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käuflich zu erwerben gab. Hier hatte er Ruhe. Niemand verlief sich in diese Gasse. Der Friedhof wurde weiträumig umgangen, da allerlei Geschichten im Umlauf waren und alle waren sie durchweg beängstigend und verstörend.

      Der Beruf des Scharfrichters brachte es mit sich, dass alle ihn mieden. Zusätzlich wurden die Dünkel natürlich durch seine anhaltende Maskerade noch verstärkt. Viele vermuteten unter der Kapuze, die er beständig trug und in der Öffentlichkeit nie ablegte, eine feindselige und groteske Fratze – selbst Kinder nahmen Reißaus, wenn er derartig maskiert, durch die Gassen schritt. Jeder erkannte ihn, die Kapuze, die bereits sehr zerschlissen war, wurde zu seinem fragwürdigen Markenzeichen.

      Was war jetzt zu tun? Fehgarwin blieb ratlos. Wie konnte ihm nur so ein Missgeschick widerfahren?

      Vermaledeite Windhose – wieso ausgerechnet heute?

      Viele hatten sein Antlitz gesehen. Er würde sicherlich mit Anfeindungen rechnen müssen. Elfen waren im Allgemeinen nicht sehr beliebt – er war zwar eine ausgesprochene Seltenheit, ein Unikat, doch die Inquisition würde sich sicher um diesen Umstand nicht sonderlich scheren und ihn bei Gelegenheit wie einen räudigen Hund abschlachten.

      Und arbeiten? Fehgarwin schüttelte sich unversehens – auch das würde ihm sicherlich verboten werden. Ihm war kalt – er zog eine Wolldecke über seine Schultern und sah aus dem kleinen Fenster. Stunden waren wohl vergangen, denn draußen schien die Nacht hereingebrochen zu sein. Noch nie fühlte sich der Elf so verzweifelt, wie in diesem Moment.

      Plötzlich schreckte Fehgarwin aus seinen düsteren Gedanken. Etwas rührte sich. Ein Stein traf seine Scheibe – nur sehr klein. Alarmiert trat er ans Fenster.

      Ein Moment der Stille folgte, bis ein weiterer Kiesel die Scheibe traf. Feh stand zögerlich auf und blickte vorsichtig nach draußen. Die Straße war leer. Die Laterne leuchtete matt, das nasse Kopfsteinpflaster glänzte – sonst war nichts Nennenswertes auszumachen.

      Da! Er horchte auf. Ein weiterer Stein traf die Scheibe, noch während er vor dem Fenster stand. Eine Bewegung machte er aus, in den Schatten gegenüber, unter dem Vordach eines Getreideschuppens. Von Neugierde getrieben, setzte er sich in Bewegung. Feh wollte wissen, wer der nächtliche Besucher war, auch auf die Gefahr hin, dass er vor seiner Tür vielleicht massakriert wurde.

      Die Tür öffnete sich knarrend, Feh steckte zaghaft seine Nase in den Wind, ein Hund bellte, und der Wind säuselte leise durch die Gasse und trug Sand mit sich, der leise über den Boden schnurrte. Spuren der Talwar fand man überall.

      Eine Frau trat unter dem Vordach hervor. Ein Geruch von teurem Parfüm ging ihr voraus. Das feine Unterkleid der Unbekannten raschelte. All diese Eindrücke nahmen seine feinen Elfensinne in einem Sekundenbruchteil wahr. Die Frau war eine Höhergestellte, ganz sicher. Ihre bleiche Hand griff nach der seinen. Völlig überrascht über diese vertrauliche Geste, zog Feh seine Hand zurück und starrte die Schönheit entgeistert an.

      Glowid hatte für den Moment genug gesehen. Er entschloss sich weitere Recherchen anzustellen, dazu kehrte er zurück zum Richtplatz, wo sich auch der zentrale Stadtkerker befand.

      "Du kannst mir mal kreuzweise über den Arsch lecken!" "Über, oder in den Arsch?"

      "Oder in den Arsch? Wie soll das denn gehen, du Idiot!"

      Glowid lächelte süffisant, als er nach Stunden das Wachhäuschen verließ. Viel hatte er über diesen ominösen Scharfrichter nicht erfahren. Glowid war betrunken – ein zwei Starkbier lösten die Zungen der Wachen, aber was man nicht wusste, konnte man auch nicht ausplaudern.

      Jedenfalls schmerzte ihm der Hintern, ein grober Tritt hatte ihn auf die leere Straße befördert und so ging er leicht schaukelnd in Richtung Friedhof zurück. Provozieren konnte er schon immer gut, diese Fähigkeit war ihm in die Wiege gelegt.

      Stöhnend setzte er sich – die Nacht war noch jung und so entschloss er sich ein Auge auf das Haus des Hochelfen zu werfen. Er traf dort ein, gerade als sich eine pikante Szene vor dem Haus des Henkers abspielte.

      Glowid rieb sich die Augen, war da tatsächlich eine bildschöne Frau, die mit Steinen warf? Er richtete sich auf, so gut es eben ging, und lehnte sich an eine kahle Mauer. Die Tür ging auf und der Elf trat auf die Straße –

      er war ganz offensichtlich und nicht weniger überrascht über diesen nächtlichen Besuch. Die Frau eilte ihm entgegen und ergriff seine Hand.

       Ach wie süß, ganz Kavalier züchtig und zurückhaltend.

      Der Elf wich unbeholfen aus, die Frau schloss energisch auf und ließ nicht von ihm ab.

      Mit ihrer Brust drückte sie den überraschten Elfen in den Türrahmen. Knarrend und unter Widerworten schloss sich die schwere Haustür.

      Glowid ließ sich kraftlos die Wand hinab gleiten und blieb ihr zu Füßen liegen – er lallte vor sich hin und pfiff bewundernd durch seine Zähne: Respekt Elf, – ein Weiberheld noch dazu.

      Der kalte und anhaltende Wind ließ ihn schnell wieder nüchtern werden. Glowid schenkte all seine Aufmerksamkeit dem nächtlichen Treiben, vor der Tür und im Haus des Scharfrichters.

      Stöhnen und lustvolle Rufe tönten durch die dünnen Wände und hallten aufmunternd in der Gasse wider.

      Die Frau von eben verließ freudestrahlend das Haus. Schon kurz darauf folgte eine weitere, kaum hatte der Tausendsassa die Tür geschlossen, stand eine andere Schönheit abwartend und leicht frierend im Licht der Laterne, die jetzt schummrig aus ihrem halbblinden Glas leuchtete. Das Ungemach schreckte die Damen nicht ab. Der Elf wirkte abgekämpft, er hatte sich nicht mal die Mühe gemacht sich anzuziehen. Diesmal war es an ihn, die Dame hinein zu geleiten. Sie küssten sich leidenschaftlich und kurz darauf schloss sich die Tür erneut und das lustvolle Spektakel begann von Neuen.

      So vergingen Stunden – die Damen schienen sich die Klinke in die Hand zu geben. Da kam Glowid eine Idee.

      Am nächsten Abend bezog er wieder Stellung, immer wieder sah er forschend zum Haus, um den richtigen Moment abzupassen. Die blonde Perücke juckte wie verrückt und das Kleid hinderte ihn am Pissen. Nicht sehr originell. Es war kalt und der Wind gab sich heut richtig Mühe das ganze Unterfangen zu vereiteln. Glowid befürchtete Erfrierungen, er jammerte still vor sich hin und musterte aufmerksam das Haus, das Theaterstück ging trotz aller Zweifel weiter. Ein neuer Akt, weitere willige Frauen.

      Die Tür schwang auf, die blutjunge Brünette stahl sich davon und zum Glück war weit und breit keine weitere Freiwillige auszumachen – für den Moment jedenfalls, das war sein Zeichen, sein Auftritt. Hastig bewegte er sich Richtung Haus, dabei machte er sich nicht einmal die Mühe ungesehen zu bleiben. Keck ging er an der Frau vorbei, die gerade ihren mächtigen Busen im Bustier zurechtrückte und sich ordnend, mit ihren dünnen Fingern durch die langen schwarzen Haare fuhr. Sie roch nach Sperma. Da war wohl etwas danebengegangen.

      Glowid lächelte unverbindlich, er hatte alle Mühe anständig zu gehen mit diesen ungewohnt hohen Stiefelchen, die seine Knöchel einschnürten. Die Frau blickte ihm grimmig nach und verschwand kurz darauf in den Schatten der nebligen Nacht.

      Der verkleidete Berichterstatter ergriff die Initiative und griff fordernd nach der Hand des Elf – er zog ihn hinter sich, die schmale Stiege hinauf, und folgte dem Flackern des Feuers, dort oben befand sich sicher die gute Stube.

      Der Scharfrichter machte Anstalten sich zu wehren. Nur zögerlich betrat er, nach seiner neuen, drängenden Liebschaft die Stube.

      Die Frau oder was es war, entsprach ganz und gar nicht seiner Vorstellung, in der Zwischenzeit war er verwöhnt, so schnell konnte das gehen.

      Glowid tänzelte an ihm vorbei und schloss geschickt die Stubentür. Fehgarwin zog sich einen abgenutzten Hausmantel über.

      "Wer – oder was seid ihr?!" Glowid lächelte verschlagen.

      "Der Reporter, dem sie ihre Geschichte erzählen werden!"

      Die Augen des Elf leuchteten lebhaft, kein Zorn war auszumachen. Anscheinend überlegte er sich etwas.

      "Wenn

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