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Ich musste eine ganze Weile warten und dem Klingelton lauschen, bis sich eine Frauenstimme meldete.

      „Ferienwohnung de goode Diek. Guten Tag.“

      „Guten Tag. Lärpers, Jonathan Lärpers“, stellte ich mich vor. „Ich suche ein Zimmer von morgen an bis Dienstag kommender Woche.“ Der Spruch war mir mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen und ich erwartete wieder die übliche Absage.

      „Ein Zimmer? Wir vermieten keine Zimmer, nur Ferienwohnungen. Für wie viele Personen denn?“

      „Eine Person und ein Hund. Und es ist mir egal, ob Zimmer, Besenkammer oder Wohnung. Ich nehme alles.“

      „Herr Lässers? Ich hätte da eve...“

      „Lärpers, Jonathan Lärpers“, stellte ich klar.

      „Ja, sicher. Auch gut. Also ich hätte da eine Wohnung für zwei Personen. Das Ehepaar, das sie gebucht hatte, musste wegen einer Krankheit ihre Reise leider absagen. Allerdings mit Hund ...“ Die Frau schwieg einen Moment und dachte anscheinend kurz nach. Dann fuhr sie fort: „Was ist das denn für ein Hund? Ein lieber? Sie müssen wissen, wir haben hier einen Bauernhof und jede Menge Tiere, auch Hunde und Katzen. Ist ihr Hund denn verträglich?“

      Ich nickte. Bingo war verträglich. Zu den Guten jedenfalls. Bei Gangstern und Verbrechern konnte er allerdings ganz schön böse werden.

      „Hallo, Herr Lähpers? Sind sie noch am Apparat? Haben sie meine Frage verstanden?“

      „Lärpers, Jonathan Lärpers. Mit ‚r‘ mittendrin. Ja, ich bin noch am Apparat.“

      „Also, was ist das für ein Hund?“

      „Ein Malinois. Sehr lieb und freundlich. Geradezu verschmust. Und er kommt mit Menschen und mit Tieren zurecht. Es wird mit uns keine Probleme geben.“ Ich rieb mir insgeheim die Hände. Unser Urlaub schien gerettet.

      „Die Wohnung kostet pro Tag einhundertfünfzehn Euro, wobei der Preis alle anfallenden Kosten beinhaltet.“ Die Frau lachte leise und fügte dann hinzu: „Nur für ihr Essen müssen sie selber sorgen. Und die Zahlung hat im Voraus zu erfolgen. Das wären für sieben Tage insgesamt“, ich hörte wie sie auf etwas herumtippte, „achthundertundfünf Euro.“

      Ganz schön teuer, doch was tat man nicht alles für seinen Hund.

      Ein Mann und sein treuer Freund ...

      Bevor die Frau es sich noch anders überlegen konnte, erklärte ich hastig: „Gebongt. Ich nehme die Ferienwohnung.“

      „Sehr gut. Dann warten sie einen Moment, ich notiere mir alles. Wie war noch ihr Name?“

      Ich lächelte und mein Blick fiel auf die Uhr über der Tür. Nach gerade einmal drei Stunden erfolglosen Herumtelefonierens endlich ein Volltreffer. Zum Zeichen meines Sieges reckte ich den rechten Daumen in die Höhe.

      „Hallo, sind sie noch da?“

      „Lärpers, Jonathan Lärpers.“ Zur Sicherheit und zum besseren Verständnis buchstabierte ich meinen Namen.

      „Und ihr Hund, wie heißt ihr Hund?“

      „Bingo.“

      „Bingo? Ein Hund namens Bingo? Ist das nicht so ein komisches Spiel? Na egal, ich habe mir ihre Namen notiert. Herr Lärrperts mit seinem Bingo - Hund. Die Formalitäten erledigen wir dann, wenn sie hier sind. Und vergessen sie nicht die achthundertsechsundzwanzig Euro mitzubringen.“

      „Achthundertsechsundzwanzig? Ich dachte, es wären achthundertundfünf Euro?“ Hatte ich mich vorhin verhört?

      „Ja, das ist richtig. Dazu kommen aber noch einundzwanzig Euro Gästebeitrag. Drei Euro pro Tag.“

      „Gästebeitrag?“ Offensichtlich wollte die Frau jetzt, da ich zugesagt hatte, den Preis noch ein wenig in die Höhe schrauben. Da war sie allerdings bei einem Jonathan Lärpers an den Falschen geraten. „Was soll das denn nun wieder sein?“

      Ich hörte die Frau stöhnen. „Gästebeitrag ist das, was man früher Kurtaxe nannte. Wollen sie nun die Wohnung oder nicht?“

      „Doch, doch. Auf jeden Fall.“

      Was spielten die einundzwanzig Euro für eine Rolle, wenn ein Mann und sein Hund gesunde Seeluft schnuppern können ...

      VI.

      Nordsee, Seeluft, Ostbense.

      Sieben Tage Entspannung pur, die aber auch notwendig wurden. Nach all den anstrengenden Ermittlungen.

      Wir waren an diesem Tag früh losgefahren, da ich jede Sekunde meines Urlaubs ausnutzen wollte. Bingo döste auf dem Rücksitz und ich konnte spüren, wie er sich schon auf die Tage an der See freute.

      Gestern hatte er sich nur widerwillig von Christine getrennt, bei der er die Zeit im Büro verbracht hatte, während ich mühsam unseren Urlaub organisierte. Aber Chrissi wusste den Hund zu ködern: Als ich in den Raum trat, kaute mein haariger Freund an einem riesigen Rinderknochen, mit dem er sich in eine Zimmerecke zurückgezogen hatte. Bingo folgte mir nur, weil er den Knochen mitnehmen durfte und jetzt lag das Ding hinter dem Fahrersitz auf dem Boden und wurde von ihm gut bewacht.

      „Keine Stunde mehr“, erklärte ich meinem Freund nach einem Blick auf die Uhr. Wir kamen in meinem kleinen, postgelben Kia Venga gut voran, da heute kaum Reiseverkehr herrschte. Morgen oder Freitag würde das ganz anders aussehen. Doch da lägen oder spazierten wir schon am Strand.

      Das Dörfchen ließ sich im Computer leicht finden und der Name des Ferienhofes klang für mich holländisch. De goode Dieck, was immer das auch heißen mochte, doch wenn das nicht nach fernem Ausland klang, dann wusste ich auch nicht.

      „Jetzt noch fünfundvierzig Minuten“, hielt ich Bingo auf dem Laufenden. Er dankte mir die Information mit einem leisen Grunzen.

      Ist der Hund zufrieden, ist auch das Herrchen zufrieden.

      Bis Leer in Ostfriesland konnte ich die Autobahn benutzen, doch hinter einem Dorf mit dem malerischen Namen Moormerland musste ich auf die Landstraße wechseln. „Das war Moormerland“, raunte ich Bingo zu und sang leise vor mich hin: „Maikäfer flieg, der Vater ist im Krieg. Die Mutter ist in Moormerland, Moormerland ist abgebrannt. Maikäfer flieg.“ Ich erinnerte mich noch gut an das Kinderlied, doch dass ich einmal selbst an diesem Moormerland vorbeifahren würde, hätte ich mir nie träumen lassen.

      Überhaupt: Die verschiedenen Schilder, die am Straßenrand standen, ließen direkt Urlaubsstimmung bei mir aufkommen. ‚Fehntjer Tief-Süd‘. Das klang auch irgendwie holländisch und in Gedanken spielte ich die ein oder andere Übersetzung durch. Vielleicht bedeutete das ja: ‚Fehntjer Tier-Sud‘, was wiederum auf reichlich gegartes Fleisch schließen ließ. Eine Gegend, in der ein Jonathan Lärpers es sich gutgehen lassen konnte.

      Und natürlich sein Hund.

      Endlich rauschten wir an dem Ortsschild ‚Ostbense‘ vorbei, wobei mich allerdings ein wenig irritierte, dass darauf ‚Neuharlingersiel‘ und darunter ziemlich klein ‚Ostbense‘ stand. Aber so musste das wohl hier an der Küste sein.

      „An der Nordseeküste, am goldgelben Strand, sind die Fische im Wa...“ Bingos unwilliges Knurren beendet meine Gesangsdarbietung abrupt, aber ich musste mich sowieso auf die Straße konzentrieren.

      Der Ferienhof entpuppte sich als normaler Bauernhof, der ziemlich einsam dalag. Ringsherum nur Felder und Wiesen mit zahlreichen Kühen, was meine gute Laune aber nicht mindern konnte. Zumal ich bei dem Anblick der Kühe direkt an ein riesiges Rindersteak dachte, das ich mir heute Abend gönnen würde. Oder schon eines heute Mittag und ein weiteres heute Abend. Ein Ferienort musste ja über entsprechende Restaurants verfügen ...

      Mein Kia kam in einer Staubwolke direkt vor der Eingangstüre des Bauernhauses zum Stehen und noch bevor ich aus dem Wagen steigen konnte, öffnete sich die Tür und eine stämmige Frau mittleren Alters trat aus dem Haus. Sie trug eine Schürze über

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