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den Raum zu wärmen versprachen.

      Vor dem Büffet lud das alte Plüschsofa zum Liegen oder Sitzen ein, ebenso der geliebte Ohrensessel und zwei weitere kleinere Plüschsessel, die sich wie alle Sitzmöbel um den großen Nussbaumtisch gruppierten.

      Obwohl der Raum dadurch schon fast an gemütlicher Überfüllung litt, gab es aber noch Platz für die Einrichtung eines Kinderzimmers, bestehend aus dem kleinen Kinderstuhl-Tisch, der für Ursel zu klein geworden nun ausschließlich zu meiner Verfügung stand, und einem Stuhl mit einem weiteren kleinen Tisch, an dem Ursel ihre Schularbeiten erledigen konnte. Unter dem Kinderstuhl-Tisch durfte ich meine Spielsachen aufbewahren, die eigentlich fast nur aus zwei abgelegten Puppen meiner Schwester bestanden, aus fünf kleinen Puppenstuben, einigen kleinen Holzfiguren, die wohl früher einmal zu einer Weihnachtskrippe gehört hatten, sowie einer Hexe und den Märchenfiguren Hänsel und Gretel.

      Die drei letzteren waren etwa fingerlang, die Hexe etwas größer als die beiden anderen aus hartem Material gefertigten Püppchen. Die Hexe stützte sich auf einen Stock und trug ein Kopftuch mit extrem kleinem blau-weißem Karomuster.

      Ursels Spielzeug, Puppenwagen und einige Puppen lagerten im Nebenraum, in dem auch das Schlafzimmer untergebracht war. Es war noch mehr mit Möbeln vollgestopft, die nicht in den Keller konnten und auch keinen Platz mehr in unserem Wohnraum hatten.

      Alle Räume waren etwa drei Meter hoch, so dass trotz der Enge im Winter ein enormer Heizbedarf notwendig wurde.

      Die beiden uns zur Verfügung stehenden Zimmer lagen nebeneinander, hatten aber keine Verbindungstüre, so dass man nur über den Flur von einem ins andere Zimmer gelangen konnte.

      Der Flur strahlte mit seinen fast zwei Meter hoch gefliesten grünen Wänden eine gewisse Würde aus, die man zum Beispiel sonst nur in einer Kathedrale empfindet, so dass wir in diesem Flur uns recht leise verhielten, auch wenn nicht wegen der alten Dame von oben sowieso ein Ruhegebot ausgesprochen worden wäre. Die grünen Fliesen an den Wänden rings herum glänzten immer, auch dann, wenn kaum Licht zu sehen war. Oben hatten diese Fliesen eine Verzierung wie eine Bordüre.

      Auf der linken Seite unterbrach eine große, weiß lackierte Doppelschiebetüre die vornehme Kachelung. In den Schiebetüren sorgten zwei messingfarbene Metalleinlassungen dafür, dass man die Türen aufziehen oder auch zuziehen konnte, eine der beiden Mulden war mit einem Schloss versehen, für das nur Oma einen Schlüssel hatte, denn nur sie wollte die Kontrolle darüber behalten, wer den Doppelraum hinter dieser Tür zu betreten die Erlaubnis bekam.

      Wenn wir Kinder wirklich einmal in diese „heiligen Hallen“ eindringen durften, dann ausschließlich zu dem Zweck, die Glastür rechts an der kurzen Wand zu durchqueren, um auf die steile Eisentreppe zu gelangen, die in den Garten führte. Das Zimmer beeindruckte mit einem sehr großen Doppelbett, einem riesigen Kleiderschrank, Waschkommode, zwei Nachtkonsolen aus besonders dunklem, glänzenden Nussbaumholz. Die Betten waren abgedeckt mit einer Brokatdecke, am oberen Ende mit einem weißen Spitzendeckchen verziert.

      Eine Schiebetür verwehrte uns regelmäßig den Blick nach links in den zweiten Raum des Doppelzimmers.

      Das eigentliche Leben von Oma und Tante Erna fand fast ausschließlich in der großen Küche statt, deren Fußboden mit einem schwarz-weißen Schachbrettmuster gekachelt war, die Wände weiß gefliest. Von den Wänden selbst blickte nur wenig in den Raum durch, da ringsherum Küchenschränke aus Kiefernholz den Raum beherrschten. Gleich rechts neben der Tür stand ein gusseiserner Herd, neben dem in einem Korbsessel fast immer Oma saß.

      Auf der rechten Wand in der Ecke vor der Fensterseite gab es ein weißes viereckiges Porzellanwaschbecken. Die Mitte des Zimmers nahm ein Kiefernküchentisch ein, um den insgesamt sechs Kiefernstühle zum Sitzen einluden.

      Obwohl mir gestattet war, Oma in dieser Küche ständig zu besuchen, machte ich von meinem Besuchsrecht sehr wenig Gebrauch, weil mir die kalte Atmosphäre dieses Zimmers nicht behagte.

      Oma selbst war für einen kleinen Jungen auch nicht allzu unterhaltsam, sie wirkte schon immer ausgesprochen alt und gebrechlich. Sie hatte lange weiße Haare, die ihr bis zum Po reichten. Allerdings trug sie das Haar grundsätzlich geflochten zu einem Dutt gesteckt, so dass sie typisch so aussah wie die Omas in den bebilderten Kinder- oder Märchenbüchern. Sie war außerordentlich faltig und wackelte ständig mit dem Kopf hin und her, immer von links nach rechts, von links nach rechts.

      Sooft ich Mutti fragte, warum denn Oma immer mit dem Kopf wackelte, erhielt ich zur Antwort, dass das eine Alterserscheinung wäre, für die Oma nichts könne.

      Diese Antwort stellte meinen Wissensdurst nie zufrieden, weshalb ich immer wieder mal nachfragte, weil Mutti ja häufig ihre unvollkommenen Antworten damit begründete, dass ich noch zu klein wäre, um das genau zu verstehen. Vielleicht war ich gerade zum Zeitpunkt der erneuten Frage dann nicht mehr zu klein dazu.

      Oma war auch nicht eine ausgesprochene Schmuse-Oma, zu der ich gerne ging, um wie bei Muti auf dem Schoß zu sitzen. Mutti sagte auch von ihr immer, sie wäre besonders herb.

      Natürlich kam es vor, dass auch Oma mir etwas aus einem Märchenbuch vorlas, aber ich musste dann artig vor ihr auf einem Stuhl sitzen oder vor ihr auf dem Boden, wenn mir das lieber war. Beides fand ich recht ungemütlich, weil ich es doch gewohnt war, beim Vorlesen auf dem weichen Sofa zu sitzen, im Bettchen zu liegen oder im weichen Sessel.

      Das Sitzen auf dem Fußboden war besonders unangenehm, weil dieser nicht nur ausgesprochen hart war, sondern auch entsetzlich kalt. Deshalb beschränkte ich Vorleseminuten bei Oma auch gerne auf ein Mindestmaß. Überhaupt war bei Oma eine ganze Menge verboten für kleine Kinder. So durfte ich niemals allein in ihren Garten, obwohl ich gerade den besonders schön fand.

      Der Garten konnte erreicht werden über die eiserne Treppe durch den Raum, den wir nicht betreten durften oder durch eine schmiedeeiserne Tür, die rechts neben dem Eingangsbereich den Zugang zum Garen ständig dadurch verwehrte, weil sie immer abgeschlossen blieb. Nur Oma hatte auch dafür den Schlüssel in einem Geheimfach in ihrem großen geheimen Zimmer in Verwahrung.

      Das Tor öffnete sich nur, wenn Oma oder Tante Erna die Rasenflächen hinter dem Haus gemäht hatten und das geschnittene Gras hinausbringen mussten oder gejätetes Unkraut oder abgeschnittene Äste von den Apfel- oder Birnbäumen, die im Garten für reiche Ernte sorgten.

      Fein geschwungene mit weißen Kieselsteinen bedeckte Wege führten in Kurven rund um die sauber angelegten Beete. Zwei der großen Beetflächen enthielten Gras und wurden grundsätzlich als Bleichen bezeichnet. In ihren Mitten standen je zwei Birnbäume bzw. Apfelbäume. Links im Garten blühten im Frühling Erdbeerpflanzen, die im Sommer reichlich süße Früchte trugen.

      Das Beet schloss sich unmittelbar an die linke Begrenzungsmauer an, die den Blick auf den Nachbargarten verwehrte. Vom Weg abgeteilt war dieses Beet mit hochkant gestellten Bruchsteinen, die verhinderten, dass eventuell Kieselsteine ins Beet geweht wurden oder Erdbeeren auf den Kies fielen.

      Die beiden Bleichen waren oval und durften auf keinen Fall betreten werden, geschweige denn zum Spielen benutzt. Nur die Erwachsenen durften darauf und auch nur zum Ernten von Früchten, zum Mähen oder zum Auslegen der Wäsche.

      Deshalb gab es vom Haus aus auch noch einen dritten Zugang in den Garten, nämlich von der Waschküche aus, deren Tür unmittelbar in den Garten hineinführte.

      Wann jedoch große Wäsche gewaschen wurde, wurde in einem Plan genau festgelegt. Dann hatte natürlich auch Mutti freien Zugang zum Garten, und auch wir Kinder durften in ihrer Begleitung hinein. Aber wir mussten streng auf den Wegen bleiben, durften auch nichts abpflücken und fast nichts anfassen.

      Die beiden Hauptwege rechts und links neben den Bleichen führten außen auf der rechten Seite an einem mit Johannis- und Stachelbeeren bepflanzten Beet vorbei zum Eingang bzw. Ausgang zum Vorgarten. Kurz vor dem Tor gab es einen üppigen Fliederbusch. Auch hinter diesem Beet versperrte eine Mauer den Blick zum Nachbargarten.

      Zwischen den beiden Hauptwegen gab es noch einen geraden Verbindungsweg, der die Wiesen in zwei Bleichen aufteilte.

      Beide Hauptwege aber endeten in einer kreisförmigen Kurve vor einem achteckigen Pavillon, in dem ringsherum auf Bänken für mindestens zwölf Personen

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