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Fahrt. Bingo nutzte die Gelegenheit und schoss an mir vorbei, um sein Bein an dem linken Hinterreifen zu heben.

      „Moin“, begrüßte mich die Frau und stieg dabei die wenigen Stufen herab. „Se sünd de Heer Lärrpers? Willkomen up de Plaats de goode Diek. Ik bün de Rieke de Düün.“

      Sie sah mich an, so als erwarte sie von mir etwas. Dabei hatte ich nicht ein Wort von dem verstanden, was die Frau gesagt hatte. ‚Willkomen‘ vielleicht noch und ‚Lärrperts‘, was sie fälschlicherweise mit einem rollenden ‚r‘ aussprach. Ich dachte noch über ihre Worte nach, als Bingo sich direkt vor die Frau setzte und seine rechte Pfote hob.

      „Lärpers, Jonathan Lärpers. Ohne Doppel-R.“ Dann erinnerte ich mich an die Nähe zu den Niederlanden und tippte darauf, dass die Frau mit mir holländisch gesprochen hatte. Während sie sich zu Bingo herabbeugte und ihm lächelnd die Pfote schüttelte, kramte ich meine Niederländischkenntnisse zusammen. „Well day, ick spräche but no Holländisch. You kenn auch Deutsch met me redde. Kenn you Deutsch?“

      Die Antwort ließ zunächst noch auf sich warten, denn jetzt war die Bäuerin erst einmal damit beschäftigt, Bingo den Bauch zu kraulen, der diese Streicheleinheiten sichtlich genoss.

      „Ick niet spräcke Hollands“, versuchte ich erneut ihre Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Endlich richtete sie sich wieder auf.

      „Willkommen auf goode Diek. Aber wir sprechen hier kein Niederländisch, sondern Platt. Einen feinen Hund haben sie da. Bingo, richtig?“

      Ich nickte. „Und ich heiße Lärpers. L-ä-r-p-e-r-s.“

      „Ja, ich weiß Herr Lärrperts. Das sagten sie schon öfter. Aber ihren Wagen können sie hier nicht stehen lassen. Sehen sie das Schild dort, der Parkplatz für die Gäste befindet sich dort hinten neben dem Gästehaus. Setzen sie bitte den Wagen um und danach kommen sie in mein Büro, dann können wir die Formalitäten erledigen. Anschließend zeige ich ihnen ihre Wohnung.“

      Ich nickte und sah mich nach dem Gästehaus um, das sich als umgebaute Scheune entpuppte. „Komm Bingo“, rief ich meinen kleinen Freund und sah mich suchend nach ihm um. Schließlich entdeckte ich den Malinois, wie er ein Stück abseits im Schatten lag und an seinem Knochen kaute. Achselzuckend stieg ich in den Wagen. Sollte der Hund doch machen, was er wollte.

      „Also Herr Lärrperts, ich brauche hier noch ihre Unterschrift.“ Die Frau reichte mir meinen Personalausweis zurück und hielt mir ein Formular hin. „Dann bekomme ich noch achthundertsechsundzwanzig Euro von ihnen.“

      Ich unterschrieb die Anmeldung und sah anschließend die Frau an, die auf einem einfachen Küchenstuhl vor einem winzigen Schreibtisch saß. Aber ihr gesamtes ‚Büro‘ war sehr klein und größere Möbel hätten kaum hier hineingepasst. „Also, mit dem Geld“, begann ich vorsichtig meine Beichte, „das ist so eine Sache ...“

      „Eine Sache?“ Die Frau sah mich misstrauisch an. „Was soll das heißen?“

      „Nun, also, ich ... also eigentlich“, druckste ich herum. „Gestern, also gestern nach unserem Gespräch ... Wissen sie, was ich meine?“

      „Nein, das weiß ich nicht. Also stottern sie nicht so herum, junger Mann, sondern kommen sie endlich zur Sache.“

      „Ich wollte gestern noch das Geld abheben, doch der Automat hat meine Karte nicht angenommen. Hier sehen sie.“ Ich kramte meine EC-Karte hervor. „Der Chip ist beschädigt, deswegen konnte ich kein Geld abheben. Ich kann ihnen gerade einmal zweihundert Euro in bar geben und müsste erst zu einer Bank. Das würde ich aber direkt heute noch erledigen“, fügte ich treuherzig hinzu.

      Erneut blickte mich die Frau misstrauisch an. Dann hielt sie die Hand auf und meinte streng: „Zweihundert Euro? Den Rest bekomme ich dann morgen von ihnen, sonst müssen sie wieder ausziehen.“

      „Ja, natürlich. Ich fahre nachher direkt in den Ort und besorge das Geld.“

      Die Bäuerin knurrte leise. „Da müssen sie schon nach Neuharlingersiel, Dornum oder Esens fahren.“

      „Ist das weit?“, fragte ich. Nach den anstrengenden Stunden Autofahrt wollte ich bei dem herrlichen Wetter nicht noch stundenlang Auto fahren, sondern endlich an den Strand und das Meer sehen.

      Und riechen.

      „Keine Sorge, junger Mann. Neuharlingersiel erreichen sie mit dem Wagen in gut zehn bis fünfzehn Minuten.“ Sie drückte mir eine Quittung über zweihundert Euro in die Hand, nahm einen Schlüssel und erhob sich langsam. „Kommen sie, ich zeige ihnen ihre Wohnung. Folgen sie mir einfach.“

      Wir gingen zu der ehemaligen Scheune hinüber und diesmal folgte uns Bingo mit dem riesigen Knochen im Maul. Ich hoffte nur, der Hund würde nicht den ganzen Urlaub über mit dem Ding herumlaufen.

      Die Wohnung war klein, aber für zwei Personen durchaus ausreichend und bestand lediglich aus einem Zimmer mit Kochnische und einem Bad. Fast schon wie ein Hotelzimmer, doch mehr brauchten Bingo und ich ja auch nicht. Die Frau ließ mich schon nach ein paar Minuten mit den Worten: ‚Und vergessen sie das restliche Geld nicht ...‘ allein.

      „Das ist jetzt unser Reich für die nächsten sieben Tage“, erläuterte ich Bingo, der es sich mit seinem Knochen neben dem Doppelbett bequem gemacht hatte. Ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen stand direkt davor und an einer Wand befand sich ein Kleiderschrank neben einer Kommode. Links und rechts vom Bett standen zwei Nachttischen und alles wirkte sehr rustikal und gemütlich. Ich ließ mich auf das Bett fallen und sah Bingo dabei zu, wie er sich mit dem Knochen abmühte.

      Ein Mann und sein Hund halt ...

      Ich erwachte durch das Schnarchen meines treuen Freundes, das mir direkt ins Ohr drang. Bingo hatte sich unbemerkt neben mich gelegt und seine Schnauze lag direkt neben meinem Kopf. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es Mittagszeit war und seufzend erhob ich mich. Es wurde allmählich Zeit, zu dieser Bank zu fahren.

      VII.

      Die Strecke nach Neuharlingersiel schaffte ich in zehn Minuten. Leider stand ich dann ziemlich ratlos vor einem Geldautomaten. Hatte mich die Frau Düün falsch verstanden? Genau diese Geldautomaten waren es doch, wo ich kein Geld bekam und jetzt schicke sie mich hier zu diesem Gerät.

      Ein älterer Herr beobachtete mich erst skeptisch, schob sich dann an mir vorbei vor den Automaten und zückte eine Scheckkarte. Bevor er sie in den Schlitz steckte, sah er mich noch einmal prüfend an. „Wollen sie da stehen bleiben?“, fragte er und es klang nicht sonderlich freundlich.

      „Warum, was meinen sie?“

      „Ich würde gern Geld abheben und das ohne, dass mir jemand über die Schulter schaut und meine Geheimzahl ausspioniert. Es wäre also sehr nett, wenn sie weitergehen könnten!“

      Ich musste dem Mann Recht geben, denn auch ich mochte es nicht, wenn mir jemand beim Geldabheben über die Schulter schaute. „Entschuldigen sie“, gab ich freundlich von mir, „aber ich suche eine Bank oder Sparkasse. Meine Karte ist beschädigt und ich kann an Automaten kein Geld abheben. Leider hat mich meine Vermieterin hierhin geschickt ...“

      Jetzt blickte der Alte etwas freundlicher und zeigte die Straße entlang. „Eine Sparkasse finden sie in dieser Richtung nach zirka einem Kilometer an der Straße.“ Dann blickte er auf seine Uhr und schüttelte den Kopf. „Allerdings werden sie dort wenig Glück haben, denn die Filiale schließt schon um zwölf Uhr.“

      „Und sonst gibt es hier keine Möglichkeit an Geld zu kommen?“, fragte ich enttäuscht und sah mich im Geiste schon auf der Straße stehen oder wieder nach Hause fahren. Und das alles wegen ein paar hundert Euro!

      Erneut schüttelte der Mann den Kopf. „Hier im Ort nicht. Sie können es aber in Esens versuchen. Dort gibt es eine Volksbank und eine Sparkasse, allerdings kenne ich deren Öffnungszeiten nicht.“ Er erklärte mir noch, wie ich dorthin kam und sah mich abwartend an.

      „Esens?“ Ich bedankte mich bei dem Alten und eilte zu meinem Wagen zurück.

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