Скачать книгу

Tardea fällt nach der Beerdigung ihrer Schwester in ein tiefes Loch. Erst jetzt bemerkt sie, wie sehr sie sich in den letzten Jahren mehr Kontakt zu der Verstorbenen gewünscht hätte, wie viel zwischen beiden letztendlich unausgesprochen blieb.

      Erst als sie erfährt, dass Clarissa schwanger ist, hellt sich ihre Stimmung ein wenig auf.

      Der Lago di Bolsena ist in den 60er Jahren ein Insiderziel für Italiener.

      Hier findet man urige italienische Dörfer, unberührte Natur, und malerische Landschaften am Rande der Toskana.

      Francesca Tardea sitzt im Ferienhaus der Familie und strickt. Es ist eine alte Sitte in der Familie, Neugeborene mit selbst gestrickten Kleidungsstücken auf der Erde willkommen zu heißen.

      Das Telefon klingelt.

      „Ciao, zia preferita.“

      „Lieblingstante? Du hast doch nur eine...“, Francesca lacht. „...ciao, Clarissa.“

      „Wie geht es Dir und was wachst Du gerade schönes?“

      „So langsam geht es wieder, danke. Ich stricke. Die ersten Söckchen sind fertig. Jetzt mache ich mich an ein Schlabberlätzchen.“

      „Ach, Francesca, da bist Du aber früh dran.“

      „Es gibt ja noch genug andere Sachen, die man erledigen muss, bevor der principe oder die principessa kommt.“

      „Du bist lieb, Francesca. Manchmal fehlt Ihr mir doch alle sehr.“

      „Du wolltest es ja nicht anders, Clarissa.“

      „So einfach war es nicht. Ich konnte ja nicht nur an mich denken.“

      „Werner hätte auch hier arbeiten können. Wir haben gute Kontakte, das weißt Du.“

      „Ja, sicher. Aber er hat sich hier gerade in der Zeitung etwas aufgebaut. Ich verstehe, dass Werner das nicht aufgeben möchte.“

      „Und wenn wir ihm eine Arbeit besorgen, wo er weniger arbeiten müsste, um genau so viel zu verdienen?“

      „Auch dann würde er sich für die Zeitung entscheiden.“

      „Euch ist nicht zu helfen“, lacht Francesca.

      „Ja, so sind „wir-Kölner“, auch Clarissa lacht.

      „Wir-Kölner? Fühlst Du Dich etwa schon als Kölnerin?“

      „Ein bisschen schon...“.

      „Clarissa, Clarissa...“.

      „Komm' uns doch mal für eine längere Zeit besuchen, vielleicht willst Du dann auch gar nicht mehr weg.“

      „Das mache ich. Wenn das Kind da ist. Versprochen.“

      „Ich nehme Dich beim Wort, zia.“

      „Nun aber zum Thema: Wie geht es Dir? Wie geht es dem Kind?“

      „Zweimal die gleiche Antwort: Benissimo! Bestens!“

      „Das freut mich zu hören.“

      „Ich passe auch sehr auf mich auf. Viel frische Luft, keine Zigaretten, beim Stammtisch trinke ich nur Wasser.“

      „Ich weiß, dass Du das tust, liebes.“

      „Du, ich rufe Dich eigentlich an, um Dir zu sagen, dass wir planen, nach der Geburt des Kindes für ein oder zwei Wochen nach Italien zu fahren.“

      „Nach Italien? Du meinst, zu uns?“

      „Nicht direkt. Natürlich kommen wir Euch auch besuchen. Aber Werner will erst einmal die Toskana kennenlernen: Pisa, Siena, Viareggio. Auch für zwei der drei Tage nach Elba rüber wollen wir.“

      „Das kann ich verstehen. Aber danach bleibt Ihr mindestens drei Tage bei uns, darauf bestehe ich! Schließlich muss der Kleine seine Großtante -nennt man das so?-, kennenlernen.“

      „Ich werde sehen, ob sich das einrichten lässt...“

      „Halt' mich auf dem Laufenden, was die Schwangerschaft betrifft. Ich will jede Kleinigkeit wissen, hörst Du?!“

      „Ist in Ordnung, Tante Francesca, das mache ich.“

      „Grüß' Antonella von mir. Sie hält ja überhaupt keinen Kontakt mehr zur Famiglia.“

      „Ich habe auch kaum Kontakt zu ihr, obwohl sie nur vier Kilometer entfernt wohnt. Wir waren immer schon grundverschieden, das weißt Du.“

      „Ja. Da die eitle Antonella...“

      „...genau, immer hübsch angezogen, viel Zeug im Gesicht und die Haare toupiert...“, Clarissa lacht.

      „Und da die rastlose Clarissa...“

      „...,die ihre Zeit am liebsten damit verbrachte, Hunde der Nachbarn auszuführen, Fahrrad zu fahren oder auf dem Bauernhof zu arbeiten.“

      „Du ahnst nicht, wie oft mir Deine Mutter von Euren Streitereien erzählt hat, vor allem immer wieder die Geschichte mit dem Kleid.“

      „Du meinst, als ich den abgeschlossenen Kleiderschrank meiner Schwester von hinten geöffnet habe, weil sie mir kein Kleid für einen Ball leihen wollte?“

      „Genau.“

      „Und wo ich das Pech hatte, das ausgerechnet ein Bild von mir anlässlich der Berichterstattung über den Ball in der Zeitung auftauchte? Du meine Güte, was war Antonella sauer!“

      „Das kann man in dem Fall auch verstehen, oder?“

      „Na ja. Als Revanche hat sie dann mein schönstes Foto mit rotem Lippenstift bemalt und drunter geschrieben: 'meine bildhübsche Schwester Clarissa‘“.

      Francesca lacht laut.

      „Ihr wart schon zwei...“

      „Die sind wir immer noch...“

      „Amanda fehlt Euch sehr, was?“

      „Ja, gerade jetzt in der Schwangerschaft hätte ich sie gerne bei mir. Auch Vater leidet noch immer sehr unter ihrem Tod. Es ist ja auch erst ein paar Monate her, dass Mama gestorben ist.“

      „Das braucht Zeit, mein Kind. Und ganz wird dieses Gefühl des Verlustes wohl nie verschwinden.“

      „Nein, das glaube ich auch nicht, Francesca.“

      „Grüß Werner von mir, auch Deinen Vater und denk' dran: Deine Tante will jede Kleinigkeit wissen. Sobald es etwas Neues über das Baby zu berichten gibt, bin ich die Erste, die Du anrufst!“

      „Zu Befehl, comandante.“

      17

      Als Clarissa völlig überraschend schwanger wird, muss Werner Schmitz erneut auf Wohnungssuche gehen. Schließlich soll das Kind in geordneten Verhältnissen aufwachsen. So lässt auch der Heiratsantrag an die Dame des Herzens nicht lange auf sich warten.

      Werner und Clarissa heiraten in der Kirche St. Mechtern in Ehrenfeld und feiern ihre Hochzeit in der Gaststätte „Bei Josip“, einem jugoslawischen Lokal, im gleichen Stadtteil. Der Besitzer ist ein guter Bekannter Werners, er hat alles für ihn organisiert.

      Die Hochzeitsreise fällt aus, schließlich steht für die werdenden Eltern der Umzug an.

      Werner schwankt zwischen einem kleinen Reihenhaus in Holweide und einer großzügigen Wohnung in Braunsfeld.

      Aufgrund der Nähe zu den Spielstätten der beiden größten Kölner Fußballklubs 1.FC und Fortuna, beide tragen ihre Heimspiele in der 'Kölner Radrennbahn' aus, entscheiden sich die Frischvermählten schließlich für das Objekt in Braunsfeld.

      Schon bald beziehen sie die Wohnung in Nähe des Kölner Stadtwaldes.

      Alles scheint perfekt für die frisch Vermählten.

      Die Schwangerschaft verläuft

Скачать книгу