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war.

      Irgendwann ging die Türe auf. Ein Mann mit Vollbart im Arztkittel kam herein. Zunächst bemerkte er mich nicht, hantierte mit Spritzen herum. Als er herumfuhr, traf es ihn wie ein Schlag.

      „Mein Gott!“, rief er. „Was machen Sie denn hier?“

      „Ich warte auf Sie. Darf ich mich vorstellen...“

      „Aber warum sind Sie nackt? Jesus Maria!“

      „Damit Sie mich untersuchen können.“

      „Aber es reicht doch, wenn Sie die Brust freimachen. Was ist denn in Sie gefahren?“ Er stemmte die Hände in die Hüften, seine Überrumpelung wich langsam einer Art Empörung.

      „Ihre Assistentin, die Krankenschwester. Sie hat mir befohlen, mich auszuziehen.“

      „Meine Assistentin? Krankenschwester?“ Er zwirbelte den Bart. „Schön, wenn mir Herr Steigbügel so etwas bezahlen würde. Wer hat Sie hier rein gelassen?“

      „Die Krankenschwester. Die dunkelhaarige Frau, die Sie hier beschäftigen!“

      „Ich beschäftige hier niemanden!“, brüllte er. „Und schon gar keine Frau.“

      „Sie hatte roten Lippenstift, einen kurzen Rock, große Brüste.“

      Der Arzt schlug sich an den Kopf. Plötzlich lachte er auf: „Ich kann mir schon denken, wer das war.“

      „Wer?

      Er lachte noch lauter. Er lachte mich aus. „Eine der Damen, die Herr Steigbügel immer kommen lässt. Ja, es muss eine dieser Damen gewesen sein“, prustete er in seine Gesichtswolle.

      „Was für eine Dame?“

      „Stellen Sie sich nicht blöd.“

      „Und was hat sie hier gemacht?“

      „Sie hat sich wohl auf ihre nächste Rolle vorbereitet.“

      Während er weitere Vorkehrungen traf, zog ich mich an, ließ aber mein Hemd offen, dass er meinen Brustkorb abhören konnte. Als er sich mir zuwendete, streckte er die Hand aus: „Ihren Impfpass bitte.“

      „Meinen Impfpass?“

      „Sind Sie schwer von Verstand? Das Heftchen mit den Informationen über ihre Impfungen.“

      „Habe ich nicht dabei.“

      „Haben Sie nicht dabei? Haben Sie nicht dabei?

      „Keiner hat mir gesagt, dass ich...“

      „Dann wird alles sehr viel länger dauern“, schnitt er mir das Wort ab. „Dann müssen wir Blutuntersuchungen machen. Solange noch Ansteckungsgefahr besteht, können wir Sie nicht zu Herrn Steigbügel lassen.“

      „Ausgezeichnet“, sagte ich voll bitterer Ironie und ließ den Kopf hängen.

      „Machen Sie sich frei“, forderte der Arzt mich auf und stülpte sich Handschuhe über.

      „Wie jetzt? Doch wieder freimachen?“

      „Ja. Ich muss Ihnen Blut abnehmen.“

      Als ich die Hose ausziehen wollte, herrschte er mich an: „Nur den Oberkörper! Danke!“

      „Den ganzen Oberkörper?“

      Er ging nicht auf die Frage ein, sondern zog schon die Spritze auf.

      Nachdem er genügend Adern, Venen und Arterien gefunden und mir Unmengen Blut abgenommen hatte, lag ich kraftlos auf der Liege und schnappte nach Luft.

      „So, das muss jetzt alles ins Labor“, hörte ich ihn vor sich hinmurmeln, während sich bei mir Ausgelaugtheit und Schmerz die Waage hielten. Das halogene Behandlungszimmerlicht stach so sehr, dass ich die Augen geschlossen halten musste.

      Er ging hinaus und sagte mir, dass ich doch im Wartezimmer warten solle. Ich konnte ihn nicht mehr fragen, wie weit denn das Labor entfernt war.

      Die Stunden vergingen und ich konnte mich nicht rühren. Das schreckliche Licht war immer noch an. Immer wieder schlief ich kurzzeitig, nur um von Traum wieder zu Alptraum zu wechseln.

      Ich verspürte einen Luftzug.

      „Sie sind ja immer noch da!“

      „Ja. Ich...“

      „Das ist mein Arbeitszimmer. Gehen Sie bitte.“

      Gehen war das Problem.

      Ich raffte mich auf. Im Wartezimmer las ich uralte Illustrierte, unerhörte Gerüchte auch über Schrifttellerkollegen, aber meine Konzentration war so schlecht, dass mir das alles egal war.

      Dann bekam ich unendlichen Hunger.

      Es gab einen Snackautomaten im Wartezimmer, aber die Schokoladenriegel waren von einer Marke, die vor vier oder fünf Jahren vom Markt genommen worden war.

      Schließlich kam der Arzt herein. Er strahlte: „Alles bestens. Keine Krankheiten. Aber das mit dem billigen Koks sollten Sie lassen. Da gibt es weitaus reinere Sorten.“

      „Koks?“

      „Kokain.“

      „Ja, klar. Aber...“

      „Sie haben doch Blutgruppe A?“

      „Nein. Blutgruppe Null.“

      „Dann vergessen Sie's.“

      Ich fragte Ihn, ob ich etwas essen könne. Natürlich könne ich jetzt etwas essen, aber von ihm dürfe ich nichts erwarten. Wo komme man da hin, wenn er nun auch noch Herrn Steigbügels Gäste bewirten müsse. Ich bekam von ihm einen Papierzettel und einen Ausweis über meine geringe Ansteckungsgefahr, und schleppte mich daraufhin aus der kleinen Klinik. Draußen taumelte ich und fiel einem der Wachmänner in die Arme. Bei Wasser und Brot in der Wachstube kam ich wieder zu Kräften. Man teilte mir mit, dass in meinem Auto keine Bomben gefunden worden seien. Ich nahm es mit Freude zur Kenntnis. Man sagte mir, dass das Zusammenbauen von Autos gewöhnlich 43mal so lange dauere, wie ihr Auseinandernehmen. Aber man habe noch einen alten VW-Käfer irgendwo stehen, den könne man mir vorübergehend leihen. Nächsten Monat könne ich mein Fahrzeug dann wieder abholen. Ich sagte ihnen, wie liebenswürdig das doch von ihnen sei und stellte mir meinen Wagen vor, der vor lauter Flickschusterei beim Einsteigen auseinanderfiel.

      Erfrischt aus der Wachstube getreten, wurde ich erstmals der riesigen Villa gewahr, die sich vor mir am Ende eines Exerzierplatzes erhob. Sie war strahlend weiß und verfügte über zwei Flügel, die sie rechts und links in einen klassizistischen Garten breitete. Krähen zogen über dem herrschaftlichen Zuhause von Herrn Steigbügel ihre Kreise. Die Wolken waren steinern und es ging ein empfindlicher Wind. Kurz bevor die ersten Regentropfen niedergingen, war ich auf dem Steinpflaster an den Zierhecken vorbei zum großen Portal gelaufen. Mein Anzug war zerknittert, meine Jacke für einen längeren Aufenthalt draußen bei diesem Wetter zu dünn. Ein Windstoß ließ mich erzittern. Ich läutete an einer altmodischen Ziehklingel.

      Ein Diener im klassischen Butlerkostüm öffnete mir. Er sah mich froh an. „Herr Steigbügel erwartet Sie schon.“

      „Musste er lange warten?“

      „Er wusste über alles Bescheid. Wir haben die Verzögerung eingerechnet. Schließlich muss er sich gegen alles wappnen.“

      Umgehend reichte ich ihm meine Jacke. Endlich war ich im Allerheiligsten.

      Ich folgte dem Butler auf Geheiß durch die Flure des von Marmor dominierten Anwesens. Er hatte dunkles, streng gescheiteltes pomadisiertes Haar und unter seiner schwarz-gelben Weste wölbte sich ein leichter Bauch. Mitten im Laufen hielt er inne und drehte sich um: „Entschuldigen Sie, ich habe mich gar nicht vorgestellt: Mennering.“

      „Angenehm. Mein Name ist...“

      „Ahh. Mein Gast“, ertönte es in meinem Rücken.

      „Ich kenne Ihren Namen“, flüsterte mir Mennering zu.

      „Mennering,

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