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Pyria. Elin Bedelis
Читать онлайн.Название Pyria
Год выпуска 0
isbn 9783754940136
Автор произведения Elin Bedelis
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Drückende Kopfschmerzen zogen dem Feuerspucker durch den Schädel und er ließ die Stirn auf seine Arme sinken. Zusammengekauert saß er mit geschlossenen Augen da und versuchte, wie schon in den Tagen zuvor die Kraft zu finden, sich gegen das Chaos aufzulehnen. Hätte es doch nur einen Weg gegeben, alles wiedergutzumachen, wenigstens das verwirkte Vertrauen zurückzuerhalten. Er wusste, dass er sich falsch entschieden hatte in Om’falo. Eigentlich hatte er es schon in dem Moment gewusst, in dem er die Entscheidung gefällt hatte. Es war schließlich nicht so, als hätte er Kendra nicht dort lassen können. Es war nicht Gwyns Verantwortung gewesen; die Leben seiner Freunde dagegen hatte er willentlich aufs Spiel gesetzt. Also musste er entweder Machairis Vertrauen zurückgewinnen, oder er konnte sich bei nächster Gelegenheit irgendwo runterstürzen. Man konnte also quasi sagen, dass er nichts zu verlieren hatte. Was wäre eine bessere Voraussetzung, um sich auf eine Todesmission zu begeben?
Je länger er den Gedanken im Kopf drehte, desto sicherer wurde er, dass sich ihm hier eine Chance bot, die er gerne nutzen wollte. Das Problem daran war nur, dass er Machairi davon überzeugen musste.
Eine der hervorstechendsten Eigenschaften von Machairi war, dass er sich nicht bequatschen ließ. Ihn zu überreden war nie von Erfolg gekrönt. Allerdings hätte Gwyn sich vorstellen können, dass Rish es vielleicht schaffen konnte. Sie hatte einen seltsamen Einfluss auf den Schatten und für einen kurzen Moment spielte er mit dem Gedanken, sie um Hilfe zu bitten. Er wusste allerdings, was sie von der Idee halten würde und dass sie sich noch immer vor Machairi fürchtete und dass seine Chancen vermutlich nicht besser standen, wenn er jemand anderen vorschickte, und so verwarf er den Gedanken wieder.
Lange saß Gwyn in seinem Zimmer und versuchte, einen Plan auszuhecken, während seine Gedanken sich überschlugen und das Tageslicht der Dämmerung wich. Lange Schatten warf das sterbende Tageslicht nun in den Raum und der Feuerspucker spürte, wie es noch enger in seiner Brust wurde. Mit der Nacht und der Dunkelheit wurden die Selbstvorwürfe stärker und hätte er nicht bereits zu einem kleinen Paket gerollt in der Ecke gekauert, hätte er sich noch weiter zusammengezogen. So konnte es nicht weitergehen. Er war müde. Müde vom Traurigsein und dem grausamen Gefühl in seinem Inneren. Es machte ihn wahnsinnig – schon wieder, oder vielmehr immer noch.
So konnte es nicht bleiben. Bevor er wirklich wusste, was er tat, war er auf den Beinen. Wenn es etwas gab, was ihn aus diesem Grauen befreien konnte, das sein Herz und seinen Kopf einfing, dann war er bereit, alles dafür zu tun.
Mutiger als er sich fühlte, trat Gwyn auf den Flur hinaus und stolperte fast augenblicklich zurück in den Raum. Rish betrat in diesem Moment den offenen Flur und er ging davon aus, dass sie nicht allein war. Wie wild zappelte ihm das Herz in der Brust und er hätte sich selbst dafür schlagen können. Wann war es so weit gekommen, dass er nicht mal mehr im gleichen Flur sein konnte wie seine Freunde, ohne buchstäblich die Flucht zu ergreifen? Sein Herz stolperte noch mehr, als es kaum eine Sekunde später an der Türe klopfte. Wie automatisch zurrte sich seine Kehle zu und er hätte alles darum gegeben, sich in Luft auflösen zu können.
Unschlüssig stand er da und musterte die Tür, fragte sich, ob es nur Rish oder gar der Schatten selbst war, wobei die Wahrscheinlichkeit, dass der klopfte, recht gering war. Sein Anflug von Mut war verfolgen und es kostete ihn alles an Selbstbeherrschung, die Tür zu öffnen und hinauszuschielen.
Mit gerunzelter Stirn stand Rish vor der Tür – allein – und musterte ihn forschend, als er scheu hindurchblickte. Warum war sie nass? Trotz des Zwielichts in dem offenen Flur konnte man gut erkennen, dass ihre Haare feucht waren, und auch ihre Bluse und das rötliche Korsett wiesen dunkle Flächen auf, die eindeutig von einer Flüssigkeit stammten. Was wollte sie von ihm und warum wusste sie, in welchem Zimmer er war?
»Ist alles in Ordnung?«, fragte die Harethi, noch immer mit gerunzelter Stirn und klang sehr skeptisch.
Gwyns Zunge wog sicher mehrere Tonnen. Schwer und ungelenk wie ein Stein lag sie ihm im Mund und er traute sich nicht zu, sie zu benutzen. Die Vorstellung, nur unverständliche Laute hervorzubringen, war zwar unrealistisch, machte seine Angst jedoch nur größer. Was war nur los mit ihm?
»Du sitzt nicht in einer Ecke«, stellte sie dann fest und verbannte den skeptischen Ausdruck von ihren Zügen. Eigentlich wollte er sich veralbert vorkommen, aber erstens war nicht viel Amüsement in ihrer Stimme und zweitens hatte sie recht. Davon abgesehen, dass er bis vor wenigen Augenblicken in einer Ecke gesessen hatte. »Wohin wolltest du gehen?«, fragte sie dann und endlich begriff der Gaukler, dass sie ihn gesehen hatte, als er auf lächerliche Weise in sein Zimmer zurückgeflüchtet war. Da er sich dankenswerterweise daran erinnerte, dass er zuvor festgestellt hatte, dass es keine gute Idee war, sie um Hilfe zu bitten oder einzuweihen (und weil die unrealistische Angst, nicht sprechen zu können, nicht verflogen war) zuckte er nur mit den Schultern und wich ihrem Blick aus.
»Gwyn«, murmelte sie und klang plötzlich viel mitleidiger. »Es wird schon alles wieder gut. Erstmal hast du doch jetzt etwas Ruhe und er ist nicht in der Nähe. Dann kannst du dich vielleicht etwas sammeln?«, schlug sie vorsichtig vor und musterte ihn besorgt.
Er wusste nicht, was er sagen sollte. Am liebsten hätte er die Tür einfach wieder zugeschlagen. Wie genau gedachte er, ausgerechnet mit Machairi zu reden, wenn er selbst vor Rish keinen Ton herausbrachte? »Wo ist er?«, fragte er ohne jeden Zusammenhang. Seine Stimme klang furchtbar. Kratzig, belegt und fremd drang sie an seine Ohren und schon wieder wollte er die Tür lieber zuschlagen, als weiter einer netten Person voller Mitleid gegenüberzustehen.
Jetzt zog das Mädchen die Augenbrauen so hoch, dass sie bald mit dem Haaransatz kollidieren würden. »Das ist so ungefähr das Gegenteil von dem, was ich dir gerade empfohlen habe«, stellte sie fest und sah ihn prüfend an, als wollte sie sichergehen, dass er nicht endgültig den Verstand verloren hatte. Vielleicht hatte er das ja. Wie sollte er das wissen? Rish seufzte und nickte zu einer Tür am anderen Ende des Flures. »Mach dich nicht verrückt«, sagte sie dann trotzdem und musterte ihn noch immer, als sei er plötzlich an irgendeiner unheilbaren Krankheit erkrankt. »Kein normaler Mensch würde dir einen Vorwurf machen.«
Das war nicht wahr. Was ihn aber viel mehr irritierte, war die Art und Weise wie sie normaler Mensch aussprach, als fasse das Machairi nicht mit ein. Das Thema hatten sie doch schon zur Genüge durchgekaut, oder? »Danke«, presste er hervor und seine Stimme raspelte über die Laute. Dann schob er sich an ihr vorbei, weil er nicht unhöflich genug war, ihr die Tür vor der Nase zuzuschlagen, und auch gleichzeitig nicht glaubte, dass er auch nur eine weitere Minute dieser Unterhaltung ertragen wollte. Verstand sie nicht, dass sie alles nur schlimmer machte, wenn sie ihn auch noch Mitleid zuteilwerden ließ in seiner bescheuerten Verzweiflung? Ja, er war in Ungnade gefallen, aber er hatte es mit heiler Haut wieder aus dem Palast hinausgeschafft. Gleiches konnte man von so vielen anderen nicht behaupten. Seine dumme Entscheidung, die er viel zu bewusst getroffen hatte, war so einmalig bescheuert gewesen, dass sie eine ganze Reihe von Schäden ausgelöst hatte. Er war sicherlich nicht die Person, die hier das Mitleid verdient hatte, nur weil er sich selbst seither viel zu leidtat. Schon wieder etwas, wofür er sich hätte schlagen können. Er war so wütend auf sich selbst, dass er nicht wusste, wohin mit all seiner Wut, und schon viel zu oft wäre das beinahe an anderen explodiert und er wollte nicht wissen, wie er sich danach gefühlt hätte. Außerdem fürchtete er das Feuer, das sich irgendwo in seinem Inneren mehr und mehr auflehnte.
Um Rish vor diesem Schicksal zu bewahren, ließ er sie stehen und ging den Flur hinab. Er hatte keinen besseren Plan, also würde er den nehmen, den er hatte. Einfach um irgendetwas zu versuchen. »Viel Glück«, rief die Harethi ihm nach und er hörte die Sorge und das Unverständnis heraus. Dann drehte auch sie ihm den Rücken zu und verschwand in ein anderes Zimmer. Vermutlich ahnte sie sogar, was er fragen würde, und er wusste es zu schätzen, dass sie sich da raushielt.
Im Tunnelblick fokussierte Gwyn die Tür. Bedrohlich ragte das Holz vor ihm auf und wieder schnürte sich seine Kehle zusammen, die sich doch gerade etwas entspannt hatte. Er hatte sich keine Worte zurechtgelegt. Aus Erfahrung wusste er, dass Machairi ohnehin jede geplante Konversation über den Haufen warf, und er befürchtete, dass er die Flucht ergreifen würde, wenn er sich tatsächlich damit auseinandersetze,