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auf und zündet mit einem Gesichtsausdruck der sagt: „Geht doch.“ und einem leichten Kopfschütteln das Holz.

      Ich blicke zu ihr herüber, aber sie ist schon vor Erschöpfung eingeschlafen. Ansonsten wäre sie wohl vollends ausgerastet. Der Mann schließt die Tür.

      000

      Langsame, halblaute, elektronische Musik.

      Gedimmtes Licht; Puls: 120 Schläge pro Minute - Tendenz steigend.

      Sie mag es, wenn ich sie drücke.

      Sie mag es sehr wenn ich sie drücke, ziehe, ihr aus Jux widerspreche,

      nur um im nächsten Moment alles zuzulassen.

      Wir haben beide etwas gleichzeitig auszuleben und zu verstecken.

      Mein Geheimnis kennt sie, ihres hat sie mir nicht gesagt,

      es ist ihr aber wie mit dickem Edding

      auf die Lider uns ins Gesicht geschrieben:

      Ich bin der perfekte Übergangsmensch,

      eine Zwischenlösung die nie die Wahrheit

      aber zumindest den Anschein ihrer darstellt,

      wenn man es nur sehen will.

      Und ihr Wille ist alles was sie hat.

      Die Ehrlichkeits- und Realitätsfesseln der Sonne,

      haben wir mit ihrem Untergehen abgelegt

      und flüstern uns nun schöne, zweckgebundene Liebeslügen zu.

      Ich weiß es, bin mir dessen bewusst,

      dass ich mich mit meinen Worten und Taten am Meisten betrüge,

      aber ist sie sich dieser Scheinheiligkeit auch bewusst?

      Wie ein Schwert in Stein

      So wache ich auf.

      Ich liege.

      Es ist dunkel, aber meine Augen stört das nicht.

      Im Bett gegenüber liegt die stille Frau.

      Mein Kopf liegt zur linken Seite geneigt auf dem Kissen. Ich auf dem Rücken, in der gemütlichsten Position, unter der angenehmsten Decke die es gibt.

      Sie starrt mir ängstlich in die Augen, wie ein Kind, dass man zum ersten Mal allein unter Fremden lässt. Sie zittert.

      Mir fällt auf, dass es sehr kalt in unserem Zimmer ist und ihre Decke auf dem Boden liegt.

      Als ich abwechselnd sie und ihre Decke anschaue, mit fragendem Blick, der, wie ich hoffe, ausdrückt: "Soll ich Ihnen helfen sich wieder zuzudecken?", hebt sie ihre beiden zittrigen Hände von der Brust und deutet ein STOPP.

      Ich zögere kurz, will ihr aber dann doch Gutes tun, auch wenn es gegen ihren Willen ist.

      Ich kann mich nicht bewegen.

      Erst jetzt fällt mir die Schwere auf.

      Die Leichtigkeit, wohlige Wärme und Versunkenheit, die mich eben noch so behütet hat aufwachen lassen, fühlt sich nun an, als stecke ich in fast ausgekühltem Grießbrei, bis zum Hals.

      Es ist warm, aber es hält mich fest, das Federbett drückt mir auf die Lunge und erschwert mir das Atmen. Ich versuche mich zu beruhigen und spüre einzeln in verschiedene Teile meines Körpers. Ich habe Muskelkater. Überall. Als wäre ich einen Marathon gerannt. Und anschließend noch drei weitere. Ich schaue zu Frau Blattzweig herüber und finde Ruhe in ihren Augen.

      Sie zittert nicht mehr. Ihr Gesicht wird zu dem einer besorgten und wohlwollenden Mutter. Sie streckt sich, greift nach ihrer Decke und deckt sich wieder zu, besser als ich sie je hätte betten können. Eingekuschelt sieht sie nun wieder zu mir, noch sanftmütiger als zuvor, legt einen Finger auf ihre leicht geöffneten Lippen und schließt langsam ihre Augen, ohne den Blickkontakt zu mir zu verlieren. Ich komme wieder zur Ruhe, die schwere Decke wird wärmend, die kalte Luft an meinem Gesicht angenehm kühl und das Bett eine Herberge.

      Ich erinnere mich an den Tee der beiden Herren und mir wird flau nur beim Gedanken daran. Er muss vergiftet gewesen sein. Das ist es. Ich wurde vergiftet.

      Was bleibt mir nun? Gefangen in Gemütlichkeit.

      Also schließe ich die Augen und fange an zu träumen.

      Spiel mit

      Ich traf sie in einer nur durch Kerzenlicht beleuchteten Bar in der Altstadt. Ihre Figur war die einer Genießerin. Sie wusste was sie wollte. Ob es Drinks, Zigarettenmarke, Musik oder Männer waren. So sah sie für mich aus. Mittellanges dunkelbraunes Haar, ein rundes blasses Gesicht, braune Augen, die wie mit Ölkreide gemalt glänzten und die Hälfte ihres Gesichts ausfüllten.

      Ich weiß nicht wie ich es schaffte, doch wir kamen ins Gespräch.

      Es gab nicht viel zu sagen. Eigentlich genügte ihr Blick und ihre Körpersprache um zu wissen, dass sie das dachte, was ich mich nicht zu denken traute.

      Wir verließen zusammen die Bar, raus auf die engen, von hohen, dunklen Häusern eingesperrten Straßen. Ich folgte ihr, sie zog mich. Meine Hand fest in ihre eingeschlossen. Dass diese schwitzte schien ihr gerade recht. Wir sprachen nicht miteinander, sie ging und ich folgte, wie ein Junge der von seiner Mutter durch die neue, große Welt des Einkaufens, beschützt geführt wird.

      Sie klaute mir, wenn sie selbst vom Bestaunen der Nacht, dass sie, trotzdem sie schon länger hier zu wohnen schien, tat, abließ, ein Funkeln aus meinen weit geöffneten Augen, dass sich sofort in

      ein Gefühl von Wärme und ein kurzes Drücken auf meinem Handrücken verwandelte.

      Nachdem die Lichter lange hinter uns waren, traten wir in ein schmales Eckhaus. Sie kramte ihren Schlüssel aus der Tasche ohne mich los zu lassen. Drei Schritte durch das dunkel gekachelte Foyer in den Aufzug, der mitten im Gebäude frei nach oben führte. Es war ein Gitteraufzug, man konnte beim Steigen ins Haus schauen und an die Eingangstüren der Wohnungen.

      Erst jetzt, im zweiten Stockwerk, fiel mir auf, dass noch sechs weitere Personen im Aufzug standen. Er war nicht zu groß um sie zu übersehen, wir kuschelten sogar fast alle miteinander, aber ich

      war so in der Szene des Moments verloren, dass sie mir entgangen waren.

      Vierter Stock, ich öffnete das Gitter mit beiden Händen. Alle stiegen aus, wir auch. Es waren drei Mädchen und drei Jungs die mit uns gefahren waren. Jedes Mädchen schnappte sich einen Jungen und sie verschwanden jeweils hinter einer Tür. Ich klopfte an einer Tür die sich vor mich schloss, weil ich meine Göttin verloren hatte und fragen wollte, wo sie ist. Die Tür öffnete nur einen Spalt weit. Aus dem 20-jährigen Mädchengesicht von eben ist ein 40-jähriges Kassiererinnen-Gesicht geworden, dass zu mir, ohne ein Wort von mir gehört zu haben sagte: „Hier ist besetzt, komm in einer Stunde wieder.“

      Eskorten? Oh nein, ist meine Göttin eine Eskorte, die die Liebe nur zu gut kennt und weiß wie man sie spielt, damit Jünglinge und Laufburschen der verlorenen Romantik ihr zu Füßen liegen? Bitte nein, das darf nicht wahr sein, sie schien so echt und unverkrampft.

      Doch sollen Freudenmädchen nicht genau so sein? Ich wurde reingelegt.

      Verloren, enttäuscht und orientierungslos stand ich also im dunklen Flur und mein Mädchen war.. Sie griff mich von hinten an der Hand und zog mich weiter. Ein kurzer Blick von ihr, der in meinem

      Kopf klang: „Nanana!“

      Wir betreten ein Zimmer. Ihr Zimmer anscheinend. Sehr große Laufflächen zwischen den wenigen Möbelstücken. Ein Bett, ein Schrank, ein Sofa, ein Teppich, ein Tisch. Und

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