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Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ðицше
Читать онлайн.Название Gesammelte Werke
Год выпуска 0
isbn 9783962815295
Автор произведения Фридрих Вильгельм Ðицше
Жанр Документальная литература
Серия Gesammelte Werke bei Null Papier
Издательство Bookwire
2. Sammlung ausdrücklicher Worte. Vorzug für militärische Worte. Ersatzworte für die philosophischen Termini: womöglich deutsch und zur Formel ausgeprägt. – Sämmtliche Zustände der geistigsten Menschen darstellen; sodaß ihre Reihe im ganzen Werke umfaßt ist (– Zustände des Legislators, des Versuchers, des zur Opferung Gezwungenen, Zögernden –, der großen Verantwortlichkeit, des Leidens an der Unerkennbarkeit, des Leidens am Scheinen-müssen, des Leidens am Wehethun-müssen, der Wollust am Zerstören –).
3. Das Werk auf eine Katastrophe hin bauen. – – –«
Ich füge noch einige Erläuterungen zu den hauptsächlich in den beiden ersten Büchern des »Willens zur Macht« behandelten Themen: Nihilismus, und Moral hinzu. Man weiß, wie irrthümlich die Stellung des Autors gerade zu diesen Materien verstanden worden ist. Vielleicht waren es besonders die Worte »Nihilismus«, »Immoralismus«, »Unmoralität« (»nihilistisch«, »unmoralisch«), die so falsch aufgefaßt wurden. Ich betone deshalb nochmals, daß Nihilismus und nihilistisch nichts mit einer politischen Partei zu thun hat, sondern als jener Zustand bezeichnet ist, der den Werth und Sinn des Lebens, sowie alle Ideale ablehnt. Ebensowenig haben die Worte Immoralismus, Unmoralität und unmoralisch das Geringste mit geschlechtlicher Unmäßigkeit und Verirrung zu thun, wie es gemeine, grobe und dumme Menschen aufgefaßt haben, weil diese Worte im gewöhnlichen Leben wohl in dieser Hinsicht gebraucht werden. Mein Bruder verstand unter Moral »ein System von Werthschätzungen, welches sich mit unsern Lebensbedingungen berührt.« Gegen dieses System unserer gegenwärtigen Werthschätzungen, die sich physiologisch und biologisch nicht rechtfertigen lassen und deshalb dem Sinn des Lebens widersprechen, wendet er sich mit den Worten »Immoralismus« und »Unmoralität«. Vielleicht wäre es besser gewesen, daß er dafür das Wort »Amoralismus« und »amoralisch« gebildet und gebraucht hätte, weil sicherlich viel Mißverständnisse dadurch vermieden worden wären. Im Übrigen möchte ich noch betonen, daß sich eine Kritik unserer gegenwärtigen Moralwerthe nur ein so hochstehender Philosoph wie Nietzsche gestatten darf, der in seiner ganzen Lebensführung so deutlich bewiesen hat, daß er nicht nur diese Werthe in vollkommenster Weise erfüllt, sondern darüber erhaben ist, und sich deshalb das Ziel noch höher stecken und noch strengere Anforderungen an sich stellen darf. Solche Ziele und Probleme sind nur für die Wenigsten: jedenfalls gehören dazu, wie er selbst schreibt: »reine Hände und nicht Schlammfinger.« –
Vor Allem muß ich immer wieder darauf aufmerksam machen, daß seine Philosophie auf Rangordnung gerichtet ist, nicht auf eine individualistische Moral, »der Sinn der Heerde soll in der Heerde herrschen, aber nicht über sie hinausgreifen«. Er sagt aber nicht nur, daß wir für das, was die Moral seit Jahrtausenden geleistet hat, voller Dankbarkeit sein sollen, sondern er fordert auch eine unbedingte Heilighaltung der bisherigen Moral. Wer sich darüber erheben will, muß die furchtbare Verantwortung dafür tragen und seine Berechtigung dazu durch ungewöhnliche Leistungen beweisen. Peter Gast schreibt darüber: » Nietzsche lehrt nur für Ausnahme-Menschen – und für die Vorfahren künftiger Ausnahme-Menschen. Mit dem Volke hat er Nichts zu thun; für’s Volk haben tausend »Denker« nachgerade genug gedacht – und für die Seltenen fast keiner. Indirekt freilich, durch solche Ausnahme-Menschen hindurch, wird auch der Geist Nietzsche’s in die Massen dringen und einst die Luft von all dem Verwöhnenden, Herunterbringenden, Lasterhaften unsrer Cultur säubern: Nietzsche ist eine sittliche Macht ersten Ranges! sittlicher als Alles, was sich heute sittlich nennt!«
Vielleicht hat man auch an den Worten »Heerde«, »Heerdenthier« und »Heerdenmoral« Anstoß genommen, er selbst fand Veranlassung, sich deshalb zu entschuldigen: »Ich habe eine Entdeckung gemacht, aber sie ist nicht erquicklich: sie geht wider unsern Stolz. Wie frei wir nämlich uns auch schätzen mögen, wir freien Geister – denn hier reden wir »unter uns« – es giebt auch in uns ein Gefühl, welches immer noch beleidigt wird, wenn Einer den Menschen zu den Thieren rechnet: deshalb ist es beinahe eine Schuld und bedarf der Entschuldigung, daß ich beständig in Bezug auf uns von ›Heerde‹ und von ›Heerden-Instinkten‹ reden muß«. Allerdings hält er es nicht für nöthig, eine Erklärung dafür zu geben, warum er diese Termini gewählt hat und so reichlich gebraucht; ich glaube nur deshalb, weil er selbst (wenn er es auch schalkhaft behauptet) keinen Anstoß an diesen Worten genommen hat, da wir in einem religiösen Kreis aufgewachsen sind und dort »Heerde« und »Hirt« ohne jede herabwürdigende Nebenbedeutung gebraucht wird.
Auch sonst werden seine Worte, die oft eine ganz neue Bedeutung haben, vielfach mißverstanden, z. B. »Bosheit« und »böse«. Bei beiden Worten hat man früher etwas wie »tückisch« und »schlecht« empfunden, während er darunter etwas Hartes, Strenges, aber auch Übermüthiges – jedenfalls aber eine Gesinnung der Höhe begreift. Deshalb schreibt er an Brandes: »Viele Worte haben sich bei mir mit andern Salzen inkrustirt und schmecken mir anders auf der Zunge als meinen Lesern.«
Über die persönliche Stellung meines Bruders zum Christenthum werde ich in der Einleitung zum X. Band, der den »Antichrist« enthält, noch einiges Aufklärende hinzufügen.
Leider waren wir durch die Raumverhältnisse genöthigt, den »Willen zur Macht« zu theilen, noch dazu etwas ungünstig, indem die kleinere Hälfte des dritten Buches in den X. Band kommen mußte. Aber die Bände IX und X gehören mit ihrem Inhalt so innig zu einander und müssen durchaus zusammen gelesen werden, sodaß es schließlich gleich ist, wo die Theilung stattfindet.
Weimar, August 1906.
Elisabeth Förster-Nietzsche.
(Der Plan, der unsrer Anordnung zu Grunde gelegt wurde, lautet in Nietzsche’s Niederschrift:)
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Der Wille zur Macht. Versuch einer Umwerthung aller Werthe.
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Erstes Buch.
Der europäische Nihilismus.
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Zweites Buch.
Kritik der bisherigen höchsten Werthe.
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Drittes Buch.