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dorthin aufmachte und alle Warnungen seiner Freunde in den Wind warf, ward nie mehr gesehen worden. Aus Geschichten und Legenden kannten die Menschen dennoch Rascheks Volk, mit den schwarzen Roben und der grauen, fahlen Haut. In den Erzählungen wurden die menschenähnlichen Kreaturen schlicht, die Dunklen genannt. Die Legenden bezeichneten sie als hinterlistig und eigensinnig, nur ihren Zielen folgend. Auch hieß es, dass sie sich der Magie bedienen konnten, was sie noch furchteinflößender und mächtiger darstellte.

      Doch eine solch absonderliche Kreatur wie Tyrannus hatte bisher noch niemand der verbliebenen Menschen je zu Gesicht bekommen, geschweige denn etwas von ihm gehört.

      Dann durchbrach der Erste den Bann und rannte mit panischen Schreien durch die Tür. Viele folgten ihm, bis der Palast bis auf wenige Personen, die immer noch starr vor Angst waren und sich nicht rührten, menschenleer war. Raschek wurde das Warten auf diejenigen, die nicht flüchteten überdrüssig, weshalb er sein Schwert zog und die verbliebenen Menschen niederstreckte. Als er sein Werk vollendet hatte, schritt er zurück zu Tyrannus, verbeugte sich noch einmal kurz und sprang hinaus durch ein Fenster, in die Nacht.

      Teil 1

      Die Widerständler

      Kapitel 1. Die Dämmerung

      Trotz der Kälte, die der späte Herbst durch seine vielen Windböen mit sich brachte, schwitze Darian vor Anstrengung. Kurz gönnte er sich eine Pause, bis er wieder den Blasebalg an der Glut bediente, sodass diese rot aufglühte. Auch Meister Hiram tropfte der Schweiß von seiner Stirn, als dieser erneut die grobe Klinge aus der Glut zog. Sorgfältig begutachtete er das Stück und legte es auf den Amboss, um es mit seinem Hammer zu bearbeiten. Mit perfekter Präzision jedes einzelnen Schlags fuhr der Hammer auf den Rohling nieder, bis der Meister ihn ein weiteres Mal beäugte und ihn mit einem Nicken wieder in das Feuer schob.

      Hiram ließ sich immer viel Zeit für seine Klingen, doch das zeichnete diese für ihre Qualität aus, die in der ganzen Stadt berühmt war, weswegen seine Schwerter auch einen gewissen Preis hatten, den nicht jeder erbringen konnte. Das ein oder andere Mal hatte Darian schon erlebt, wie ein Kunde sich über den Preis beschwerte, Handgreiflichkeiten waren zwar unüblich, doch immer wieder kam es vor, dass ein Kunde voller Zorn über den Preis zu einem nicht erworbenem Schwert griff, doch glücklicherweise war Hiram nicht nur ein guter Schmied, er konnte auch richtig gut mit seinen Stücken umgehen und hatte bisher jeden Kunden in den Griff bekommen.

      Des Weiteren gab es noch die unerwünschten Besucher, die verzweifelt die Schmiede aufsuchten um nach Geld oder einer Waffe bettelten, damit sie vielleicht eine weitere Woche auf der Straße über die Runden kommen könnten.

      Hiram wies sie alle ab. Manchen gab er ein bisschen Geld mit auf den Weg, aber seine Waffen konnte er nicht weggeben. Zwar lief sein Geschäft, doch der Stahl, den er für seine Schwerter benötigte, wurde immer teurer.

      Darian war ebenfalls erst einer dieser unerwünschten Besucher der Schmiede gewesen. Er hatte damals um Geld gebettelt, um seine Familie über die Runden zu bringen, doch auch ihn hatte der Meister zuerst abgewiesen, dann aber gezögert und anstatt des Geldes ihm eine Arbeit als Gehilfe in der Schmiede angeboten. In seiner verzweifelten Lage hatte er natürlich sofort eingewilligt und seitdem arbeitete Darian tagein, tagaus in der Schmiede von Meister Hiram zusammen mit Finn, dem Sohn des Meisters, der die Schmiede eines Tages übernehmen sollte.

      Finn war ein netter Bursche mit zotteligem Haar und dunklen braunen Augen. Er hatte die gleiche kleine Nase seines Vaters und hohe Wangenknochen, sowie kleine Ohren. Er war etwas größer als Darian und schon jetzt zeichneten sich die Muskeln an seinen Armen ab, die sich durch die Arbeit in der Schmiede langsam aber sicher entwickelten.

      Schnell hatten sich die beiden gleichaltrigen Jungen angefreundet und verrichteten gewissenhaft ihre Arbeit in Hirams Schmiede.

      Jeden Morgen schleppten sie das Holz vom Hinterhof in die Schmiede, bedienten den Blasebalg, oder ordneten die Schwerter nach Größe, Gewicht und Preis. Das ein oder andere Mal hatte der Meister ihnen sogar erlaubt, eine seiner Klingen probeweise zu schwingen, was den beiden Jungen immer wieder Freude bereitete.

      Jedoch war es Darian ein Rätsel, warum Hiram ihn zu seinem Gehilfen gemacht hatte. Einmal hatte er seinen ganzen Mut zusammengenommen und den Meister in einer ihrer Pausen gefragt. Dieser hatte nur amüsiert gelächelt und ihm gesagt, dass er jung, kräftig und lernfähig sei und zudem noch seine Mutter und seine Schwester zu ernähren hatte. Heute musste er nur noch für seine Mutter sorgen, seine Schwester war im letzten Winter an einem Schnupfen und hohem Fieber gestorben, was ihn sehr traurig machte.

      Er hatte sich geschworen, noch härter zu arbeiten, damit sie weiterhin ein Dach über dem Kopf hatten und seiner Mutter nicht das gleiche Schicksal ereilte.

      Sie war zudem die einzige Person, die ihm noch geblieben war, da sein Vater bei der Übernahme der Dunklen und Tyrannus gestorben war. Er hatte im Palast als Koch gearbeitet und kaum ein Mensch hatte den Überfall dort überlebt, auch nicht sein Vater.

      Elf Jahre lag der Tod seines Vaters nun schon zurück und seitdem hatte sich sein Leben komplett geändert. Sie waren gezwungen gewesen, ihr Haus aufzugeben und in das Armenviertel der Stadt zu ziehen, wo eine Hütte nicht viel Miete kostete.

      Das war geschehen, als Darian erst vier Jahre alt war. Damals hatte er nicht begriffen, wieso seine Mutter Sabella so traurig war und sie plötzlich aus ihrem Haus weg mussten. Er hatte sie nur immer wieder gefragt, wann sein Vater nach Hause kam. Bis heute hatte sie ihm diese Frage nicht beantwortet, doch irgendwann hatte er selbst begriffen und seine Mutter nicht mehr danach gefragt. Die Erkenntnis hatte ihn wie ein Schlag getroffen, unvermittelt und mit voller Wucht. Er hatte tagelang geweint, als ihm klar geworden war, dass sein Vater nie mehr wieder nach Hause kam, ihn nie mehr in die Arme schloss. Sabella hatte mit ihm geweint, bis er den Tod seines Vaters akzeptieren konnte.

      Insbesondere für seine Mutter war diese Zeit schwer gewesen, alleinerziehend gab es für Frauen keine Perspektive, dennoch hatte sie versucht, Arbeit zu finden. Jedoch wollte seine Mutter niemand haben, eine Frau bei der Arbeit war ein Tabu, wer dieses brach, wurde beschuldigt, ein Lusthaus zu betreiben und das Ansehen seines Betriebes sank in der Stadt, sodass die Leute dieses nicht mehr aufsuchten.

      Nach etlichen Versuchen hatte Sabella schließlich aufgegeben und war auf die Straße zum Betteln gegangen. Es war nie wirklich viel gewesen, doch sie waren sparsam und hatten immerhin davon überleben können.

      Als Darian schließlich alt genug war, hatte er beschlossen, seine Mutter zu unterstützen und sich selbst auf die Suche nach Arbeit zu machen. Auch er hatte kein Glück gehabt. Oftmals musste er sich anhören, dass er zu jung für eine Arbeit war, oder keine Ausbildung durchlaufen hatte und keine Qualifikationen besaß. Irgendwann war auch sein Wille gebrochen und der nächste Winter sollte wohl ihr Letzter werden, doch seine Mutter lernte einen Mann kennen, der ihnen half.

      Zwar überlebten sie den Winter, doch hatte seine Mutter nur noch Augen für Xian, den Darian gar nicht leiden konnte. Irgendetwas schien er ihnen zu verheimlichen, doch alle Versuche, mit seiner Mutter über Xian zu sprechen scheiterten. Er konnte sich nicht erklären, was seine Mutter an dem Kerl fand. Er hatte ihnen gesagt, dass er als Händler tätig war, doch hatte Darian nie irgendwelche Ware gesehen, oder einen gemieteten Stand auf der Haupthandelsstraße, als er ihm nachspioniert hatte. Das Geld teilte er selten oder gar nicht mit ihnen, was seine Mutter nicht zu stören schien, weshalb er trotzdem noch Arbeit finden musste, damit sie nicht verhungerten.

      Zu allem Überfluss beschlossen sie, schon nach einigen Wochen zusammen in ein größeres Haus im Armenviertel zu ziehen, in dem sie jetzt immer noch lebten. Bis zum heutigen Tag traute Darian Xian kein Stück und er hoffte, dass der Mann sich bald aus ihrem Leben entfernte, egal wie.

      Also arbeitete er weiterhin in der Schmiede bei Hiram, der gerade zusammenzuckte, als ein kalter Windstoß durch die Hintertür fegte, die sein Sohn aufgestoßen hatte. Zitternd betrat Finn die Schmiede, in beiden Armen einen Stapel Feuerholz, den er griffbereit

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