »Ich meine es sehr ernst.«

      »Sie sind der Feind! Sie versuchten, dich zu töten!«

      Sebastian hielt die Waffe ausgerichtet. Nach ein paar unangenehmen Sekunden traten sie zurück. Mit seiner freien Hand winkte er die Martinis herbei. Wieder gingen sie mit abgewendeten Augen an ihm vorbei.

      »Frau«, sprach er.

      Janet blieb stehen, ließ ihren Blick aber auf dem Boden.

      »Ich werde Sheba finden.«

      »Sie ist weggelaufen!«, merkte Michael an. »Nachdem Daddy …«

      »Still«, unterbrach sie und zwang sich, Sebastian anzusehen. »Ich hoffe, du findest sie. Ich werde für dich beten.«

      Er wusste nicht, was das bedeutete.

      Die Martinis liefen die Einfahrt runter zum SUV. Türen wurden geöffnet, Füße scharrten beim Einsteigen, Türen fielen zu. Dumpfe Geräusche erklangen. Janet umklammerte fest das Lenkrad, ihre blasse Haut überspannte straff die Knöchel. Das Fahrzeug fuhr los. Michael schaute zu Sebastian und drückte seine Hände gegen das Glas.

      Als das Auto weg war, senkte er die Waffe.

      »Du solltest nach Westen gehen«, riet die Streunerin. »Es ist nicht sicher hier.«

      »Ich muss sie finden«, beharrte er.

      »Die Hündin?«, fragte sie kichernd wie ein Mensch. Zu ihren Jungen sagte sie: »Seht ihr? So bringt man sich um: Indem man Menschen beschützt und nach verlorenen Liebschaften sucht.«

      »Da hast vermutlich recht«, gestand Sebastian ein.

      Sie starrte ihn an, bis er keine andere Wahl hatte, als ihr in die Augen zu sehen. »Kopf hoch, Miezekatze. Du brauchst deine Hündchen-Freundin nicht. Du hast jetzt das.« Sie tippte an die Schläfe. »Vor dieser Woche warst du nicht

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