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man die Stra­fe mit der Emp­fin­dung, da­mit schon et­was Gu­tes zu stif­ten, man schreckt die an­de­ren ab, in die glei­che Tor­heit zu ver­fal­len. Je­der ge­straf­te Übel­tä­ter darf sich als Wohl­tä­ter der Mensch­heit füh­len.

      Zum Den­ker wer­den. – Wie kann je­mand zum Den­ker wer­den, wenn er nicht min­des­tens den drit­ten Teil je­den Ta­ges ohne Lei­den­schaf­ten, Men­schen und Bü­cher ver­bringt?

      Das bes­te Heil­mit­tel. – Et­was Ge­sund­heit ab und zu ist das bes­te Heil­mit­tel des Kran­ken.

      Nicht an­rüh­ren! – Es gibt schreck­li­che Men­schen, wel­che ein Pro­blem, an­statt es zu lö­sen, für alle, wel­che sich mit ihm ab­ge­ben wol­len, ver­fit­zen und schwe­rer lös­bar ma­chen. Wer es nicht ver­steht, den Na­gel auf den Kopf zu tref­fen, soll ja ge­be­ten sein, ihn gar nicht zu tref­fen.

      Die ver­ges­se­ne Na­tur. – Wir spre­chen von Na­tur und ver­ges­sen uns da­bei: wir sel­ber sind Na­tur, quand memê –. Folg­lich ist Na­tur et­was ganz an­de­res als das, was wir beim Nen­nen ih­res Na­mens emp­fin­den.

      Tie­fe und Lang­wei­lig­keit. – Bei tie­fen Men­schen wie bei tie­fen Brun­nen dau­ert es lan­ge, bis et­was, das in sie fällt, ih­ren Grund er­reicht. Die Zuschau­er, wel­che ge­wöhn­lich nicht lan­ge ge­nug war­ten, hal­ten sol­che Men­schen leicht für un­be­weg­lich und hart – oder auch für lang­wei­lig.

      Wann es Zeit ist, sich Treue zu ge­lo­ben. – Man ver­läuft sich mit­un­ter in eine geis­ti­ge Rich­tung, wel­cher un­se­re Be­ga­bung wi­der­spricht; eine Zeit­lang kämpft man he­ro­isch wi­der die Flut und den Wind an, im Grun­de ge­gen sich selbst: man wird müde, keucht; was man voll­bringt, macht ei­nem kei­ne rech­te Freu­de, man meint zu viel bei die­sen Er­fol­gen ein­ge­büßt zu ha­ben. Ja, man ver­zwei­fel­t an sei­ner Frucht­bar­keit, an sei­ner Zu­kunft, mit­ten im Sie­ge viel­leicht. End­lich, end­lich kehr­t man um – und jetzt weht der Wind in un­ser Se­gel und treibt uns in un­ser Fahr­was­ser. Wel­ches Glück! Wie sie­ges­ge­wiß füh­len wir uns! Jetzt erst wis­sen wir, was wir sind und was wir wol­len, jetzt ge­lo­ben wir uns Treue und dür­fen es – als Wis­sen­de.

      Wet­ter­pro­phe­ten. – Wie die Wol­ken uns ver­ra­ten, wo­hin hoch über uns die Win­de lau­fen, so sind die leich­tes­ten und frei­es­ten Geis­ter in ih­ren Rich­tun­gen vor­aus­ver­kün­dend für das Wet­ter, das kom­men wird. Der Wind im Tale und die Mei­nun­gen des Mark­tes von heu­te be­deu­ten nichts für das, was kommt, son­dern nur für das, was war.

      Ste­ti­ge Be­schleu­ni­gung. – Jene Per­so­nen, wel­che lang­sam be­gin­nen und schwer in ei­ner Sa­che hei­misch wer­den, ha­ben nach­her mit­un­ter die Ei­gen­schaft der ste­ti­gen Be­schleu­ni­gung, – so daß zu­letzt nie­mand weiß, wo­hin der Strom sie noch rei­ßen kann.

      Die gu­ten Drei. – Grö­ße, Ruhe, Son­nen­licht- die­se Drei um­fas­sen al­les, was ein Den­ker wünscht und auch von sich for­dert: sei­ne Hoff­nun­gen und Pf­lich­ten, sei­ne An­sprü­che im In­tel­lek­tu­el­len und Mora­li­schen, so­gar in der täg­li­chen Le­bens­wei­se und selbst im Land­schaft­li­chen sei­nes Wohn­sit­zes. Ih­nen ent­spre­chen ein­mal er­he­ben­de Ge­dan­ken, so­dann be­ru­hi­gen­de, drit­tens auf­hel­len­de – vier­tens aber Ge­dan­ken, wel­che an al­len drei Ei­gen­schaf­ten An­teil ha­ben, in de­nen al­les Ir­di­sche zur Ver­klä­rung kommt: es ist das Reich, wo die große Drei­fal­tig­keit der Freu­de herrscht.

      Für die "Wahr­heit" ster­ben. – Wir wür­den uns für un­se­re Mei­nun­gen nicht ver­bren­nen las­sen: wir sind ih­rer nicht so si­cher. Aber viel­leicht da­für, daß wir un­se­re Mei­nun­gen ha­ben dür­fen und än­dern dür­fen.

      Sei­ne Taxe ha­ben. – Wenn man ge­ra­de so viel gel­ten will, als man ist, muß man et­was sein, das sei­ne Ta­xe hat. Aber nur das Ge­wöhn­li­che hat eine Taxe. So­mit ist je­nes Ver­lan­gen ent­we­der die Fol­ge ein­sich­ti­ger Be­schei­den­heit – oder dum­mer Un­be­schei­den­heit.

      Moral für Häu­ser­bau­er. – Man muß die Gerüs­te weg­neh­men, wenn das Haus ge­baut ist.

      So­pho­kleis­mus. – Wer hat mehr Was­ser in den Wein ge­gos­sen als die Grie­chen! Nüch­tern­heit und Gra­zie ver­bun­den – das war das Adels-Vor­recht des Athe­ners zur Zeit des So­pho­kles und nach ihm. Ma­che es nach, wer da kann! Im Le­ben und Schaf­fen!

      Das He­ro­i­sche. – Das He­ro­i­sche be­steht dar­in, daß man Gro­ßes tut (oder et­was in großer Wei­se nicht tut), ohne sich im Wett­kamp­fe mit an­de­ren, vor an­de­ren zu füh­len. Der He­ros trägt die Ein­öde und den hei­li­gen un­be­tret­ba­ren Grenz­be­zirk im­mer mit sich, wo­hin er auch gehe.

      Dop­pel­gän­ge­rei der Na­tur. – In man­cher Na­tur-Ge­gend ent­de­cken wir uns sel­ber wie­der, mit an­ge­neh­mem Grau­sen; es ist die schöns­te Dop­pel­gän­ge­rei. – Wie glück­lich muß der sein kön­nen, wel­cher jene Emp­fin­dung ge­ra­de hier hat, in die­ser be­stän­di­gen son­ni­gen Ok­to­ber­luft, in die­sem schalk­haft glück­li­chen Spie­len des Wind­zu­ges von Früh bis Abend, in die­ser reins­ten Hel­le und mä­ßigs­ten Küh­le, in dem ge­sam­ten an­mu­tig erns­ten Hü­gel-, Seen- und Wald-Cha­rak­ter die­ser Ho­chebe­ne, wel­che sich ohne Furcht ne­ben die Schreck­nis­se des ewi­gen Schnees hin­ge­la­gert hat – hier, wo Ita­li­en und Finn­land zum Bun­de zu­sam­men­ge­kom­men sind und die Hei­mat al­ler sil­ber­nen Far­ben­tö­ne der Na­tur zu sein scheint: wie glück­lich der, wel­cher sa­gen kann: "es gibt ge­wiß viel Grö­ße­res und Schö­ne­res in der Na­tur, dies aber ist mir in­nig und ver­traut, bluts­ver­wandt, ja noch mehr."

      Leut­se­lig­keit des Wei­sen. – Der Wei­se wird un­will­kür­lich mit den an­de­ren Men­schen leut­se­lig um­ge­hen wie ein Fürst und sie, trotz al­ler Ver­schie­den­heit der Be­ga­bung, des Stan­des und der Ge­sit­tung, leicht als gleich­ar­tig be­han­deln: was man, so­bald es be­merkt wird, ihm sehr übel nimmt.

      Gold.

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