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und stellte sich in den Schatten der großen Mauer um auf Xenio zu warten. Auf seinen Kämpfer, der ihn immer wieder retten würde. Sein Leben mit dem eigenen verteidigen würde.

      Cido hatte nur einen Menschen kennen gelernt, der sich für ihn geopfert hat und das war sein Großvater. Doch daran wollte der Braunhaarige jetzt nicht denken. Denn Xenio wird nicht sterben. Nicht so wie sein Verwandter. Das wird er niemals zulassen. Auch wenn er kein Kämpfer war, so hatte er auch eine Waffe, die ihn half sein Leben und das seiner Liebsten zu verteidigen.

      Ruhig beobachtete er den Schatten weiter, wie er sich der Stadt näherte. Die Schritte waren sicher und wenn Cido nicht wusste, was dieser Körper schon alles geleistet hatte, dann würde er nicht damit rechnen, dass es so war. Diese Kraft schien grenzenlos zu sein. Woher nahm er sie nur?

      Nach einer schieren Ewigkeit kam Xenio auch endlich bei dem Tor an, wobei er den Jungen sanft anlächelte: „Da bist du ja endlich.“

      „Tut mir Leid, aber ich hatte es nicht so eilig wie du. Und es war halt doch noch ein gutes Stück zu gehen“, entschuldigte sich Xenio, wobei Cido ruhig neben ihn trat: „Nicht so wichtig. Du bist ja jetzt da.“

      „Na ja, wärst du bei mir geblieben, hättest du nicht warten müssen“, sprach Xenio ruhig weiter, wodurch Cido kurz die Backen aufblähte: „Aber, ich wollte so schnell wie möglich ankommen.“

      „Und was hat es dir gebracht? Nichts. Du musstest doch auf mich warten und bist auch keine Sekunde früher in der Stadt oder gar in einem Bett“, widersprach Xenio sofort, was Cido nicht verstand. Warum kritisierten ihn Xenio jetzt? Hätte er sich nicht einfach freuen können, dass er auf ihn gewartet hatte?

      „Es tut mir Leid, das nächste Mal warte ich nicht mehr auf dich“, grummelte Cido, wodurch Xenio nur aufstöhnte: „Jetzt komm nicht schon wieder damit.“ „Mit was denn?“, zankte der Braunhaarige weiter. „Damit, dass du auf beleidigt tust und mir den schwarzen Peter zuschiebst. Darauf habe ich keine Lust mehr“, die Stimme von Xenio wurde ohne sein Zutun aggressiver, wodurch Cido kurz zurückschreckte: „Wenn das so ist. Dann geh halt. Wie kommst du überhaupt darauf, dass ich auf dich gewartet habe? Ich wollte mir den Sonnenaufgang noch ein wenig ansehen.“

      Xenio seufzte kurz und sah den Jungen verzweifelt an, wobei er seine Hand nach dessen Arm ausstreckte, doch dieser wurde sofort zurückgezogen: „Fass mich nicht an! Verschwinde einfach! Es war Unsinn zu glauben, dass wir zusammen arbeiten können! Dafür sind wir einfach zu verschieden!“

      Der Kämpfer konnte nicht glauben, was er dort hörte. War das wirklich der Ernst des Jungen? Sollte er nun einfach gehen? Er ließ seine Hand sinken und ballte sie kurz zur Faust, bevor er resigniert seufzte: „Wenn das dein Wunsch ist.“

      „Ja, ist er“, unterbrach ihn der Braunhaarige sofort, was ein erneutes Seufzen von Xenio forderte, bevor er sich umwandte: „Dann trennen sich halt unsere Wege hier. Pass auf dich auf, Kleiner.“

      Er schritt davon und Cido wusste nicht, was er sagen sollte. Das wollte er doch gar nicht. Er wollte nur, dass Xenio endlich einmal aufhörte sich selbst als Last zu sehen. Warum konnte der Kämpfer nicht verstehen, wie sich Freunde zueinander verhielten? Rücksicht. Zuneigung. Sorge. Was war mit diesen Gefühlen? Kannte der Blonde sie etwa nicht?

      Cido wollte ihm hinterher eilen, doch da tauchte plötzlich ein Schatten über ihn auf und bevor er darauf reagieren konnte, legte man ihm ein feuchtes Tuch auf den Mund und er spürte, wie er schläfrig und es schwarz um ihn herum wurde.

      Xenio öffnete die großen Flügel der alten Villa und trat ein. Er wurde von einem staubigen Zwielicht begrüßt und der Geruch von abgestandener Luft stieg ihm in die Nase, was ihn kurz niesen ließ.

      Doch er ignorierte die Totenstille in dem Gemäuer und schritt weiter. An den unbenutzten Möbeln vorbei, die aus dunklen Ebenholz und mit Seidenstoff bezogen waren. Sie interessierten ihn nicht, sodass er einfach an den schweren, roten Vorhängen vorbei ging und Fußspuren in dem Staub, der die weißen Marmorfließen bedeckte, hinterließ.

      Er mochte dieses Haus nicht, dennoch musste er hier sein, um seine Wunden zu versorgen. Darum nahm er zwei Treppenstufen auf einmal, um schneller in den ersten Stock zu kommen. Auch hier waren die Wände mit Bildern verziert, die von einer dicken Staubschicht bedeckt waren, wodurch man nicht mehr erkannte, was sie einst mal abgebildet hatten.

      Doch Xenio kannte jedes einzelne von ihnen blind und er konnte es nicht verhindern, dass er nach wenigen Schritten vor einem Gemälde stehen blieben. Auch auf diesen machte es ihm die Staubschicht unmöglich etwas zu sehen, wodurch er sie kurzerhand mit seinem rechten Ärmel wegwischte.

      Er sah in drei Gesichter. Ein junger Mann mit schwarzen Haaren und roten Augen lächelte warm und umarmte sanft seine Frau, die goldene Augen und violette Haare hatte. Auf ihrem Schoß saß ein blonder Junge mit eisblauen Augen, der übers ganze Gesicht strahlte.

      Sein Hals schnürte sich zu, als er über die Gesichter der Erwachsenen fuhr, während er die brennenden Tränen versuchte niederzukämpfen. Immer wieder zitterte seine Hand, als sie die sanften Konturen nachfuhr, bevor er sie langsam zu einer Faust ballte und dann sinken ließ.

      Sie waren tot. Schon seit vielen Jahren. Doch der Schmerz wurde nicht weniger. Jedes Mal wenn er eine Familie sah, wurde er daran erinnert, was man ihm gewaltsam nahm. Und er würde es nie wieder zurückbekommen. Egal was er dafür tat. Sie waren gestorben und er war für immer alleine. Niemand wollte ihn je wieder haben und keiner würde ihn je wieder verstehen.

      Er riss sich schließlich von dem Bild los und ging weiter in das Zimmer neben dem Bild. Auch hier herrschte das Zwielicht, weil die Gardinen zugezogen waren. Doch Xenio brauchte auch kein Licht. Er kannte sich hier blind aus. Schließlich war es sein eigenes Zimmer, wodurch er gänzlich eintrat und schließlich aus dem Anzug schälte. Der kaputte Stoff fiel achtlos auf den Boden, denn es war unwichtig, ob es hier sauber war oder nicht. Niemand würde hier je wieder wohnen solange Xenio am Leben war.

      Das Kettenhemd und die Waffen legte er behutsam auf das staubige Bett, bevor er sich daneben niederließ und kurzerhand eine Schublade des Nachtkästchens öffnete, um daraus eine Kruke zu nehmen. Sie beinhaltete eine Salbe, die nach einer alten Familienrezeptur hergestellt wurde und in der Lage war jede Wunde heilen zu lassen.

      Kurzerhand öffnete er den Deckel und tauchte die Finger in die kühle Substanz, bevor er damit begann jede Verletzung einzureiben. Er hatte viele Schnittwunden von Drakinas Horn und auch die blauen Flecken des Zwerges waren nicht gerade ohne. Doch er verarztete jede Blessur mit sanfter Hingabe, wobei er froh war, dass sie alle schon geschlossen waren, denn sonst wäre es schmerzhaft geworden.

      Nach einer kleinen Ewigkeit konnte er den Deckel wieder schließen und sich langsam wieder anziehen. Erst das Kettenhemd, dann nahm er aus dem Schrank seines Vaters, dessen Schlafzimmer gegenüber seines eigenen Raumes lag, einen neuen Anzug und schlüpfte in die Kleidung, bevor er sich seine Schuhe wieder anzog und die Waffen einsteckte.

      Das Schwert kam an die Hüfte, der Dolch wieder an seinen Knöchel, während der Bumerang in eine Schlaufe an der Innenseite des Oberteils gesteckt wurde und die Peitsche auf der anderen Seite seiner Hüfte befestigt wurde. Zum Schluss legte er sich noch den Köcher und den Bogen um die Schulter, nachdem er seinen Bestand an Pfeilen wieder aufgefrischt hatte. Er steckte auch die Kruke ein, um sich bei Bedarf wieder verarzten zu können.

      Noch einmal sah er sich in seinem alten Zimmer um, wobei er das Spielzeug auf dem Boden sah. Es lag noch dort, wie an dem Tag als er gegangen war und er wollte es nicht aufräumen. Egal wie oft er nun schon hier gewesen war. Es musste liegen bleiben, um ihn zu zeigen, wann sein altes Leben beendet wurde und das Neue begonnen hatte. Wie brutal ihm seine Kindheit geraubt wurde.

      Ein Seufzer stahl sich über seine Lippen und er wandte sich ab, verließ das Zimmer und ging nun die Treppen gemütlicher nach unten, während seine Finger sanft über das Geländer glitten. Wie oft war er aus Spaß einfach nach unten gerutscht und wie oft hatte ihn seine Mutter deswegen ausgeschimpft? Er würde es sofort wieder tun, wenn er dadurch nur noch einmal ihre Stimme hören könnte. Aber sie war für immer verstummt. Genauso wie sein Vater, der ihn nie wieder auf die Schultern heben würde

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