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bekämpfen. Für sie ist es schon Verrat, wenn er Steuererklärungen der Juden, gleich wie für deutsche Personen behandelt. Ende April muss er bei seinem Vorgesetzten vorsprechen. Das Gespräch ist kurz.

      «Herr Wolf, haben sie einen Antrag gestellt, um in der NSDAP aufgenommen zu werden?»

      «Nein, ich bin seit meiner Geburt den Liberalen verpflichtet. Warum sollte ich wechseln?»

      «Sie sind einfach unverbesserlich. Die Zeiten ändern sich, man muss mit der Zeit gehen. Unter diesen Voraussetzungen muss ich leider das Arbeitsverhältnis auflösen. - Tut mir leid, ich habe meine Anweisungen.»

      Dann überreicht er ihm den Brief: «Bitte hier unterschreiben. Bis Ende April bekommen Sie noch Lohn.»

      Mit gesenktem Kopf verlässt Franz das Rathaus, nun hat es auch ihn erwischt. Was soll er nur machen? Vielleicht bekommt er bei der Sodafabrik eine Stelle, immerhin hat er noch Aktien. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

      Anfangs Mai fährt er nach Mannheim und bewirbt sich als Buchhalter. Der mitleidige Blick des Pförtners spricht Bände, als er das Formular ausgefüllt zurückgibt.

      «Der Personalchef hat keine Zeit, er wird sich bei Ihnen melden, wenn es eine Stelle für Sie gibt.»

      Das war’s, er spürt, da ist nichts zu machen. Er hat noch seinen Garten, zumindest kann er damit etwas zu Essen herstellen. Da gibt es hunderte von Arbeiter, die nicht einmal ein Dach über dem Kopf haben. Zu essen gibt's nur was in der Suppenküche beim Armenhaus, aber da wird er sich nie Blicken lassen, dazu ist er zu stolz.

      Willi setzt sich auf seinen Platz im Schulzimmer. Er wundert sich, dass Joshua noch nicht da ist. Normalerweise ist er einer der ersten. Auch die anderen Schüler wundern sich. Mit dem Lehrer betritt auch der Schuldirektor das Schulzimmer.

      «Der Joshua wird nicht mehr in unsre Schule kommen», erklärt der Lehrer, «sein Vater wurde in seinem Uhrengeschäft überfallen. Beim Überfall wurde sein Vater an der Hand verletzt und kann keine feinen Arbeiten mehr ausführen. Jetzt muss Joshua das Uhrenhandwerk erlernen. Dazu braucht er kein Abitur.»

      Der Direktor verabschiedet sich und der Unterricht wird aufgenommen, als wäre nichts geschehen. Das Problem mit dem jüdischen Schüler hat sich so für alle Beteiligten elegant gelöst. Willi hatte schon lange befürchtet, dass die Lehrer den Joshua am liebsten loswerden möchten. Wie war das mit dem Überfall? Er hat nichts davon in der Zeichnung gelesen. Für ihn wird sich nicht viel ändern, die Kontakte zu Joshua hat er in letzter Zeit eingeschränkt. Joshua hat sich zurückgezogen, er hat gespürt, dass Willi Probe bekommen hätte.

      Am Abend fragt er seinen Vater, ob er etwas gehört hat. Der will am nächsten Tag bei Goldberg vorbeigehen und sich direkt informieren. Er hat jetzt Zeit, mehr als ihm lieb ist. Als Franz den Laden betritt, ist Maria am abstauben der Regale. Sie begrüsst ihn erfreut.

      «Was ist geschehen?», fragt Franz.

      «Drei Typen sind in den Laden gestürmt. Sie hatten Knüppel dabei und schlugen auf die Regale ein, dann packten sie einige Uhren in einen Sack und wollten verschwinden. Dummerweise stellte sich Josef an die Tür und wollte verhindern, dass sie flüchten können, doch die schlugen mit dem Knüppel auf seine Hand. Drei Finger sind gebrochen. Er liegt noch im Krankenhaus. Der Joshua ist jetzt bei einem befreundeten Uhrenmacher in Mannheim und lernt das Handwerk, bis Josef aus dem Spital entlassen ist. Ich führe den Laden solange allein. Wenn Uhren zur reparieren sind, nimmt sie Joshua mit nach Mannheim und repariert sie unter Aufsicht des Freundes. So kommen wir über die Runde, viel läuft eh nicht. Unser Glück ist, dass es praktisch keine deutschen Uhrengeschäfte gibt, sonst hätten wir schon lange keine Kunden mehr.»

      Maria lädt Franz noch zu einem Kaffee in die Wohnung über dem Geschäft, dieses bleibt solange geschlossen. Nach einem Gespräch über die schlechten Zeiten und dass es früher viel besser war, verabschiedet sich Franz und tritt auf die Strasse. Worms hat sich verändert. An Strassenecken hängen Männer rum und beobachten die Leute. Gelegentlich sprechen sie Passanten an und scheinen einen Handel abzuschliessen.

      Auf dem Weg nach Hause denkt er intensiv nach. Nur den Garten bestellen, das kann es nicht sein. Er muss nach einer anderen Lösung suchen. Eine Stelle als Buchhalter kann er in nächster Zeit vergessen. Er braucht eine Alternative damit sie über die Runde zu kommen.

      Franz schläft schlecht. Doch am Morgen weiss er, was er machen muss. Er verabschiedet sich von Rosa ohne zu sagen was er vorhat. Heimlich hat er den Briefumschlag mit den Aktien aus dem versteckten Fach des Sekretärs genommen und unter dem Mantel versteckt.

      Noch zögert er, doch dann betritt er die Bank. Sein persönlicher Berater empfängt ihn in einem Sitzungszimmer. Franz begrüsst ihn freundlich, obwohl er ihm am liebsten eine auf die Fresse gehauen hätte. Das Gespräch ist kurz, sie sind sich schnell einig. Der Berater geht zur Kasse und kommt mit einem Bündel Geldscheinen zurück, welche er Franz auf den Tisch blättert.

      «Stimmt», bestätigt Franz und überreicht ihm die Aktien, dann streckt er das Geld ein und verlässt die Bank. Auch so ein verrückter, denkt er für sich. Er hat das Hakenkreuz an seinem Kragen bemerkt.

      Als Erstes geht er nach Hause und versteckt ein Teil des Geldes im Gartenhaus. Er darf nicht daran denken, wie viel die Aktien noch vor einem Jahr Wert waren, aber jetzt hat er sie los. Nun will er das Geld wieder vermehren.

      Er steckt sich einige Geldscheine ein und macht sich mit dem Fahrrad auf zum Hafen. Noch weiss er nicht, wie es weiter geht, aber der Zufall wird ihm helfen, er muss nur die Augen offen halten.

      Er stellt sein Fahrrad an eine Wand und schliesst es ab. Natürlich muss er damit rechnen, dass es trotzdem gestohlen wird, doch er behält es aus der Distanz im Auge. Es gibt viele Männer welche in der Nähe der Anlegestelle der Schiffe herumlungern. Er beobachtet die Männer heimlich. Die können sicher irgendwelche Geschäfte machen, sonst wären sie nicht hier. Einige verkaufen Zigaretten, andere Alkohol und dann gibt es noch solche, die Geld wechseln.

      Ein Schiff aus Basel legt an der Pier an. Die Matrosen haben offensichtlich für den Abend Ausgang erhalten. Er folgt einem, welcher sich auf den Weg zur Innenstadt macht. Als der Matrose anhält und in seinen Taschen etwas sucht, holt ihn Franz ein und grüsst ihn.

      «Kannst du mir Reichsmark verkaufen?»

      «Wieviel brauchst du?»

      «Ich denke für zehn Mark bekomme ich etwas zu essen und ein Bier.»

      «Sicher, das reicht. Was kannst du mir geben.»

      «Ich habe nur Schweizer Franken!»

      «Was soll ich mit denen? Hast du Zigaretten?»

      «Ja, aber nicht hier, ich muss zurück aufs Schiff, dort habe ich dreihundert.»

      «Soviel brauche ich nicht, aber hundert zu zehn Mark wäre ein faires Geschäft.»

      Man ist sich einig. Franz ist mit neunzig Zigaretten zufrieden. Nicht das ganz grosse Geschäft, aber immerhin ein Anfang.

      Nach einer Woche hat er einige Güter ausgemacht, mit denen man gute Geschäfte machen kann. Am Nachmittag kann er noch drei kleine Geschäfte abschliessen. Es ist nicht viel, aber wenigstens hat er, als er nach Hause zu Rosa geht, mehr Geld in der Tasche, als er am Mittag mitgenommen hatte.

      In den folgenden Tagen lernt er das Geschäft mit den Matrosen besser kennen. Die haben meistens nur wenig Zeit, um sich vom harten Job auf dem Schiff zu erholen. Die Meisten sind zufrieden, wenn sie eine Kneipe mit etwas Betrieb und gutem Bier finden. Mit dem Wirt der goldenen Gans schliesst er eine Art Vertrag ab. Für jeden Matrosen den er in die Kneipe bringt, erhält er drei Prozent Kommission auf dessen Umsatz. Es ist nicht viel, aber leicht verdientes Geld. Zudem sind die Matrosen dankbar, in anderen Städten werden sie oft übers Ohr gehauen. Die gute Betreuung durch Franz hat sich schnell herumgesprochen. Nach drei Wochen muss er den meisten Kunden nicht mehr nachrennen, sie suchen ihn.

      Streng achtet er darauf, dass sie in der Kneipe gut betreut werden. Die meisten Matrosen fahren immer die gleiche Strecke. Inzwischen kennt er die Möglichkeiten, welche seine Kunden haben. In jeder Stadt

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