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rief Henry und der Hauptmann trat sofort zu ihm und salutierte. „Ich bringe Euch einen neuen Mann! Nehmt ihn unter Eure Fittiche und gebt gut auf ihn acht! Ihr seid für ihn verantwortlich!", sagte er vollkommen ernst und der Hauptmann sah den König mit gequälter Miene an. „Eure Majestät, verzeiht, aber er wird uns nur aufhalten! Sicher ist er in einem der Wagen besser aufgehoben!", antwortete er beinahe flehend. „Nur, dass er da nicht bleibt. Nein, ich möchte, dass Amanoue mit Euch reitet! Wo könnte er

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      sicherer sein, als bei der königlichen Leibwache?! Aber gebt ihm ein ruhiges Pferd, Hauptmann! Ich vertraue auf Euch!", gab Henry lächelnd zurück, drehte sich zu Amanoue um und streichelte ihm zärtlich über die Wange. „Bis heute Abend und sei brav!", flüsterte er ihm noch zu, doch als Amanoue sich ihm nähern wollte, blockte der König ab. „Nicht in der Öffentlichkeit!", raunte er, lächelte aber dabei. „Und jetzt, geh mit dem Hauptmann!" Amanoue nickte zart, stellte sich folgsam neben den und blickte erwartungsvoll zu ihm auf. Falco verbeugte sich noch kurz vor seinem König und sah dann Amanoue missmutig an. „Folgt mir!", sagte er barsch.

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      III

      Ein neuer Rekrut

      Amanoue konnte kaum mit Falco Schritt halten. Der Hauptmann ging mit ihm hinüber zu seinen Leuten, etwa zwanzig Soldaten standen mit ihren Pferden wartend da. „Das ist Amanoue", sagte er und verzog dabei das Gesicht, als hätte er gerade saure Milch getrunken. „Er wird ab heute mit uns reiten. Finn, besorg ihm ein Pferd, die braune Stute wäre gut!" Alle starrten auf Amanoue und einige tuschelten sogar miteinander. „Finn!" „Jawohl, Hauptmann!", antwortete ein recht junger Soldat, eilte davon und als er wieder zurückkam, hatte er eine zierliche, braune Stute dabei, die brav am Zügel hinter ihm her trottete. Ihr Fell glänzte, ähnlich wie Amanoues Haar, kastanienbraun in der Sonne. „Gut", sagte Falco zu Amanoue, „kommt her! Das wird Euer Pferd sein, ihr Name ist Maid!“ Amanoue trat zu ihm. „Das da, ist vorn", sagte Falco und deutete dabei auf den Kopf des Tieres, „und das, ist hinten!" Er klopfte dem Pferd aufs Hinterteil und die Soldaten lachten. „Ich weiß sehr gut, wo bei einem Pferd, vorn und hinten ist! Ich kann reiten!", blaffte ihn Amanoue an. „Na, klar!", rief einer der Soldaten, „das war letzte Nacht nicht zu überhören!" „Fragt sich nur, wer da wohl geritten worden ist", rief ein Anderer und die Soldaten grölten vor Lachen, selbst der Hauptmann. „Nun ist es gut", sagte der schließlich und wischte sich über die Augen, „wir werden sehen!" Amanoue nahm ihm die Zügel aus der Hand, setzte einen Fuß in den Steigbügel, schwang sich in den Sattel und sah dabei Falco herausfordernd an. „Gut", meinte der immer noch schmunzelnd, „wenigstens das wäre geschafft! Aufsitzen!", befahl er seinen Leuten, die bestiegen ihre Pferde und reihten sich paarweise ein. „Kommt", rief der Hauptmann Amanoue zu und sie ritten gemeinsam an den Soldaten vorbei, allerdings in die entgegengesetzte Richtung, bis kurz vor dem Ende der Abteilung. „Brac, Ihr werdet neben ihm reiten! Mati, vor zu mir!", sagte er knapp und der Soldat, der auf der linken Seite ritt, scherte aus der Reihe aus und lenkte sein Pferd neben sie. „Das wird zunächst Euer Platz sein", sagte Falco zu Amanoue und deutete dabei auf die freie Stelle. „Brac, versucht ihm irgendetwas beizubringen, wenn`s geht“, schnaubte er noch einmal verächtlich, wendete sein Pferd und trabte mit Mati wieder nach vorn.

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      „Tja, dann kommt mal", meinte Brac und kratzte sich nachdenklich am Kinn. Er war ein Bär, von einem Mann, hatte aber ein freundliches, fast sanftes Gesicht. Amanoue reihte sich ein, ritt nun links neben ihm und nickte ihm schüchtern zu. „Gut, ähm also, das ist Matto", Brac deutete auf den Reiter, der direkt vor Amanoue ritt, „nicht zu verwechseln mit Mati, der gerade mit dem Hauptmann weg ist. Der daneben ist Finn", er deutete vor sich, „unser Jüngster, also ähm, bis jetzt jedenfalls. Wie alt bist du, Finn?" „Achtzehn!", kam zur Antwort. „Wie alt seid Ihr?" „Ich weiß es nicht", sagte Amanoue, zuckte leicht mit den Schultern und ohne einen von ihnen anzusehen. „Wie, Ihr wisst es nicht? Jeder, weiß doch wenigstens ungefähr, wie alt er ist." „Ich weiß gar nichts, über mich", erwiderte Amanoue leise, „außer, dass ich aus einem Freudenhaus komme und eine Hure bin“, meinte er und sah jetzt Brac kurz ins Gesicht. „Scheiße Mann, aber ich sag Euch was, wenn Ihr nicht so `nen ulkigen Akzent hättet, würd` ich jetzt glatt losheulen!", antwortete Brac, fing an zu lachen und auch die Anderen stimmten mit ein. Amanoue lächelte zwar kurz, blickte dann aber wieder verlegen auf seine Hände. „Mann, also, dann zu den zwei Figuren hinter uns", meinte Brac, als sie sich wieder beruhigt hatten. „Der hinter Euch, der Blonde, ist Ravio", Amanoue drehte sich leicht um und Ravio deutete eine Verbeugung an, „und der neben ihm, der so sauertöpfisch `dreinschaut, ist Alecto. Die Zwei sind unzertrennlich, wie zwei Arschbacken! Du wirst nie den Einen, ohne den Anderen sehen!" Amanoue musste wieder lächeln und Ravio grinste ihn freundlich an. Die Beiden ritten ganz zum Schluss und so drehten sich Brac und Amanoue wieder nach vorn. „Nun, ich denke, dass reicht erst mal. Den Rest der Bande werdet Ihr schon noch kennenlernen. Wir wollen Euch ja nicht gleich überfordern", sagte Brac und grinste ihn an. Der Zug hatte sich längst in Bewegung gesetzt und als Amanoue den Wind in seinen langen Haaren spürte, hätte er am liebsten laut aufgeschrien, vor Freude. Das erste Mal, seit langem, fühlte er sich frei, nur sein rechter Arm brannte ein wenig.

      Kaum, dass sie losgeritten waren, fing Brac an zu singen und seine Stimme klang unerwartet schön und hell. Die Lieder, die er sang, waren zwar ausnahmslos schmutzige Soldatenlieder, aber trotzdem fand Amanoue sie wunderschön. Er verstand nicht alles, doch einige Textzeilen trieben ihm die Schamesröte ins Gesicht. Sie kamen gut voran und schließlich, als die Sonne hoch am Himmel stand und unbarmherzig auf sie niederbrannte, hielten sie an um auszuruhen. Sie waren alle von ihren Pferden gestiegen, reckten sich und fingen an ihre Tiere zu tränken. Seit Tagen ritten sie an einem

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      Fluss entlang, der eine natürliche Grenze zwischen Tirana und Austrien bildete. Finn hatte Amanoues Stute mitgenommen und so hatte Amanoue sich am Ufer ins Gras gelegt und war wenige Augenblicke später eingeschlafen. Er lag mit ausgebreiteten Armen da, schön wie ein Schmetterling und trug nur die alte Tunika des Königs, die ihm allerdings viel zu groß war. Als er sich bewegte rutschte sie auf einer Seite tief herunter und gab seine gesamte rechte Brusthälfte preis. Falco stand über ihm und sah auf ihn hinab. Er blickte auf Amanoues harte, kleine Brustwarze, atmete tief ein und aus, stieß Amanoue mit dem Fuß an, der streckte sich gähnend, setzte sich auf und sah ihn fragend an. Die Tunika war ihm immer noch, über die Schulter gerutscht. „Bedeckt Euch", sagte der Hauptmann kühl, „wir sind hier nicht mehr im Hurenhaus! Und ab morgen werdet Ihr ein Hemd tragen!", befahl er, drehte sich um und ging. Amanoue saß da, blickte dem Hauptmann nach und eine seltsame Unruhe erfasste ihn. Sein Herz schlug plötzlich heftig und tat fast weh. Er zog sich die Tunika zurecht, erhob sich und als er sich umdrehte, sah er, dass die Soldaten ihn alle anstarrten. Am liebsten wäre er im Erdboden versunken, reckte dann aber seinen Kopf in die Höhe, ging aufrechten Hauptes zu Finn und nahm ihm die Zügel der Stute aus der Hand. „Aufsitzen!", kam schließlich der Befehl und alle stiegen in ihre Sättel und reihten sich wieder ein. Die ersten Minuten sagte keiner ein Wort, doch dann ließ Brac unüberhörbar einen fahren und Alecto stöhnte hinter ihm laut auf. „Mensch, Brac, du alter Dreckskerl, noch so`n Ding und mein Gaul bricht zusammen!", maulte er und alle fingen wieder laut an zu lachen. Brac begann zu singen und so setzten sie ihren Ritt fort, bis es anfing zu dämmern. Endlich hielten sie an, um das Nachtlager zu errichten und Amanoue versorgte die Stute dieses Mal selbst, sattelte sie mit Finns Hilfe ab und gab ihr Futter und Wasser. Um das Pferd des Hauptmannes kümmerte sich ebenfalls Finn und so schlenderte Amanoue zu ihm hinüber und streichelte dem Tier den Kopf. Es war ein großer, dunkelbrauner Wallach, mit einer hübschen, weißen Blässe, die ihm bis hinunter zum Maul reichte. Amanoue blies ihm sanft seinen Atem in die Nüstern und der Wallach schnappte spielerisch nach

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