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hilft sich, wo man kann in Köln. Das wissen Sie doch besser als ich, der ich ja nur ein „Zugereister“ bin.“

      „Danke.“

      „Ich melde mich die Tage bei Ihnen.“

      18

      Am Kölner Hauptbahnhof wimmelt es einmal mehr nur so von Menschen.

      Borna Krupcic steht an Gleis 4 und erwartet seinen Bruder Davor. Er hat ein Zimmer seiner Zweizimmerwohnung in Chorweiler geräumt. Hier soll sein Bruder zunächst wohnen.

      Borna weiß, dass Davor ein anderer Typ Mensch ist als er selbst. Er ist sich nicht sicher, ob er sich in Deutschland wohlfühlen wird.

      Davor ist sensibel, oft in sich zurückgezogen und hat Probleme, offen auf Menschen zuzugehen. Ob das große Ford-Werk für ihn der richtige Arbeitsplatz ist, muss sich erst erweisen.

      Der Zug aus München rollt ein. Davor musste dreimal umsteigen, war insgesamt gut siebzehn Stunden unterwegs. Borna weiß aus eigener Erfahrung, wie kräftezehrend die Anreise aus Jugoslawien in den 60er Jahren noch ist.

      Die Passagiere verlassen den Zug, Borna versucht, seinen Bruder zu erspähen.

      „Borna!“, hört er auf einmal einen Schrei. Borna Krupcic dreht sich um und schon fliegt ihm sein Bruder in die Arme.

      „Borna!“, Davor schluchzt, Tränen laufen ihm über das Gesicht.

      „Mein kleiner Bruder ist bei mir in Köln. Ich kann es kaum glauben.“

      „Ich auch nicht, Borna.“

      „Wie war die Fahrt?“

      „Reden wir nicht drüber...vor allen Dingen die langen Wartezeiten an verschiedenen Haltestellen und an den Bahnhöfen beim Umsteigen. Es ist schon eine einzige Strapaze.“

      „Ich weiß, kleiner Bruder, ich weiß. Aber jetzt bist Du ja hier.“

      „Hauptsache, ich bin bei Dir. Alles andere wird sich ergeben.“

      „Du brauchst sicher eine kleine Stärkung. Gib mir einen Deiner Koffer, wir gehen in ein Wirtshaus.“

      „Jetzt direkt? Sollen wir nicht erst einmal in die Wohnung?“

      „Die ist ein gutes Stück entfernt, da müssen wir noch einmal mit der Bahn fahren.“

      „Überredet – davor brauche ich dann wahrscheinlich wirklich eine kleine Stärkung.“

      „Richtig, Kleiner. Es gibt ein großes Brauhaus ganz in der Nähe vom Bahnhof. Lass uns dahin gehen.“

      „Du bist der „Kölner“, nicht ich, Borna.“

      „So ist es, also los.“

      Köln ist wohl die deutsche Stadt mit den meisten Biersorten und Brauhäusern überhaupt. Jede Kölsch-Sorte hat ihren eigenen, individuellen Geschmack und natürlich ein eigenes Brauhaus. "Drink doch ene mit" ist eine der Redensarten der Kölner, die sie so sympathisch machen.

      Die Gaststätte „Früh“ ist nicht nur durch ihre Nähe zum Kölner Dom sehr beliebt, sondern auch, weil sich die Brauerei bemüht, alte Kölner Brauhaustraditionen zu erhalten. Hier herrscht stets eine ursprüngliche Brauhausatmosphäre, der Fassausschank durch Zappes, die Bedienung durch Köbesse, das Anbieten typisch kölscher Gerichte – all' das hat in den mittelalterlichen Gewölben Tradition (27).

      Nach nur fünf Minuten Fußweg erreichen die Brüder Krupcic das Gasthaus.

      „Unfassbar. Wie viele Leute sind denn da drin?“, staunt Davor.

      „In Köln sind die Brauhäuser immer voll. Das Bier wird direkt hier vor Ort gebraut.“

      „Wirklich? Na ja, groß genug, um sich das vorstellen zu können, ist es ja hier.“

      „...und trotzdem bekommt man nicht immer einen Platz, wie Du siehst.“

      „Da vorne! Da stehen doch zwei Leute auf, Borna.“

      „Dann mach' schnell.“

      Borna und Davor haben einen kleinen Tisch in einer Ecke des Lokals erspäht, den sie schnell besetzen.

      Sie haben kaum Platz genommen, da erscheint auch schon ein Köbes.

      „Ihr seht durstig aus, Jungs. Hier habt ihr schon mal zwei und ich bin gleich wieder bei Euch.“

      „Wie sieht denn der aus?“ wundert sich Davor beim Anblick des Köbes.

      „Das ist ein „Köbes.“

      „Ein was?!“.

      „Ein Köbes. Die sind für die Versorgung der Gäste hier zuständig.“

      Ein Gast am Nebentisch mischt sich ein:

      „Köbes ist die kölsche Form von Jakob. Als Köbes wird seit etwa dem 19. Jahrhundert ein Mitarbeiter der Gastronomie bezeichnet, der in Brauhäusern in Köln Bier serviert. Traditionell trägt er stets eine blaue Schürze aus Leinen mit einer ledernen umgeschnallten Geldtasche. In einem Kranz bringt er das Kölsch zum Tisch. In Köln bestellt man kein Kölsch in einem Brauhaus, man bekommt es zugeteilt. Wenn ein Bierglas leer ist, stellt der Köbes ohne Bestellung ein neues Glas hin, es sei denn, der Gast legt einen Bierdeckel auf das Glas oder signalisiert, dass er zahlen will.“ (28).

      „Köbes...aha“, Davor schüttelt den Kopf.

      „Laufen hier noch mehr Menschen so komisch rum?“

      „Wenn Du den Köbes schon „komisch“ findest, warte mal den Karneval ab...“

      „Ich bin schon gespannt, Borna.“

      Die beiden Männer stoßen noch einmal an.

      „Willkommen in Köln, Davor.“

      19

      Während viele andere Universitätsgründungen im spätmittelalterlichen Deutschland ihre Entstehung der Initiative bedeutender geistlicher und weltlicher Regenten verdanken, sind es in Köln die Bürger, die die Hochschule errichten. Genauer: Der Rat der Freien Reichsstadt Köln, die auch die Kosten für den Lehrbetrieb übernimmt und sich durch die Universität umfangreiche Vorteile für die Belebung der Stadt erhofft.

      So ist die Kölner Universität eine Stadt-Universität im doppelten Sinne: von den Bürgern der Stadt Köln gegründet und als Campus-Universität mitten im Stadtgebiet gelegen (

      (29).

      Sie wird am 21. Mai 1388 als vierte Universität im spätmittelalterlichen Deutschen Reich nach der Karls-Universität Prag(1348), der Universität Wien (1365) und der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg (1386) gegründet.

       Am 28. April 1798 wird die Universität von den 1794 in Köln eingerückten Franzosen geschlossen. Erst 1919 wird die städtische Universität neu gegründet (30).

      Clarissa und Werner Schmitz stehen vor dem großen Eingangsportal der medizinischen Fakultät. Es ist Sonntag, die Universitätsklinik hält heute eigentlich ihre Pforten geschlossen.

      Bereits wenige Tage nach dem Gespräch im Müngersdorfer Stadion hat Werner einen Anruf von Dr. Freudenberg erhalten.

      Im Köln der 60er Jahre hilft man sich, wo man nur kann. Beziehungen zu einflussreichen Personen sind wichtig, der „Kölsche Klüngel“ ist allgegenwärtig.

      Und so hat sich Dr. Freudenberg entschieden, an jenem Sonntag unbemerkt von seinen Mitarbeitern und Kollegen eine Ultraschalldiagnostik bei Clarissa Schmitz durchzuführen.

      „Ich kann Ihnen gar nicht genug danken, Doktor“ begrüßt Werder Schmitz seinen Bekannten.

      „Nicht der Rede wert. Mein größter Dank wäre, wenn die Bilder nichts Auffälliges erkennen ließen und das Baby gesund zur Welt kommt“.

      Clarissa

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