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Gläschen Rotwein am Abend sind tabu, trotzdem geht sie weiterhin mit Werner zum montäglichen Nachbarschaftsstammtisch, besucht regelmäßig die Kölner Oper und begleitet Werner zunehmend zu den Sportveranstaltungen, über die ihr Mann berichten muss.

      Bei aller Harmonie sind sich Clarissa und Werner nicht einig, was den Namen des neuen Erdenbürgers betrifft.

      „Es wird ein Junge. Das weiß ich. Ein strammer Stammhalter, Clarissa.“

      „Und wie soll der dann heißen?“

      „Mach' mal einen Vorschlag.“

      „Also, wenn ich schon mit Dir in Deutschland lebe und Bella Italia aufgegeben habe, dann möchte ich wenigstens den Namen des Kindes bestimmten dürfen. Tomaso! Ja, Tomaso.“

      „Aber doch keinen italienischen Vornamen!“

      „Die sind doch viel schöner als die Deutschen. Überhaupt: Die italienische Sprache ist doch mit die schönste, die es gibt. Nehmen wir mal ein Beispiel...,genau, Sommersprossen. Was für ein furchtbares Wort! Und auf italienisch: lentiggine...herrlich!“

      „Trotzdem. Wir sind eine alteingesessene Kölner Familie. Tomaso, ich weiß nicht.“

      „Bitte, Werner. Nur den Vornamen.“

      „Ist gut, Kleines. Du sollst Deinen Tomaso haben.“

      Werner und Clarissa sind überglücklich, planen schon die Zeit nach der Geburt und richten die Wohnung kindesgemäß ein.

      Der Himmel hängt voller Geigen für die beiden – bis Clarissa im fünften Schwangerschaftsmonat eine schwere Infektion erleidet, die sie für gut zwei Wochen ans Bett fesselt.

      Es hat sie böse erwischt. Sie kann tagelang kaum Nahrung bei sich behalten, das Fieber will nicht sinken, sie fühlt sich fortwährend ausgelaugt und schwach.

      Ganz werdende Mutter gilt ihre Sorge weniger ihrer Gesundheit, sondern den möglichen Schäden, die ihr Baby davontragen könnte.

      Clarissa Schmitz hat sich seit Beginn der Schwangerschaft ausgiebig über mögliche Komplikationen während derselben informiert, dass Infektionen schwangerer Frauen ein Risiko für das ungeborene Kind bedeuten, beunruhigt sie doch sehr.

      Erst kürzlich hat Clarissa einen Zeitungsbericht gelesen, indem von neuen Untersuchungsmöglichkeiten am ungeborenen Baby mit Ultraschall die Rede war.

      1965 / 1966 konstruieren Holmes und Wells einen Kontakt-compound-Scanner, dessen Schallkopf an einem Arm befestigt, und der durch Gelenke frei beweglich ist. Durch eine Mechanik kann die Schnittbildebene versetzt werden (26).

      Das Diagnosespektrum, welches die neuen Geräte abdecken, wächst stetig, es scheint sogar möglich, den Entwicklungsstand ungeborener Kinder im Mutterleib mittels Ultraschall überwachen zu können.

      Auch in der Kölner Universitätsklinik werden Anfang der 60er die ersten Untersuchungen mit Kontakt-compound-Scannern durchgeführt.

      Noch sind die Untersuchungen nicht Gegenstand der ärztlichen Diagnostik im Rahmen des Leistungsangebots deutscher Krankenkassen, möglich jedoch sind sie bereits.

      „Ich mache mir immer mehr Sorgen, Werner“, schüttet Clarissa ihrem Frischvermählten ihr Herz aus.

      „Um das Kind, meinst Du?“

      „Ja. Das war schon eine sehr starke Infektion, nicht, dass dem Kleinen etwas passiert ist.“

      „Fühlst Du denn irgendein ungewöhnliches Gefühl im Bauch? Hast Du Schmerzen? Ist Dir schlecht?“

      „Nein, überhaupt nicht. Aber trotzdem...“

      „Ich glaube, so lange Du Dich gut fühlst, brauchst Du Dir keine Sorgen zu machen.“

      „So einfach geht das aber nicht.“

      „Ich weiß, Clarissa. Ich weiß.“

      „Werner, Du kennst doch Hinz und Kunz hier in Köln. Es gibt da eine neue Untersuchungsmethode – Ultraschall.“

      „Habe ich nichts von gehört, sagt mir nichts.“

      „Damit kann man allerlei Sachen im Körper bildlich darstellen, auch ungeborene Babys.“

      „Aha.“

      „Meinst Du, Du könntest mal nachfragen, ob an der Uniklinik schon so ein Gerät existiert?“

      „Ach, Clarissa. Dem Kind geht es gut, glaub es mir. Aber wenn Du möchtest, höre ich mal nach, ob die Uniklinik solche Untersuchungen durchführt.“

      „Danke. Du bist ein Schatz!“

      Werner Schmitz ist durch seinen Job bei der Zeitung mittlerweile in und um Köln ein bekannter und angesehener Mann, der über vielfältige Kontakte verfügt. Einer der Professoren an der Universitätsklinik ist Mitglied im 1.FC Köln, hat eine Dauerkarte und besucht des Öfteren die Pressekonferenzen nach Heimspielen der „Geißböcke“.

      Nach einer schmerzlichen 1:3-Niederlage gegen den 1.FC Kaiserslautern erspäht Werner Schmitz den Mediziner im gut gefüllten Presseraum in den Katakomben des Müngersdorfer Stadions.

      „Herr Dr. Freudenberg, schön, Sie zu sehen.“

      „Guten Tag, Herr Schmitz, freut mich auch, Sie zu sehen. Das war ja wenig, was heute auf dem Platz bei unserer Mannschaft zusammenlief.“

      „Das stimmt. Vorne zu harmlos und hinten ungewohnt anfällig. Die haben den 7er von Lautern nie in den Griff bekommen.“

      „Der Neumann. Mal Weltklasse, mal Kreisklasse. Heute leider eher das Erste.“

      „Ja, der war sehr stark. Und hinten noch der Haudegen Schwager.“

      „Es kommen auch wieder bessere Spiele, Herr Dr. Freudenberg.“

      „Hoffentlich schon nächste Woche – da geht’s gegen die Zebras aus Duisburg, die sind gut in Form im Moment.“

      „Das wird schon. Herr Dr. Freudenberg, darf ich Sie noch in einer persönlichen Angelegenheit ansprechen?“

      „Aber gern doch, Herr Schmitz.“

      „Meine Frau ist im fünften Monat schwanger.“

      „Herzlichen Glückwunsch!“

      „Danke. Sie hatte vor Kurzem eine richtig schwere Infektion und macht sich Sorgen um das ungeborene Kind.

      „Ich verstehe. Wie kann ich Ihnen da helfen?“

      „Clarissa hat etwas gelesen über Ultraschallgeräte, die Bilder vom Kind im Mutterleib machen können.“

      „Kontakt-compound-scanner, ja.“

      „Haben Sie an der Uniklinik bereits ein solches Gerät?“

      „Wir experimentieren damit. Wir analysieren gerade, für welche Einsatzgebiete diese Scanner infrage kommen.“

      „Wäre es möglich, meine Frau damit zu untersuchen?“.

      „Sie meinen, um die Bilder des Ungeborenen hinsichtlich möglicher Fehlentwicklungen zu interpretieren?“

      „Ja.“

      „Nun, gewisse Fehlbildungen könnte man wahrscheinlich erkennen. Eine genaue Diagnose jedoch wird durch diese Bilder kaum möglich sein.“

      „Es ist also möglich?“

      „So würde ich es nicht ausdrücken. Es könnte möglich sein. Die Gewissheit, etwas zu erkennen, so denn eine Fehlentwicklung vorliegt, gibt es nicht.“

      „Darf ich meine Frau trotzdem vorbeibringen?“

      „Also, diese Untersuchungen werden noch nicht im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung durchgeführt, sondern sind bislang rein experimentell.“

      „Herr Dr. Freudenberg, meine Frau leidet sehr unter den Sorgen, die sie sich macht. Ich habe große Angst, dass diese Sorge sie und auch das Baby krank

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