Скачать книгу

drei Teile des kriminologischen Forschungsgegenstandes geben eine sehr grobe Übersicht über relevante Themenbereiche. Einzelne Richtungen der Kriminologie konzentrieren sich in der Regel auf bestimmte Themenbereiche und betrachten diese unter einem bestimmten Blickwinkel (→ §§ 4-13). Die Themenbereiche untergliedern sich in verschiedene Forschungsfelder. So bezieht sich der Zuschreibungsbereich auf die Erfassung der Kriminalität als zählbares Merkmal sozialer Einheiten (→ §§ 15-18) wie auf die Wirkungen strafrechtlicher Sanktionen (→ § 20). Mitunter verlangt ein Thema eine bereichsübergreifende Betrachtung wie bei der Kriminalprävention und -prognose, wo die Möglichkeit der Beeinflussung individuellen Verhaltens (auch) mit Mitteln strafrechtlicher Sanktionen und begleitender Therapie von Interesse ist. Die kriminologischen Themenfelder sind um neue Bereiche erweiterbar. So hat sich, analog zur traditionell täterbezogenen Ursachenforschung strafbaren Verhaltens (→ §§ 6-13), eine gleichermaßen ätiologisch ausgerichtete, also an Ursachen interessierte, „Viktimologie“ genannte Opferforschung [15] entwickelt (→ § 18 Rn 19 ff.). Schließlich haben die kriminologischen Themenfelder Außenbezüge etwa zur Kriminalistik (→ § 1 Rn 3) und zur Kriminalpolitik (→ § 24 Rn 44 ff.).

      3

      Mit einer solchen Definition des Forschungsgegenstandes ist aber weniger gewonnen, als auf den ersten Blick scheinen mag. Denn wie jede verallgemeinernde sprachliche Kategorie benennt „Kriminalität“ keine Sachverhalte, sondern deutet sie. Die Kategorie stellt Gemeinsamkeiten her, welche keine Gemeinsamkeiten der Sachverhalte sind, sondern Verwandtschaftsbeziehungen beim Begreifen der Sachverhalte. „Kriminalität“ schreibt die Attribution „kriminell“ im Wege des strafrechtlichen Vorwurfs zu. Freilich bezeichnet die Zuschreibung dabei nicht, wie gemeinhin angenommen, direkt und unvermittelt ein von ihr unabhängig und vorgängig existentes Verhalten an sich. Vielmehr deutet die Zuschreibung selbst das Verhalten als kriminell, gibt ihm einen hinweisend bewertenden Eindruck und bettet es darin ein. Erst das sinngebende Begreifen macht das Verhalten zum kriminellen Verhalten. Die Charakteristik des kriminellen Verhaltens liegt in seiner Charakterisierung als solches.

      5

      Den Schwierigkeiten einer angemessenen Bestimmung des Forschungsgegenstandes ist die Kriminologie nicht allein ausgesetzt. Die Probleme spiegeln vielmehr den Zustand einer fortgeschrittenen Sozialwissenschaft wider, welche sich ihres reflexiven Charakters bewusst wird. Dieser besteht darin, dass diese Disziplinen die Gesellschaft und mit ihr die Sozialwissenschaft selbst als Teil der Gesellschaft zum [16]Thema haben. Die angesprochenen Probleme rühren daher, dass die in naiver Annäherung gewählte Frage nach Aufgabe und Gegenstand der Kriminologie nur eindeutig zu beantworten wäre, wenn man mit dem Erklärungsmodell annehmen könnte, der Gegenstand sei der Disziplin als eine Faktizität von Sachverhalten vorgegeben, und die Aufgabe bestünde darin, diese Faktizität zu bestimmen und zu beschreiben. Inwieweit diese Annahme zutrifft, ist umstritten und hat notwendigerweise Konsequenzen für die methodische Herangehensweise an die kriminologische Forschung.

      9

      Beim Erklären werden Geschehnisse zueinander in Bezug gesetzt, die als dinghaft gegeben und wie Naturobjekte als sinnlich wahrnehmbar verstanden werden. Das wahrgenommene Objekt prägt sich angeblich auf der Wachstafel unserer Wahrnehmung ein wie es ist und kann deshalb von jedem unter den gleichen Voraussetzungen in gleicher Weise, also objektiv, erkannt werden.

      10

      In der Gegenwart sind sowohl die erkenntnistheoretischen Voraussetzungen wie die forschungspraktischen Konsequenzen dieses positivistischen Zuschnitts der Kriminologie fragwürdig

Скачать книгу