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meine Wange hinunter zu kullern.

      »Das will ich stark hoffen.« Er lachte hämisch.

      »Da- Darf ich meinen Vater denn wenigstens kurz sprechen?«, flehte ich.

      »Sobald du deinem Ziel näher bist.«

      Hatte dieser Kerl eigentlich ein Herz? Ich schluckte verzweifelt, um nicht auf der Stelle in Tränen auszubrechen.

      »Ich ruf wieder an, und dann will ich Ergebnisse.« Mit diesen Worten beendete er das Telefonat.

      Sofort sank ich zu Boden und lehnte mich gegen den Schrank. Mein Gesicht vergrub ich heulend in meinen Armen.

      Wieso hatte er mich und nicht irgendjemanden ausgesucht, der wenigstens eine Chance bei Cody gehabt hätte? Warum hatte er nicht Jessica ausgewählt? Was wollte er von Cody und wieso antwortete mir nicht endlich jemand auf meine ganzen verdammten Fragen?

      Nachdem ich mich wieder etwas beruhigt hatte, zeichnete ich ein Portrait von meinem Vater. Vielleicht würde es mich ja trösten, wenn ich ein Bild von ihm, neben den Fotos meiner Mutter und mir, platzierte.

      Mir fiel auf, dass sich meine Zeichenkünste in den letzten Jahren stark verbessert hatten. Aber was sollte man in einer Psychiatrie auch schon anderes machen, außer zeichnen?

      Wenn ich das Bild so betrachtete, fielen mir aber schon noch ein paar Fehler auf. Die Nase sah noch etwas krüppelig aus und die Gesichtsform auf dem Papier ähnelte der meines Vaters auch noch nicht so ganz. Na ja, was sollte es, Übung machte den Meister.

      Plötzlich fing mein Bauch jämmerlich an zu brummen. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass die Cafeteria nur noch eine halbe Stunde geöffnet hatte. Eilig sprang ich vom Stuhl auf.

      Als ich die Cafeteria betrat, sah ich mich suchend nach Laura und Isabelle um, die nirgends zu sehen waren. Nicht einmal Josh ließ sich auftreiben. Eigentlich hatte ich gehofft, sie trotz der späten Uhrzeit hier noch zu treffen, aber anscheinend waren sie schon fertig. Mist! Ich sehnte mich nach Ablenkung. Aber wenigstens waren Jessica und ihre Freundinnen auch nicht da.

      Enttäuscht und beruhigt zugleich, nahm ich mir ein Nutella-Brot und ein Glas Wasser und setzte mich an unseren üblichen Tisch. Mir war zum Glück nicht mehr schlecht von dem Bananensaft, doch dafür hatte ich leicht juckende, rote Flecken.

      »Hey, hab das von dir und Jessica heute Mittag gehört.« Josh setzte sich auf den Stuhl gegenüber von mir.

      Anscheinend war ich doch nicht so allein. Allerdings bekam ich Gänsehaut, wenn ich an Jessicas Worte heute auf der Toilette dachte. Automatisch sah ich mich jetzt doch noch mal nach ihr oder ihren zwei Freundinnen um, die aber wirklich nicht da zu sein schienen.

      Josh sah mich grinsend an. »Du hast Angst vor ihr, oder?«

      »Das war keine Absicht«, fauchte ich leicht genervt.

      »Sorry.« Er verdrehte die Augen.

      »Nein, mir tut es leid. Ist gerade alles ein bisschen viel, so als Neue«, entschuldigte ich mich.

      »Nehm ich dir nicht übel«, sagte er mit einem Zwinkern.

      Ich überwand mich zu einem halbherzigen Lächeln.

      Es herrschte eine Zeit lang Schweigen. Außerdem bemerkte ich, dass er mich die ganze Zeit anstarrte, so als hätte ich irgendwas im Gesicht kleben. Ohne ihn darauf anzusprechen, aß ich erst mein Brot zu Ende.

      Nach einer Weile hielt ich seinen komisch bohrenden Blick aber nicht mehr aus. »Ist was?«, fragte ich schmatzend.

      »Ich glaub dir ist noch gar nicht bewusst, in was für Schwierigkeiten du eigentlich steckst.« Er schüttelte den Kopf.

      Ich schluckte. »Warum?«

      »Na Jessica! Es war ein Fehler sich mit ihr anzulegen. Sie kennt keine Gnade«, warnte er.

      »Danke«, murmelte ich zynisch. »Du weißt, wie man jemanden den Neueinstieg richtig angenehm macht.«

      So elegant wie möglich stand ich auf und schlenderte in Richtung Geschirrwagen. Er erhob sich ebenfalls und lief mir hinter her.

      »Glaub mir, sie ist gefährlich. Du kennst sie nicht.«

      »Ich stellte das Geschirr ab und tat so, als würde mich das gar nicht interessieren und ging zum Ausgang.

      Sie hat es sogar schon geschafft, dass ein Mädchen ihretwegen von der Schule geflogen ist.«

      Er trottete mir immer noch hinterher. Allmählich wurde es lästig.

      »Wieso erzählst du mir das alles?« Ich kniff meine Augen zu einem Schlitz zusammen und musterte ihn mit einem scharfen Blick.

      Er zuckte die Schultern. »Ich wollte dich nur warnen. Mit ihr ist echt nicht zu spaßen.«

       Kapitel 8

      Fluchend schlug ich meinen Wecker aus. Ich hatte absolut keinen Bock aufzustehen.

      Ich hatte furchtbar geträumt, schlecht geschlafen und wenn ich an die Strafarbeit dachte, kam mir der Bananensaft gleich wieder hoch.

      Wieso musste mir gestern auch ausgerechnet Jessica im Weg stehen? Hätte es nicht wenigstens jemand sein können, der nicht ganz so erbarmungslos war, wie sie?

      Genervt stand ich auf, duschte und zog mich an.

      Wenigstens hatte ich keine roten Flecken mehr. Das hätte mir gerade noch so gefehlt. Mein müdes Gesicht mit den dunklen Ringen reichte schon.

      Danach trottete ich so unmotiviert wie immer, in die Cafeteria und nahm mir ein belegtes Eierbrötchen mit zum Platz. Völlig übermüdet ließ mich auf den Stuhl neben Isabelle fallen. Josh und Laura saßen mir gegenüber und sahen mich so an, als hätte sich gerade eine Vogelscheuche vor ihnen platziert. Das konnte ich ihnen bei meinem heutigen Aussehen nicht übel nehmen.

      »Da hat wohl jemand eine harte Nacht hinter sich«, bemerkte Josh, der mich über seine Tasse hinweg beobachtete.

      Nickend gähnte ich.

      Sofort hielt sich auch Laura die Hand vor den Mund und gähnte ebenfalls. »Sobald ich irgendjemanden gähnen sehe, muss ich mitgähnen«, erklärte sie uns.

      »Kenn ich.« Josh lachte und machte es ihr prompt nach.

      Gespannt guckten wir nun alle Isabelle an.

      »Ich kann das Gähnen ganz gut unterdrücken.« Sie grinste und dann begannen wir alle zu lachen.

      Doch unvermittelt blieb mir mein Lachen quasi im Hals stecken, denn plötzlich stand Jessica vor uns.

      Sie stützte sich mit beiden Armen auf unserem Tisch ab und schaute böse in die Runde, bis ihr Blick schließlich an mir haften blieb.

      »Wenn Blicke töten könnten, wäre Jessica deine Mörderin, Lissa«, bemerkte Josh und seine schneeweißen Zähne blitzten in seinem dunklen Gesicht auf.

      Isabelle warf ihm einen warnenden Blick zu. Jetzt war nicht der passende Zeitpunkt für Späße.

      Entschuldigend hob er die Hände. »Bin ja schon ruhig.«

      »Du miese kleine Zicke! Glaubst du ernsthaft, du wärst was Besseres?«, fuhr mich Jessica an.

      »Das denken wir alle«, murmelte Josh, während er sich gleichzeitig räusperte und dann einen Hustenanfall vortäuschte.

      Auch wenn es niemand von uns wollte, mussten wir kichern.

      »Pass auf was du sagst!«, brüllte Jessica jetzt Josh an.

      »Oh nein, jetzt pass du mal auf, Jessica.«

      Das war spannender als jeder Harry Potter Film. Ich wusste, dass es eigentlich mein Streit war, aber leider war ich nicht so mutig wie Laura, die aufgestanden war und sich jetzt mit Jessica anlegte.

      »Du bist eine arrogante, verwöhnte und unbeliebte Ziege. Jetzt halt endlich dein Maul und geh zurück in den Zoo«, zischte meine Freundin

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