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Die vom Tod verschmähte Katze. Matthias M. Rauh
Читать онлайн.Название Die vom Tod verschmähte Katze
Год выпуска 0
isbn 9783738091663
Автор произведения Matthias M. Rauh
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Komisch, dachte er. Alle stillstehenden Uhren des kleinen Geschäfts zeigten ebenfalls 8 Uhr 37, so als hätte der ehrenwerte Herr Zacharias schon vorher gewusst, dass sein Leben irgendwann genau um diese Zeit enden sollte.
Klack...klack...klack!
Valentin drehte die Zeiger der kleinen Sonnenuhr auf 8 Uhr 37, bis dieses leise, ja wahrhaft meisterliche Klacken zu hören war. Wenig später hielt der blasse Junge den geheimnisvollen Kammerschlüssel in der Hand.
"Danke", flüsterte er leise. "Danke für den Vortrag über die Zeit."
Eine kleine behaarte Raupe hatte sich inzwischen durchs Papier der literarischen Uhr gefressen und räkelte sich zufrieden in einem Häufchen Papiermehl. Erstaunt kratzte sich Valentin am Kopf.
"So sehen die also aus..."
Kapitel 4 - Gefahr im Anflug
Der Landstreicher war auf seinem Weg zum Antiquitätengeschäft in eine der übelsten Gegenden der Stadt geraten. Betonschluchten, Müllcontainer und verlassene Fabrikhallen mit eingeschlagenen Fensterscheiben. Dies war die Welt der Graffiti-Sprayer, der Hinterhof-Ganoven und der Drogendealer.
Ein Jugendlicher mit schiefer Brille kam ihm entgegen. Sein Hemd war zerrissen, und zu einem Bad in einer Dreckpfütze hatte man ihn offenbar auch noch genötigt. Der Anblick des Landstreichers gab dem armen Jungen nun den Rest. Entsetzt fing er zu schreien an und lief davon.
"Ja, lauf zu Mama, du Verlierer! Und beim nächsten Mal drückst du´n paar Scheine mehr ab, sonst hau´n wir dich platt!", rief ihm eine hämische Stimme hinterher.
Die Stimme gehörte einem wüst aussehenden Schläger, der zusammen mit ein paar Gleichgesinnten auf einer Mauer saß und gerade ein paar Geldscheine in seiner Lederjacke verschwinden ließ. Seine Arme waren über und über tätowiert, noch dazu von jemandem, der offenbar keine Ahnung vom Tätowieren hatte. Es sah aus, als hingen da zwei tote Krokodile aus den hochgekrempelten Jackenärmeln.
Als der Mann die Gruppe passierte, bewarf ihn jemand mit einer leeren Bierdose. Sofort brach Gelächter auf der Mauer los. Er blieb stehen und musterte die sieben Gestalten.
"Oh", höhnte der Rüpel mit der Lederjacke. "Da ist uns doch glatt ´ne Dose ausgekommen..."
Das Gelächter nahm augenblicklich zu.
"Hey, du Klumpfuß", höhnte der Anführer weiter. "Die Straße gehört uns. Also..."
Er machte mit seinen Fingern die berühmte Geste, die nichts anderes bedeutete als: Geld her!
Doch der Mann stapfte unbeeindruckt weiter.
"Ey!", brüllte der Halbstarke, warf seine Zigarette weg und sprang von der Mauer. "Haste nich kapiert? Die Straße gehört uns. Kohle her!"
"Halt den Rand, du erbärmlicher Wicht", raunzte der Mann unbeeindruckt zurück, fasste ihm ins Gesicht und schubste ihn weg.
"WAS HAT DER GESAGT?! Leute, ich glaub, da braucht jemand ein paar aufs Maul!"
Auf ein Handzeichen hin sprangen nun auch die anderen Halbstarken von der Mauer. Sie trugen alle hellgraue Kapuzenjacken und Sonnenbrillen und zückten ihre Messer und Baseballschläger.
Da packte der Riese ihren vorlauten Anführer plötzlich am Kragen und schleuderte ihn mit ungeheurer Wucht gegen die Mauer, so heftig, dass alle Luft aus dem aggressiven Jungen wich. In Sekundenschnelle war jegliche Angriffslust aus seinem Gesicht verflogen.
"Hast du ein Problem, du Wurm?", fauchte der Landstreicher und blickte ihm tief in die Augen.
"Nö, Mann! Lass mich los!", krähte der Halbstarke und japste nach Luft.
Tonk!
Flapp...
Einer seiner Kumpane war soeben aus dem Hinterhalt herangesprungen, um den Landstreicher mit seinem Baseballschläger zu attackieren. Doch der hatte sich nicht einmal umgedreht, sondern einfach mit seinem Gehstock ausgeholt und den Angreifer mit einem einzigen Hieb niedergestreckt. Wie vom Donner gerührt starrten nun die übrigen Ganoven auf ihren Kollegen, der mit ausgestreckten Armen auf dem Boden lag - Gesicht im Matsch, Kapuze über der Glühbirne und die Sonnenbrille auf fünf nach zwölf gedreht.
"Noch jemand, der den Scheitel gezogen haben will?", zischte der Landstreicher.
"K...kein Problem, Mann...ich wollte nur...alles klar, Mann", japste der Anführer.
"Hmmm", knurrte der Alte. "So ist´s recht. Und wenn ich mich jetzt umdrehe, sehe ich keine dämliche Pickelvisage mehr in dieser Gasse. WIRD´S BALD!?"
Und schon liefen die anderen Halbstarken davon.
"He, bleibt da, ihr Feiglinge!", rief ihr machtloser Kommandant.
"Na, das sind ja echte Helden. Hast deine Handlanger ja wunderbar im Griff, Erbsenhirn."
"Okay, okay, Mann! Du hast gewonnen. Lass mich los."
"Nein."
"Ey, Ma-annn!", krähte der Junge.
"Wähwähwäääh!", äffte der Landstreicher sein mittlerweile kalkweißes Opfer nach. "Na los, heul doch, du Mimose."
Und der Junge begann tatsächlich zu weinen. "Mann...", winselte er.
"Wenn ich dich kleine Wanze hier noch einmal auf irgendeiner Mauer sitzen sehe, drehe ich dir den Hals um", drohte ihm der Landstreicher. "Hast du das kapiert?"
"Ja, Mann!"
"So, und jetzt ab mir dir, du erbärmliches Kriechtier!"
Er packte den Jungen und schubste ihn mit ungeheurer Wucht über den auf dem Boden liegenden Schläger. Als er auf ihn plumpste, erwachte dieser und spuckte einen Schneidezahn aus.
"Und nimm gefälligst diesen Abfall dort mit!", befahl ihm der Mann.
"Wasssssff´n looos?", grölte der sichtlich benommene Handlanger, dessen Matschgesicht feuerrot leuchtete. "Isses schon fff...vorbeeeiii? Hammwa gewonn? Sach ma, duuu."
"Los weg!", brüllte der heulende Junge und übersah dabei sogar, dass ihm gerade das gestohlene Geld aus der Tasche fiel.
"Wääaarummm? Wollmer nich noch..? Wir wollt´n doch! Moment ma! EY, MANN! Wiiiia sinnn doch die...dasssff muss doch andersrum..."
"WEG!", brüllte sein Anführer.
Humpelnd und taumelnd liefen die beiden davon. Der Landstreicher nahm seinen Stock und zog unbeeindruckt weiter.
Kapitel 5 - Die geheimnisvolle Kammer
Klack...klack...klack!
Es brauchte ganze drei Schlüsselumdrehungen, ehe Valentin die Tür der Kammer öffnen konnte. Eisigste Kälte schlug ihm ins Gesicht.
Doch wenn er ein finsteres Verlies erwartet hatte, so sah er sich getäuscht. Diese Kammer war nämlich alles andere als das. Sie war äußerst stilvoll eingerichtet, wie ein Wohnzimmer. Ein sehr kaltes Wohnzimmer, um genauer zu sein. Er tastete nach dem Lichtschalter, worauf ein pompöser Kronleuchter den Raum mit goldenem Licht flutete.
Und da, inmitten der Kammer, aufgebahrt auf einer ausladenden Mahagoniholz-Kommode, stand sie: Die göttliche Vollendung eines jeden Uhrmacherlebens - ein Blickfang, geschaffen aus einem Urelement der Natur, mit peinlichster Präzision geschliffen, liebevoll zusammengesetzt, zum Leben erweckt und mit absoluter Hingabe aufpoliert. Da stand eine Uhr - eine Uhr, die so kalt war,