Скачать книгу

Familie. Weißt du, wie kaputt Fiona das gemacht hat, dass sie immer, wenn sie eine schlechtere Note als fünfzehn Punkte nach Hause brachte, mit einem Superhirn verglichen wurde. Ja, Thomas ist genial, aber dafür kann er nicht zaubern. Jeder hat andere Fähigkeiten in seinen Genen. Fiona war perfekt, aber du hast sie immer kleingemacht und unter Druck gesetzt, weil du wahrscheinlich gehofft hast, dass sie ein Diamant wird. Doch du hast falsch kalkuliert, Oma. Fiona hat den Druck nicht mehr ausgehalten und ist ausgewichen. Es hat sie geradewegs in Wenningers Arme geschleudert.« Sie war selbst erstaunt, wie viel sie von alledem auf einmal ernst meinte.

      Faith sah das jedoch anders und giftete: »Zoe, halt ein einziges Mal in deinem Leben den Mund. Wir wissen beide, wer schuld ist und wer es hätte verhindern können. Abigail, du und ich! Vor uns lag dieses verdammte dämonische Buch über schwarze Magie und wir haben es ignoriert, weil es so viel leichter an diesem Abend war. Wir haben es gesehen. Wären wir nicht so egozentrisch gewesen, hätten wir ihre Entwicklung vielleicht noch aufhalten können. Weißt du noch, wer damals die Königin des Egoismus war? Richtig, du! Du warst nämlich diejenige, die festgelegt hat, dass wir das mit ins Grab nehmen!«

      »Sei still!«, kreischte Zoe. Sie hatte schreckliche Angst, dass Faith sich verplaudern könnte.

      »Dann sei du es auch. Hier geht es allen schon miserabel genug. Wenn du dich selbst belügst, dann tu das ruhig. Lügen kannst du ja besonders gut!«, konterte Faith und nickte kaum merklich zu Thomas.

      Zoe war unfassbar überfordert mit der Lage. Sie sprang auf, wobei sie gegen den Tisch stieß. Das Geschirr klirrte und die Kaffeetassen schwappten über. »Ich bin scheinbar immer das schwarze Schaf der Familie. Gebt mir die Schuld! Mir ist das scheißegal!«, schrie sie, stürmte aus dem Zimmer und sprintete die Treppen nach oben. In ihrem Zimmer warf sie sich aufs Bett.

      Eine Minute später hörte sie Schritte auf der Treppe. Die Tür zu ihrem Zimmer wurde aufgeschoben und ihr Freund streckte den Kopf herein. Er fragte, ob sie allein sein wolle. Zoe schüttelte den Kopf und setzte sich auf. Er hockte sich neben sie.

      »Was hat dir das gebracht?«, fragte Thomas. Er wirkte nicht vorwurfsvoll, nur ein wenig genervt von seiner streitsüchtigen Freundin.

      »Fiona war mir wichtig und diese Leute haben sie zu einer Schwarzmagierin gemacht«, behauptete Zoe, obwohl sie genau wusste, dass sie von allen das schwerste Päckchen zu tragen hatte.

      Thomas verdrehte die Augen. »Alle Menschen in Fionas Umfeld haben sicher eine gewisse Schuld, aber weißt du, wer die Ursache für das alles ist?! Patrick und diese Wenninger-Familie. Sie haben sie bewusst manipuliert. Ihr habt das nur nicht rechtzeitig bemerkt, um sie aufzuhalten.« Er versuchte so verzweifelt, sie und die anderen Bernauers in Schutz zu nehmen.

      Zoe konnte für seine Karriere nur hoffen, dass er sich vor Gericht dabei geschickter anstellte. Man hörte, dass er sich nicht einmal selbst glaubte. Das überzeugte keinen Richter. Sie seufzte. »Da stellt sich jetzt die Frage, was schlimmer ist. Du hast doch von Faith gehört, dass wir Fiona mit den Büchern erwischt haben. Ich mehr als einmal. Ich war aber zu sehr mit dir beschäftigt. Ich habe sie vernachlässigt, da ich sie als zu selbstverständlich gesehen habe.«

      »Dann gib mir die Schuld!«, forderte Thomas sarkastisch.

      Zoe schüttelte den Kopf. »Du kannst nichts dafür!«

      »Wie deine Familie auch. Aurora ist vielleicht ein Biest, aber zu dir ist sie nicht netter gewesen und du bist auch nicht auf Abwege geraten. Niemand hätte das ahnen können«, stellte er klar und nahm sie tröstend in den Arm.

      Wie konnte der Junge nach all dem Mist, den sie baute, immer noch so nett sein? Das war doch gar nicht möglich!

      Ihr Handy piepte und zerstörte die perfekte Stille.

      »Wolltet ihr das nicht ausstellen?«, fragte Thomas überrascht.

      »Ich halte die Unwissenheit nicht aus. Es ist schon ein Vorgeschmack auf das, was mich morgen in der Schule erwartet«, log sie. Sie hatte die Nachrichten nur überflogen. Es war zu viel Hass, dass sie es hätte ertragen können. Stattdessen war ihr Handy aus einem anderen Grund an und dieser war ihr Erpresser, denn sie hoffte, dass er ihre Aufgabe als erfüllt anerkannte und sie in Ruhe ließ. Endlich hatte sie die E-Mail erhalten.

      Hey Schauspielerin,

      ich habe euer Gespräch gehört. Es war ganz fabelhaft. Du hast meine Erwartungen übererfüllt. Ich habe so gelacht. Du solltest wirklich über eine Karriere in Hollywood nachdenken. Ich habe die Lügen, die Verzweiflung, die Trauer und die eigenen Schuldgefühle nicht gehört. Nur blinden Hass und natürlich die Arroganz, die schon immer dein Spezialgebiet war. Wenn man ganz genau hingehört hätte, hätte man bestimmt hören können, wie du mit deinem Monolog die Herzen deiner Familie gebrochen hast und in der Diskussion auf den Scherben herumgetrampelt bist. Es war wunderschön. Es hat mich überaus glücklich gemacht. Vielen Dank!

      Ich wünsche dir noch ein zauberhaftes Wochenende.

      LG Karma

      Warum war er gerade so widerlich nett? Weil er seinen Willen bekommen hatte? Glaubte er, sie würde das machen, weil sie ebenfalls Spaß daran hatte, andere zu demütigen. Sie war nicht mehr die alte Zoe. Dafür war zu viel passiert. Sie war nicht wie er. Oder etwa doch? Sie ließ grundlos Leute leiden? War das wirklich Karma?

      Plötzlich ertönte Krach von unten. Irgendjemand schrie herum. Thomas und Zoe sprangen auf und eilten die Treppen nach unten, um zu sehen, was vor ging. Als sie in der Eingangshalle ankamen, fielen ihre Blicke auf drei wütende Männer, eine Frau und ein weinendes Mädchen. Und einige Bernauers, die das Spektakel teilnahmslos beobachteten.

      »Ihr könnt mich mal. Ich bleibe hier!«, kreischte Violett und verschränkte die Arme.

      »Ganz sicher nicht, junge Dame! Es war schon so eine Schande für die Familie, aber nun, da alle wissen, was das für Kreaturen sind, sollst du unseren Ruf nicht noch weiter schädigen«, widersprach Jakob eisern.

      »Das ist meine Entscheidung, ob ich mit euch nach Hause in die Hölle gehe oder hierbleibe. Ich bin fast achtzehn!«, stellte Violett klar. Ihre Stimme klang so verzweifelt. Sie wollte um nichts in der Welt zurück zu ihren Eltern.

      »Da fehlt noch fast ein Jahr!«, erinnerte Niklas spöttisch grinsend.

      Er war so ein Ekelpaket, befand Zoe.

      »Du kommst mit, Violett, und damit basta! Diese Freaks haben dich völlig verzogen!«, beschwerte sich Nathanael und nickte seinem Sohn zu.

      Der hob seine Schwester einfach hoch und trug sie aus dem Haus. Niemand unternahm etwas dagegen. Alle sahen nur zu, wie Violett verschleppt wurde. Sie schrie und strampelte, doch niemand kam ihr zur Hilfe.

      Der Einzige, der etwas dagegen einzuwenden hatte, war Liam. Er stellte sich vor die Tür, doch er war zu schwach, um gegen drei durchtrainierte Männer und eine zu allem entschlossene Mutter etwas auszurichten. Er wurde einfach aus dem Weg geschoben, damit Niklas mit seiner um sich schlagenden Fracht das Haus verlassen konnte. Nathanael zog hinter seiner Familie die Tür ins Schloss.

      »Warum tut niemand von euch was?«, brüllte Liam und sah seine Familie vorwurfsvoll und entgeistert an.

      »Sie ist ihre Tochter. Wenn wir sie hier festhalten, können die Kramers uns der Entführung beschuldigen. Außerdem möchte ich noch einigermaßen die friedliche Koexistenz wahren. Die nächste Zeit wird schon schwer genug und sie werden die Bevölkerung sicherlich gegen uns aufbringen. Violett und du könnt euch doch in der Schule sehen«, erklärte Aurora emotionslos. Sie hatte nichts aus der Sache mit Fiona gelernt. Sie hatte einen Tag gebraucht, um wieder die Alte zu werden: kaltherzig und gleichgültig!

      Das sah auch Liam so. »Und du wunderst dich, dass Fiona gelernt hat, dich und diese verdammte Familie zu hassen«, schrie er und man hörte den Hass nur zu deutlich. Er überdeckte fast die Trauer und Verzweiflung.

      Aurora verzog das Gesicht. Holte tief Luft, stieß diese scharf wieder aus und zischte dann: »Wenn du glaubst, die Wenningers behandeln dich besser, dann bitte. Folge deiner Cousine! Dann kann uns wenigstens jemand aus der Familie

Скачать книгу