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hastig das nächste Stück hinunter, "dasch in der Schube scheht." Paul verstand kein Wort, er schüttelte verständnislos den Kopf und ging in die Stube. Es war der Fernseher, der ohne Ton eingeschaltet war. Das waren also die Stimmen gewesen. Er griff nach der Fernbedienung und schaltete ihn aus. "Und", rief Paul, "ist irgendetwas passiert, was ich wissen müsste?" Ein leises Tapsen kam vom Flur in die Stube. "Ich habe nichts in Brand gesetzt, wenn Du das meinst?"

      "Und die schlechte Nachricht?", fragte Paul, weil es einfach zu schön klang, um wahr zu sein.

      "Eine schlechte Nachricht?", überlegte der Drache sehr übertrieben.

      "Na, los, spuck es schon aus!" Der Drache blickte ihn überrascht an. ,,Spucken? Warum soll ich spucken?"

      "Ach, das ist doch nur so eine Redensart. Du sollst sagen, was passiert ist."

      "Eigentlich nichts", sagte der Drache und schenkte ihm ein breites Grinsen. Doch Pauls Gesicht blieb ernst.

      "Was heißt eigentlich nichts? Sag es und zwar sofort!", befahl er mit eisiger Miene. Der Drache schnaufte. "Bist Du denn nicht froh, dass ich kein Feuer gespuckt habe? Ich war nahe dran, aber ich habe durchgehalten. Und außerdem ..." Er brach ab, weil Paul keine Regung zeigte. "Also gut", sagte er und gab auf. "Dein Vermieter ist hoch gekommen und wollte unbedingt mit Dir sprechen. Zuerst hat er wie ein

      Wahnsinniger geklingelt, dann wie ein Verrückter gegen die Tür gehämmert und schließlich wie ein Besessener ..."

      "Schon gut", lenkte Paul ein und hob die Hand. "Aber warum hat er das getan?"

      "Ich schätze mal, weil ich ihn nicht hereingelassen habe, was Du mir ja ausdrücklich verboten hattest." Paul wandte sich von ihm ab und schaute aus dem Fenster. Ein paar seltsam dunkle Wolken zogen über den tiefblauen Himmel. "Es gibt sicher gleich Regen", murmelte er. "Ist nur komisch, dass sie für das Wochenende nur Sonne vorausgesagt haben." Dann verzog sich sein Mund zu einem Grinsen, und schließlich musste er los lachen. Ihm war auf einmal alles egal. Er stellte sich vor, wie sein Vermieter oben an seiner Tür stand und mit den Fäusten gegen sie gehämmert hatte. Sicher war er wegen der Kündigung gekommen und hatte gedacht, dass er dagewesen war. Paul prustete vor Lachen und schlug sich dabei wie wild auf die Schenkel. Der Drache war verwirrt. Er wusste nicht, was er davon halten sollte und machte sich vorsichtshalber schnell unsichtbar. Nach einer Weile hatte sich Paul wieder unter Kontrolle und ließ sich erschöpft in seinen Sessel sinken. "Bist Du jetzt wieder normal?", fragte der Drache.

      "Ja, ich bin wieder normal. Sag mal, wie heißt Du eigentlich?"

      "Wie ich heiße?", wiederholte der Drache und wurde langsam sichtbar.

      "Ja, Deinen Namen", sagte Paul. "Also, ich heiße Paul, und Du?"

      "Ich habe keinen Namen", erwiderte der Drache. Paul warf ihm einen überraschten Blick zu. "Was hältst Du davon, wenn wir Dir einen suchen?"

      "Suchen?", fragte der Drache überrascht und schnüffelte auf dem Boden herum.

      "Was machst Du denn da?"

      "Na, ich suche einen Namen." Paul lachte und erhob sich von seinem Sessel. "Nein, die liegen nicht auf der Erde herum." Der Drache hörte auf zu schnüffeln und hob den Kopf. "Namen", sagte Paul, "kann man weder riechen noch essen.“ "Denkst Du etwa, ich bin blöd?"

      "Nein natürlich nicht“, sagte Paul, "ich meinte ja nur."

      "Na dann ist´s ja gut", sagte er und sah ihn schief an. "Du meinst also, ich soll einen Namen bekommen?"

      "Aber ja, warum denn nicht? Mal überlegen", sagte Paul. "Ich hab`s", rief der Drache, "wie wäre es denn mit Lassie oder Flipper?" Paul musste erneut lachen. "Das hast Du also gesehen, während ich fort war", lachte er. "Nein, so heißen vielleicht Hunde oder Fische, aber keine Drachen. Wie wäre es denn mit Dragon?"

      "Dragon?" Der Drache wiegte seinen Kopf hin und her. "Hhm, gefällt mir irgendwie. "Drrr... Dragon", rollte er das "r“. "Hhm, ich glaube, er gefällt mir sogar sehr."

      "Na prima", freute sich Paul. "Dann heißt Du von jetzt ab Dragon."

      "Abgemacht", sagte der Drache und wedelte vor Freude mit seinem Schwanz. "Du, sag mal, was bedeutet der Name eigentlich?"

      "Er bedeutet nichts anderes als Drache, nur in einer anderen Sprache", erklärte Paul und blickte zum Fenster. Der Himmel hatte sich nun fast ganz zugezogen. "Ein Unwetter mitten im Sommer?", sagte er überrascht.

      "Nein", widersprach Dragon zitternd, "ein Unwetter ist das sicher nicht."

      "Aber ja, was sollte es denn sonst sein?", sagte Paul und ging zum Lichtschalter. "Du brauchst keine Angst zu haben, das passiert hin und wieder mal. "He, wo bist Du?", sagte er, nachdem er das Licht wieder angeschaltet hatte.

      "Immer noch da, nur unsichtbar", wimmerte er.

      "Ich verstehe ja, dass Du Angst hast", deutete er zum Fenster, "aber ..." Er brach ab und starrte nach draußen. "Das ist ja unglaublich", flüsterte er. Wie eine Schwarze Wand, hatte sich das Dunkle auf die Scheibe gelegt. So etwas hatte Paul noch nie gesehen. Er zögerte kurz, dann beschloss er, das Fenster zu öffnen. Seine Hand hatte sich schon um den Griff gelegt, als er plötzlich zurückgerissen wurde. "Hey Dragon, was soll das?"

      "Du darfst das Fenster auf gar keinen Fall öffnen, sonst kommen sie herein und töten uns."

      "Du spinnst doch. Was für einen Horrorfilm hast Du Dir denn angesehen? Jetzt lass den Unsinn und mach Dich wieder sichtbar!" Das Licht flackerte, ging aus und sofort wieder an. "Na bitte", sagte Paul, "das ist echt typisch für Blitz und Donner. Als Kind hatte ich davor auch Angst."

      "Nur, dass es diesmal keinen Blitz und Donner gab", bemerkte Dragon. Er hatte recht, es war weder das eine noch das andere zu hören. Dann prasselte es plötzlich auf das Dach und gegen die Scheibe. "Ha und was ist das?" rief Paul triumphierend. "Etwa böse Geister?" Doch er bekam keine Antwort. "Ich sage es Dir, es ist ein heftiger Regenschauer." Er hatte es noch nicht ganz ausgesprochen, als es schlagartig wieder aufhörte. "Das war aber echt kurz", wunderte sich Paul. "Gleich wirst Du sehen wie schnell es wieder hell da draußen wird."

      "Das glaube ich nicht", sagte Dragon, und tatsächlich - die Dunkelheit wollte nicht weichen. So langsam bekam auch Paul ein mulmiges Gefühl. Doch das wollte er vor dem Drachen nicht zugeben. Die Stille wurde unerträglich. "KNALL!"

      Irgendetwas war mit voller Wucht gegen die Scheibe geflogen. Reflexartig sprang Paul zurück und riss die Arme hoch, um sich vor herumfliegenden Glassplittern zu schützen. Aber es geschah nichts, die Scheibe blieb heil. Dann bebte plötzlich die Stube und er wurde zu Boden gerissen.

      "Und was war das jetzt?", rief Dragon in wilder Panik und wurde sichtbar.

      "Wie soll ich das denn wissen?"

      "Aber ich", antwortete Dragon. In dem Moment kippte der Fernseher, dem Paul noch in letzter Sekunde ausweichen konnte, mit einem lautem Krach zu Boden. "Also gut", stöhnte Paul, "dann sag, was es war." Er kroch auf allen Vieren zu ihm und erschrak. Irgendetwas hatte den Drachen getroffen, der nun leblos vor dem Regal lag, das drohte auf ihn zu fallen. Ohne lange zu überlegen packte er ihn am Schwanz und zog ihn mit sich unter den Tisch. Gerade hatte er es geschafft, als die ganze Einrichtung über ihnen zusammenstürzte. Dann hörte das Beben auf. Es war einzig und allein der schwere Eichentisch, der ihnen das Leben gerettet hatte. Paul beugte sich über den Drachen, der immer noch regungslos da lag. "He Dragon, was ist los mit Dir?" Plötzlich klopfte es am Fenster. "Das ist sicher die Feuerwehr", sagte Paul mit tiefster Erleichterung. "Nein", sagte Dragon und schlug die Augen wieder auf, "das sind die verfluchten Schattenmonster." "Schattenmonster", fragte Paul und sah ihn ungläubig an. "Ja", versicherte Dragon und wunderte sich darüber, dass er unter dem Tisch lag. "Nur seltsam", sagte er, "dass sie noch nicht zu uns hereingekommen sind."

      "Du hast recht", stimmte ihm Paul zu, "eigentlich hätte die Scheibe schon längst kaputt sein müssen." "KLIRR! SPLITTER!", drang es plötzlich aus der Küche. "Zu früh gefreut", flüsterte Dragon zähneklappernd. "Jetzt haben sie es doch geschafft."

      "Vielleicht finden sie uns ja nicht", beruhigte ihn Paul,

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