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die Güte haben will, auszuschütten, dieser goldene Segen ist hinreichender Grund alle übrigen Forderungen des Vaters als rechtskräftig zu beweisen? – Ich verwerfe diesen kalten Richter! Schon die uralte Fabelzeit übergab dem Weibe die Wage der Gerechtigkeit; ein fühlend Herz muß über das Schicksal der Menschen entscheiden, sprechen Sie das Urtheil! – Muß ich unbedingt dem Willen des Vaters gehorchen? Ihr Wille sei mein Gesetz. Hören Sie aber meinen Vorschlag. Ihr Vater erlaubte uns vielleicht in Ludwigsburg zu wohnen; eine prosaische, ökonomische Untersuchung fände diesen Vorschlag vernünftig, und wir erhielten die gewünschte Einwilligung. Wir reisten, damit ich die Freude hätte, meine Gemahlin meinen Eltern vorzustellen, nach Berlin. – Ich wüßte schon vorher bestimmt, daß man mir Dienste anböte, und ich aus falscher Scham überrascht, nehme diese an, dann bin ich gefesselt. – Glauben Sie, Sie werden von meinen Landsleuten artiger als ich von den Ihrigen empfangen. – Ist dieser Plan auszuführen? entscheiden Sie!« –

      Elisa beklagte, den Willen des Vaters nicht ändern zu können; sie verlangte keine glänzende Stellung für ihren Gatten, und versicherte ihrerseits in den bescheidensten Verhältnissen mit ihm glücklich werden zu können. Er antwortete hierauf: »Ich will nie aufhören, Ihr treuer Sclave zu sein, bleiben Sie meine gütige Herrin, welche die Ketten, in die sie mich legte, durch Freundschaft und Liebe zu den süßesten umschuf. – Sie haben zu viel eigenes Verdienst, um das Ererbte höher zu schätzen; es gehört aber viel Geistesstärke dazu, dem Fehler des Zeitalters, der Sucht zu glänzen, zu widerstehen. Wenn der Vater Fürst ist, wird der Tochter ein fühlend Herz Ersatz genug für äußeren Glanz sein? Meine Vorfahren haben zwar das Herzogthum Verona besessen, mir aber, gute Elise, bleibt nichts übrig als die Leiter, welche diese Stadt und ich im Wappen führen. Doch eine Leiter ist genug für mich, ist mir das Glück beschieden, damit Ihr Herz zu erstürmen, und versichern Sie, daß das, was ich besessen habe, mir durch keinen entrissen werden kann. Geben Sie mir diesen Trost, und ich bin glücklich. Adolph.« –

      Da zuletzt nichts anderes übrig blieb, entschloß sich Lützow einstweilen Preußen zu verlassen, nahm seinen Abschied, und erklärte sich bereit, dem mißtrauischen Grafen Friedrich alle darauf bezüglichen Papiere, unter denen auch Königliche Kabinetsschreiben, die sehr zu seinem Vortheil sprachen, mitzutheilen; allein trotzdem versagte der Vater noch immer seine Einwilligung. Lützow schrieb darüber aus Schöneiche, den 27. Juli 1809: »Aus Deinem letzten gütigen Schreiben habe ich leider ersehen, daß Dein Vater fortfährt, sich unserer Verbindung zu widersetzen. Wie hart von ihm, zwei Wesen zu trennen, welche wahrhaftig für einander geschaffen sind, wie hart von ihm, uns in diesem Augenblick trübe Tage der Einsamkeit verleben zu lassen, da wir so glücklich mit einander sein könnten! – Deinem Vater habe ich keine Gelegenheit zur Unzufriedenheit gegeben. Das Aeußere habe ich menagirt, und sonst haben Leute von Gefühl dieselben Gesinnungen, wenngleich das Alter klüglich schweigt, wo die Jugend aufbraust. Genug von Verhältnissen, die waren und nicht wiederkehren können. Glücklich der, dem das Glück beschieden, sie in so zärtlichen Armen wie die Deinigen zu vergessen. – Wir wollen eine Welt für uns im Kleinen bilden und die große vergessen, welche nicht einmal die Gefühle eines Mannes zu würdigen versteht, viel weniger nachzuahmen weiß. Du aber wirst mich verstehen, wir werden uns gegenseitig schätzen und glücklich sein! Wie kamst Du in Deinem Lande zu solcher Freiheit von Vorurtheilen?« –

      Lützow reiste nun nach Königsberg, um vom König die Erlaubniß nachzusuchen, in fremde Dienste treten zu dürfen. In einem Briefe von dort vom 6. September 1809 drücken sich seine kräftige Gesinnung und seine Ansichten über die Umgebung des Königs so entschieden aus, daß wir nicht unterlassen können, ihn mitzutheilen; er lautet: »Meine beste Elise! Dein Brief war mir ein wahrer Trost in der Wüste. Königsberg bleibt für mich eine Wüste, denn was ist die schönste Gegend ohne Bewohner, und was helfen uns Menschen, wenn nicht gleiche Charaktere uns verbinden. Liegt es an mir, kurz, ich gefalle mir nicht hier. Ich finde hier dieselben Leute, mit welchen ich in Potsdam lebte, als ich bei der Garde stand. – Die Umgebungen des Königs sind mit weniger Ausnahme dieselben, und das herbe Schicksal hat sich umsonst erschöpft, ihnen die Augen zu öffnen. – Das Corps Offiziere der Garde, welches die ganze Campagne durch beinah nie vor dem Feinde gewesen, ist schwach genug zu glauben, es sei ein größeres Verdienst bei dem Könige zu leben, als für ihn zu sterben. – Die Menschen hier sind in zwei Partheien getheilt und hassen sich auf eine fanatische Art; und dennoch sind beide Theile sich völlig gleich, denn jeder liebt nur sich selbst. – Die eine Parthei sucht zwar durch einen sogenannten Patriotismus sich einen Werth zu geben, die andere setzt in eine kalte Klugheit ihren Werth, beide sind aber darin gleich, daß sie mit einem Heißhunger jeden einträglichen Posten zu verschlingen suchen. – Keiner weiß, was ich eigentlich hier will, denn etwas für sich zu suchen und zu bitten, natürlich, darum kann man nur in Königsberg sein. – Daß ich mir die Sache eigentlich besehen will, wie man in die Komödie geht, ohne selbst Lust zu haben, etwas vom Gehalte des Schauspielers zu erwischen, das glauben sie nicht. – Oefters stoßen sie sich auch an und glauben, ich sei verrückt, wenn ich deutlich zu erkennen gebe, daß fürchterliche Ordenssterne himmelweit von großen Verdiensten verschieden sind. – Die Frau, deren Mann der Zufall früh einen tiefen Blick in den Glanz der großen Welt thun ließ, braucht nicht zu besorgen, daß er das stille häusliche Glück diesem Prunke zurücksetzen werde. Am wenigsten dann, wenn sie eine Elise ist, und so zärtlich von ihrem Gemahl geliebt wird, als Du von Deinem Adolph.« – Die Betheurungen, die Verheißungen der Beständigkeit, die er hier und an so vielen anderen Stellen so verschwenderisch aussprach, sie mögen ihm später, wenn er ihrer gedachte, manchmal schwer auf die Seele gefallen sein! –

      Elisa fühlte, daß endlich eine Entscheidung erfolgen müsse, und reiste nun zu ihrem Vater nach Langeland, und dort scheinen ihre Vorstellungen ihn endlich bestimmt zu haben, in ihre Wünsche zu willigen. Nach langen Verhandlungen, die den Liebenden endlos vorkamen, waren endlich alle Verhältnisse geordnet, und Lützow eilte zu seiner Braut, die so treu und unerschütterlich an ihm festgehalten hatte, und die den 20. März 1810 die Seine wurde. –

      Bald nach der Hochzeit reiste Lützow mit seiner jungen Frau nach Berlin, um sie seiner Familie vorzustellen. Sie gewann bald deren Zuneigung, und besonders schloß sich Lützow's jüngster Bruder Wilhelm ihr mit brüderlichem Zutrauen und unbegränzter Verehrung an. Das Leben in Berlin machte auf Elisa den günstigsten Eindruck; sie besuchte den Hof, der aber bald nach ihrer Ankunft durch den Tod der Königin Luise in Trauer versetzt wurde; in den sonstigen geselligen Kreisen knüpfte sie manche interessante Bekanntschaft an, und befreundete sich auf das herzlichste mit dem Philosophen Solger und seiner Frau. Sie besuchte auch das Theater, und erfreute sich der vortrefflichen Darstellungen classischer Stücke, die durch das ausgezeichnete Spiel Iffland's und der Bethmann besonders anziehend waren. Nur die Ungewißheit ihrer Lage hatte etwas Störendes; Lützow war noch immer ohne Thätigkeit, nach der er doch so sehr verlangte; da sich eine dänische Anstellung nicht sogleich erwirken ließ, so war die Rede davon, ob er ein Gut in Langeland übernehmen solle; doch er und Elisa wünschten lebhaft, in Preußen bleiben zu können.

      Unterdessen hatten die schlimmen Zeiten, und zugleich der Aufwand, den er machte, Elisens Vater in mancherlei Verwicklungen gebracht, und der Ertrag seiner Güter verminderte sich immer mehr. Die großen Einkünfte, die Elisen bestimmt waren, mußten unter solchen Umständen ausbleiben.

      Nach zwei Jahren peinlicher Spannung rief ein trauriges Ereigniß Elisen plötzlich in die Heimath zurück: ihre Mutter war durch den Kummer über den Gemahl, die Trennung von ihrer einzigen, ihr so theuren Tochter und die unglücklichen allgemeinen Zustände sehr niedergedrückt, ihre Gesundheit litt, und sie starb den 30. März 1812 zu Kopenhagen.

      Das war ein Schmerz für Elisen, den sie ihr ganzes Leben lang fühlte; sie konnte sich nicht trösten, und nach langen Jahren noch gestand sie, daß die Zeit ihre Betrübniß nicht zu lindern vermöge. Vor Kummer verlor sie plötzlich ihre schöne Stimme, und nie konnte sie wieder singen.

      Mit den traurigsten Gefühlen kehrte Elisa in der Begleitung Lützow's, der ihr nach Kopenhagen gefolgt war, um sie abzuholen, nach Berlin zurück. Hier sollten bald neue unerwartete Umstände ihr Leben zu einem unruhigen und wechselvollen machen.

      Das Jahr 1813 begann, und mit ihm jene

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