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alle Pro­ble­me in’s Ge­fühl über­setzt, bis zur Pas­si­on. –

      2. Samm­lung aus­drück­li­cher Wor­te. Vor­zug für mi­li­tä­ri­sche Wor­te. Er­satz­wor­te für die phi­lo­so­phi­schen Ter­mi­ni: wo­mög­lich deutsch und zur For­mel aus­ge­prägt. – Sämmt­li­che Zu­stän­de der geis­tigs­ten Men­schen dar­stel­len; so­daß ihre Rei­he im gan­zen Wer­ke um­faßt ist (– Zu­stän­de des Le­gis­la­tors, des Ver­su­chers, des zur Op­fe­rung Ge­zwun­ge­nen, Zö­gern­den –, der großen Verant­wort­lich­keit, des Lei­dens an der Uner­kenn­bar­keit, des Lei­dens am Schei­nen-müs­sen, des Lei­dens am We­he­thun-müs­sen, der Wol­lust am Zer­stö­ren –).

      3. Das Werk auf eine Ka­ta­stro­phe hin bau­en. – – –«

      Ich füge noch ei­ni­ge Er­läu­te­run­gen zu den haupt­säch­lich in den bei­den ers­ten Bü­chern des »Wil­lens zur Macht« be­han­del­ten The­men: Ni­hi­lis­mus, und Moral hin­zu. Man weiß, wie irr­t­hüm­lich die Stel­lung des Au­tors ge­ra­de zu die­sen Ma­te­ri­en ver­stan­den wor­den ist. Vi­el­leicht wa­ren es be­son­ders die Wor­te »Ni­hi­lis­mus«, »Im­mo­ra­lis­mus«, »Un­mo­ra­li­tät« (»ni­hi­lis­tisch«, »un­mo­ra­lisch«), die so falsch auf­ge­faßt wur­den. Ich be­to­ne des­halb noch­mals, daß Ni­hi­lis­mus und ni­hi­lis­tisch nichts mit ei­ner po­li­ti­schen Par­tei zu thun hat, son­dern als je­ner Zu­stand be­zeich­net ist, der den Werth und Sinn des Le­bens, so­wie alle Idea­le ab­lehnt. Eben­so­we­nig ha­ben die Wor­te Im­mo­ra­lis­mus, Un­mo­ra­li­tät und un­mo­ra­lisch das Ge­rings­te mit ge­schlecht­li­cher Un­mä­ßig­keit und Ver­ir­rung zu thun, wie es ge­mei­ne, gro­be und dum­me Men­schen auf­ge­faßt ha­ben, weil die­se Wor­te im ge­wöhn­li­chen Le­ben wohl in die­ser Hin­sicht ge­braucht wer­den. Mein Bru­der ver­stand un­ter Moral »ein Sys­tem von Wert­h­schät­zun­gen, wel­ches sich mit un­sern Le­bens­be­din­gun­gen be­rührt.« Ge­gen die­ses Sys­tem un­se­rer ge­gen­wär­ti­gen Wert­h­schät­zun­gen, die sich phy­sio­lo­gisch und bio­lo­gisch nicht recht­fer­ti­gen las­sen und des­halb dem Sinn des Le­bens wi­der­spre­chen, wen­det er sich mit den Wor­ten »Im­mo­ra­lis­mus« und »Un­mo­ra­li­tät«. Vi­el­leicht wäre es bes­ser ge­we­sen, daß er da­für das Wort »Amo­ra­lis­mus« und »amo­ra­lisch« ge­bil­det und ge­braucht hät­te, weil si­cher­lich viel Miß­ver­ständ­nis­se da­durch ver­mie­den wor­den wä­ren. Im Üb­ri­gen möch­te ich noch be­to­nen, daß sich eine Kri­tik un­se­rer ge­gen­wär­ti­gen Moral­wert­he nur ein so hoch­ste­hen­der Phi­lo­soph wie Nietz­sche ge­stat­ten darf, der in sei­ner gan­zen Le­bens­füh­rung so deut­lich be­wie­sen hat, daß er nicht nur die­se Wert­he in voll­kom­mens­ter Wei­se er­füllt, son­dern dar­über er­ha­ben ist, und sich des­halb das Ziel noch hö­her ste­cken und noch stren­ge­re An­for­de­run­gen an sich stel­len darf. Sol­che Zie­le und Pro­ble­me sind nur für die We­nigs­ten: je­den­falls ge­hö­ren dazu, wie er selbst schreibt: »rei­ne Hän­de und nicht Schlamm­fin­ger.« –

      Vor Al­lem muß ich im­mer wie­der dar­auf auf­merk­sam ma­chen, daß sei­ne Phi­lo­so­phie auf Rang­ord­nung ge­rich­tet ist, nicht auf eine in­di­vi­dua­lis­ti­sche Moral, »der Sinn der He­er­de soll in der He­er­de herr­schen, aber nicht über sie hin­aus­grei­fen«. Er sagt aber nicht nur, daß wir für das, was die Moral seit Jahr­tau­sen­den ge­leis­tet hat, vol­ler Dank­bar­keit sein sol­len, son­dern er for­dert auch eine un­be­ding­te Hei­lig­hal­tung der bis­he­ri­gen Moral. Wer sich dar­über er­he­ben will, muß die furcht­ba­re Verant­wor­tung da­für tra­gen und sei­ne Be­rech­ti­gung dazu durch un­ge­wöhn­li­che Leis­tun­gen be­wei­sen. Pe­ter Gast schreibt dar­über: » Nietz­sche lehrt nur für Aus­nah­me-Men­schen – und für die Vor­fah­ren künf­ti­ger Aus­nah­me-Men­schen. Mit dem Vol­ke hat er Nichts zu thun; für’s Volk ha­ben tau­send »Den­ker« nach­ge­ra­de ge­nug ge­dacht – und für die Sel­te­nen fast kei­ner. In­di­rekt frei­lich, durch sol­che Aus­nah­me-Men­schen hin­durch, wird auch der Geist Nietz­sche’s in die Mas­sen drin­gen und einst die Luft von all dem Ver­wöh­nen­den, Her­un­ter­brin­gen­den, Las­ter­haf­ten uns­rer Cul­tur säu­bern: Nietz­sche ist eine sitt­li­che Macht ers­ten Ran­ges! sitt­li­cher als Al­les, was sich heu­te sitt­lich nennt!«

      Vi­el­leicht hat man auch an den Wor­ten »He­er­de«, »He­er­dent­hier« und »He­er­den­mo­ral« An­stoß ge­nom­men, er selbst fand Ver­an­las­sung, sich des­halb zu ent­schul­di­gen: »Ich habe eine Ent­de­ckung ge­macht, aber sie ist nicht er­quick­lich: sie geht wi­der un­sern Stolz. Wie frei wir näm­lich uns auch schät­zen mö­gen, wir frei­en Geis­ter – denn hier re­den wir »un­ter uns« – es giebt auch in uns ein Ge­fühl, wel­ches im­mer noch be­lei­digt wird, wenn Ei­ner den Men­schen zu den Thie­ren rech­net: des­halb ist es bei­na­he eine Schuld und be­darf der Ent­schul­di­gung, daß ich be­stän­dig in Be­zug auf uns von ›He­er­de‹ und von ›He­er­den-In­stink­ten‹ re­den muß«. Al­ler­dings hält er es nicht für nö­thig, eine Er­klä­rung da­für zu ge­ben, warum er die­se Ter­mi­ni ge­wählt hat und so reich­lich ge­braucht; ich glau­be nur des­halb, weil er selbst (wenn er es auch schalk­haft be­haup­tet) k­ei­nen An­stoß an die­sen Wor­ten ge­nom­men hat, da wir in ei­nem re­li­gi­ösen Kreis auf­ge­wach­sen sind und dort »He­er­de« und »Hirt« ohne jede her­ab­wür­di­gen­de Ne­ben­be­deu­tung ge­braucht wird.

      Auch sonst wer­den sei­ne Wor­te, die oft eine ganz neue Be­deu­tung ha­ben, viel­fach miß­ver­stan­den, z. B. »Bos­heit« und »böse«. Bei bei­den Wor­ten hat man frü­her et­was wie »tückisch« und »schlecht« emp­fun­den, wäh­rend er dar­un­ter et­was Har­tes, Stren­ges, aber auch Über­müthi­ges – je­den­falls aber eine Ge­sin­nung der Höhe be­greift. Des­halb schreibt er an Bran­des: »Vie­le Wor­te ha­ben sich bei mir mit an­dern Sal­zen in­krustirt und schme­cken mir an­ders auf der Zun­ge als mei­nen Le­sern.«

      Über die per­sön­li­che Stel­lung mei­nes Bru­ders zum Chris­tent­hum wer­de ich in der Ein­lei­tung zum X. Band, der den »An­ti­christ« ent­hält, noch ei­ni­ges Auf­klä­ren­de hin­zu­fü­gen.

      Lei­der wa­ren wir durch die Raum­ver­hält­nis­se ge­nö­thigt, den »Wil­len zur Macht« zu thei­len, noch dazu et­was un­güns­tig, in­dem die klei­ne­re Hälf­te des drit­ten Bu­ches in den X. Band kom­men muß­te. Aber die Bän­de IX und X ge­hö­ren mit ih­rem In­halt so in­nig zu ein­an­der und müs­sen durch­aus zu­sam­men ge­le­sen wer­den, so­daß es schließ­lich gleich ist, wo die Thei­lung statt­fin­det.

      Wei­mar, Au­gust 1906.

      Eli­sa­beth Förs­ter-Nietz­sche.

      (Der Plan, der uns­rer An­ord­nung zu Grun­de ge­legt wur­de, lau­tet in Nietz­sche’s Nie­der­schrift:)

      *

      Der Wil­le zur Macht. Ver­such ei­ner Um­wer­thung al­ler Wert­he.

      *

      Ers­tes Buch.

       Der eu­ro­päi­sche Ni­hi­lis­mus.

      *

      Zwei­tes Buch.

       Kri­tik der bis­he­ri­gen höchs­ten Wert­he.

      *

      Drit­tes Buch.

      

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