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und es war nie so, wie mit dir!“, antwortete er, zog ihn in seine Arme und küsste ihn zärtlich. „Glaube mir!“ Amanoue sah ihn skeptisch an und zuckte kurz mit den Schultern. „Gut! Ich glaube Euch!“,

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      sagte er versöhnlicher. „Bitte, lasst mich wieder mit Eurer Wache reiten“, bat er dann einschmeichelnd. „Im Wagen wird mir schlecht und ich bin fast den ganzen Tag gelaufen! Meine Füße tun so weh“, jammerte er bettelnd. Henry war inzwischen aufgestanden und zum Tisch gegangen. Sebastian und die zwei jüngeren Diener kamen herein und begannen, das Abendmahl aufzutischen. Amanoue blieb niedergeschlagen auf dem Bett sitzen und sah immer noch flehend zu Henry, doch der blickte zum Zelteingang. Herzog Richard, der General, die beiden Hauptleute Falco und Matheo, Graf Satorius und sein Sohn, betraten nacheinander das Zelt und verbeugten sich alle, vor ihrem König. „Setzt Euch“, rief Henry gutgelaunt, „wir haben heute etwas zu feiern! Als erstes, möchte ich mit Euch darauf trinken, dass wir endlich wieder in Austrien sind!“, sagte er, hob seinen Pokal, prostete ihnen zu und Henrys Gefolgsleute erwiderten lautstark den Trinkspruch. „Auf Austrien! Hoch lebe unser König!“, riefen sie im Chor, verbeugten sich alle nochmals vor ihm, leerten ihre Becher und setzten sich. Dann begannen sie zu essen und Henry ließ ihnen reichlich Wein nachschenken. Bald scherzten und lachten sie ausgelassen, wie in Magiyar, der Stadt, in der sie gemeinsam im Freudenhaus gewesen waren und Henry schien Amanoue völlig vergessen zu haben. Er prostete immer wieder Satory zu, sah ihm dabei tief in die Augen und auch der junge Hauptmann erwiderte dessen Blicke und lächelte ihn dabei charmant an. Amanoue saß noch eine Zeitlang bewegungslos da und beobachtete sie still. Er war so hungrig und durstig und der Duft des gebratenen Fleisches wehte verlockend zu ihm herüber. Schließlich rutschte er in die Mitte des Bettes, kroch unter die Fuchsfelldecke und rollte sich zusammen. `Ich bin eben doch nur eine Hure, für ihn´, dachte er noch traurig, bevor er langsam eindöste. Immer wieder schreckte er auf, geweckt durch ihr lautes Lachen und Grölen, bis er endlich in einen tiefen, aber unruhigen Schlaf hinüberglitt. Henry klopfte plötzlich mit seinem Speisemesser, gegen seinen goldenen Trinkpokal. „Meine Herren!“, rief er, „darf ich einen Augenblick, um eure Aufmerksamkeit bitten!“ Alle sahen den König mehr oder weniger angeheitert an. „Bitte, meine Freunde! Seid doch einen Moment still! Ich habe euch etwas mitzuteilen! Wie ihr wisst, ist mein Schwiegervater, Gott sei seiner armen Seele gnädig, vor einiger Zeit von uns gegangen!“ Sie prosteten sich wieder zu und ließen den toten Schwiegervater hochleben. „Pscht!“, machte Henry und unterstrich es noch mit einer energischen Handbewegung, „verdammt! Seid doch mal still, kindisches Volk! Was wollte ich sagen? Ach ja! Also gut, ihr wisst, dass mit seinem Tode, das Herzogtum Savoyen an die Krone gefallen ist.“ Er machte eine kurze Pause und klopfte nervös mit seinem Zeigefinger auf die Tischplatte, „nun, ich ernenne hiermit Graf Satorius, zum Dank für seine treuen Dienste dem Königshaus gegenüber, zum neuen

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      Herzog von Savoyen!“ Augenblicklich herrschte eine Totenstille, nur der junge Satorius lächelte und stand beinahe zeitgleich mit seinem Vater auf. Beide kamen um den Tisch herum, traten vor den König hin und verbeugten sich tief. „Eure Majestät“, sagte der Graf, „ich weiß nicht, wie ich Euch danken soll! Welche Ehre, für das Haus Satorius!“, meinte er, doch Henry lächelte nur Satory an. Der beugte tatsächlich ein Knie vor dem König, küsste ihm die Hand und sah ihm dabei frech in die Augen. Henry lachte auf und entzog ihm seine Hand kopfschüttelnd. „Steht auf, Satory, selbst jetzt noch, versucht Ihr mich zu verspotten! Setzt Euch wieder, oder ich überlege es mir noch einmal! Euer Sohn ist wirklich unverbesserlich, Herzog Satorius!“, sagte er und lächelte den an. Satorius verbeugte sich kurz und nickte Henry zu. „Wie Ihr meint, Eure Majestät“, antwortete er kalt und beide setzten sich wieder auf ihre Plätze. Herzog Richard sah seinen Neffen an, als ob er einen Verrückten vor sich hätte, doch Henry erhob erneut seinen Weinbecher und rief: „Lasst uns auf das Wohl des neuen Herzogs von Savoyen, dem edlen Satorius und seine Familie trinken!“ Sie erhoben mehr oder weniger zögernd ihre Becher und prosteten dem neuen Herzog zu. Einen Moment war es wieder still und sie hörten Amanoue in diesem Augenblick gequält aufstöhnen. Er wimmerte fast, wälzte sich hin und her und sprach dabei, geradezu flehend, immer wieder die gleichen Worte auf asconisch. Außer Satory konnte ihn niemand verstehen, der junge Hauptmann schloss seine Augen und schüttelte leicht den Kopf dabei. „Oh Gott“, sagte er leise und legte eine Hand an die Stirn. Henry sah ihn an. „Ihr könnt ihn verstehen? Was sagt er da?“, fragte er überrascht. Satory öffnete seine Augen und sie waren tränenfeucht. „Er ruft nach seinem Vater und bittet ihn um Hilfe“, sagte er stockend, „bitte, Vater, hilf mir doch, bitte, so helfe mir doch! Wo bist du nur, Vater?“, übersetzte er Amanoues Worte und schnaufte tief durch. „Und dann fleht er immer wieder darum, aufzuhören. Ich denke, er träumt gerade davon, wie er gefangen genommen wurde und allem Anschein nach, wurde er dabei missbraucht.“, fuhr er fort und atmete erneut entsetzt durch. Sein Vater legte ihm seine Hand auf den Arm und drückte ihn kurz. „Sebastian, geh und wecke ihn auf, das ist ja schrecklich mitanzuhören“, raunte Henry sichtlich bestürzt. „Na dann, war er wohl gar nicht mehr unberührt“, meinte Richard kalt, „die haben dich, glatt, übers Ohr gehauen, lieber Neffe!“ Henry sah seinen Onkel mit zusammengekniffenen Augen an und schüttelte fassungslos seinen Kopf. „Vielleicht ist er ja der Sohn eines reichen Kaufmannes und ihre Karawane wurde überfallen.

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      Das kommt oft vor, im Grenzgebiet zu Tiranien“, meinte Hauptmann Satorius nachdenklich. „Kann er sich denn wirklich, an gar nichts erinnern?“ Henry sah wieder zu ihm hin. „Nein, ich habe mit Gregorius über ihn gesprochen und der meint, er würde es verdrängen. Alles, seine gesamte Vergangenheit, ist weg. Aber manches Mal, scheint er sich wie selbstverständlich, an etwas zu erinnern. Er kann lesen und schreiben, besser als ich. Könnt Ihr Euch das vorstellen?“ „Nun, Henry, du hast dir ja auch nie die Mühe gemacht, es zu lernen! Bist lieber, mit deinem Bruder zur Jagd gegangen“, spottete sein Onkel wieder und Henry warf ihm einen missbilligenden Blick zu. Sebastian war inzwischen nach hinten gegangen und rüttelte Amanoue sanft an den Schultern. „Wach auf“, sagte er leise und beruhigend, „ist ja gut!“ Amanoue fuhr dennoch erschrocken auf und sah ihn verwirrt an. „Wer seid Ihr? Wo bin ich? Vater?“, murmelte er noch immer auf asconisch und Sebastian sah ihn verständnislos an. „Was redest du da? Ich kann dich nicht verstehen, Kind! Sprich austrisch, mit mir, hörst du?“, erwiderte der alte Diener. Amanoues Blick irrte verwirrt im Zelt umher. Wieder sprach er asconisch und schlug schluchzend beide Hände vor sein schönes Gesicht. „Was sagt er jetzt?“, wollte Henry von Satory wissen. „Ich kann es auch nicht, so richtig verstehen. Er spricht einen starken Dialekt, wie aus dem Süden Asconiens und völlig wirr, Eure Majestät.“, antwortete der, erhob sich, ging hinüber zum Bett und setzte sich. „Amanoue, ich bin es, Satory“, sagte er sanft auf asconisch und nahm dessen Hand. „Es ist alles gut, Ihr seid hier in Sicherheit. Niemand will Euch etwas Böses antun“, versuchte er ihn zu beruhigen und Amanoue sah ihn traurig an. „Sie sind alle tot“, schluchzte er, „und die, die mit mir überlebt haben, sind alle fort! Der Fürst hat mir die Kette weggenommen und weggeworfen, damit sie mich nicht erkennen. Niemand, darf erfahren, wer ich bin, sagte er und dann haben sie ihn getötet, weil er mich beschützen wollte. Sie haben mir so wehgetan und mich immer wieder geschlagen dabei und nun sind alle fort!“, rief er verzweifelt, stand auf und lief verwirrt auf und ab. Satory erhob sich und folgte ihm vorsichtig nach. „Sebastian, lass Gregorius holen! Sofort“, befahl der König und blickte wieder Satory an. „Majestät“, der junge Hauptmann hob die Schultern, „wie gesagt, ich kann nicht alles verstehen, oder werde nicht recht schlau daraus, er spricht von einem Fürsten, den irgendjemand getötet hat und von einer Kette, die man ihm abgenommen hätte und dass alle weg oder tot sind! Vielleicht war er ja da schon ein Gefangener und lag in Ketten? Und dieser Fürst, wollte ihn befreien? Ich weiß es nicht, tut mir leid, mein König!“ Gregorius war in der Zwischenzeit hereingekommen und eilte sofort zu Amanoue, doch als der erschrocken zurückwich, blieb er augenblicklich stehen. „Amanoue“, sagte er ruhig,

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      „wisst Ihr denn nicht, wer ich bin?“ Er näherte sich ihm behutsam und Amanoue sah ihn an. „Ihr seid der Heiler aus Istrien“, antwortete

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