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KISHOU III. Michael Kornas-Danisch
Читать онлайн.Название KISHOU III
Год выпуска 0
isbn 9783754155530
Автор произведения Michael Kornas-Danisch
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Es war wohl einer der höchst seltenen Momente, in denen sich das Untere Squatsch und Boorh einig waren, und so herrschte auch Einigkeit in der betretenen Stille, die nun eintrat.
„Also wo finden wir ihn?“, fragte Kishou mit Bestimmtheit in die Ruhe hinein.
„Hier – wenn ihr erlaubt!“
Alle Köpfe flogen herum ...
~*~
Aufbruch in die Singala
Der Tolsmoi Rhodes spie gezielt auf eine Planke des Bodens, die tatsächlich noch an einer Stelle des Wagens zwischen Kisten, Beuteln, Säcken und Getäu hervor lugte. Das Knirschen des Sandes zwischen seinen Zähnen verminderte es indes nicht.
Er saß auf einem der vollbepackten Wagen, und musterte aufmerksam über die Köpfe seiner Truppe hinweg die tödliche Eintönigkeit der Singala – und immer wieder auf die Formation seines Trupps. Sie hatten sich lange auf diesen Augenblick vorbereitet, und zumindest bis zu diesem Moment sah alles ganz gut aus.
Weit waren sie noch nicht gekommen. Die Wolkendecke hatte sich inzwischen etwas aufgelöst, und ließ hier und da die Strahlen der Sonne passieren. Es war schon eine gute Weile her, wo sie den Horizont überschritten hatte, dennoch war das Ufer der Singala noch immer gut zu erkennen – obgleich es sich farblich nicht einmal sonderlich von der Einöde unterschied.
Es wären wohl nicht richtigen Worte, wenn man sagen wollte: die Asimielenen waren in die Singala eingedrungen. ,Eingeflossen’ wäre stimmiger. Denn kein Asimielene durfte sich eigentlich am Rande des Trupps aufhalten. Ein einziger unbedachter, und etwas zu lange gewährter Blick in die Gleichförmigkeit der Umgebung, hätte ihren Geist auslöschen – und damit ihren Tod bedeuten können.
Für den Asimielenen war keine Gefahr größer, als die der Fraglosigkeit. Wenigstens ein einziger kleiner, noch so unbedeutender Punkt, sollte da sein, gegenüber dem sie sich verhalten konnten – der Fragen aufwarf, die wiederum alle möglichen Gedanken produzieren würden – denen gegenüber man sich erneut verhalten musste ... Die Singala kannte solche Keimzellen des Geistes nicht, von denen der Asimiele lebte – die er gewissermaßen atmete.
So liefen jene, die sich am äußeren Rand des Trupps aufhielten, seitwärts – ihre Gesichter den Gefährten zugewandt und ihre Augen stets ins Innere des Trupps gerichtet – während die inneren ihren Marsch bremsten, um sie vorbeiziehen zu lassen. Vorn angekommen, verlangsamte sich der letztlich rückwärtige Gang der Äußeren, bis sie wieder von der Meute verschluckt wurden, und ins Innere glitten – während gleichzeitig am hinteren Ende des Trupps die entsprechende Menge der Asimielenen gerade nach außen fiel – um dort wiederum im Seitwärtsgang das Spiel von Neuem zu beginnen.
Auf diese Weise wechselte jeder von ihnen immer wieder seinen Standort von Innen nach Außen, und zurück – und niemand war zu lange der Gefahr ausgesetzt, in die Leere der Singala zu blicken, und zugleich konzentriert damit beschäftigt, die Formation aufrecht zu erhalten. Im Inneren des Trupps wurde die sichere Situation ausgiebig genutzt, die Krypte hervorzuholen, um darin die letzten Gedanken und Erfahrungen festzuhalten.
Es war alles nicht gerade unkompliziert – aber gut durchdacht und hinlänglich geübt. So hatte es von außen betrachtet tatsächlich den Anschein einer fließenden Masse – wenngleich auch einer sehr zähen. An ein schnelles Fortkommen war auf diese Weise nicht zu denken.
Ein Trupp bestand jeweils aus etwa zweihundert Asimielenen. Das Los hatte über ihre Anwesenheit hier entschieden, denn es wäre wohl niemand unter den Asimielenen, der freiwillig auf dieses Unternehmen verzichtet hätte – auch wenn einer Rückkehr kaum die Chance der vorhergesagten Zahl eines fallenden Würfels zukam.
Dann waren da noch jeweils fünfzehn vollbepackte Wagen – immer drei nebeneinander bildeten das gleichbleibende Zentrum des Aufmarschs. Jeder von ihnen wurde gezogen von zwei kräftigen Fläcks – büffelartige Tiere mit kaum erahnbaren, stumpenförmigen Hörnern, zottigen schwarzbraunen Fell, und breiten Kopf, der sich vorn zu einem kurzen Rüssel verjüngte. Sie waren nicht besonders groß, dafür aber ausdauernd und zäh. Ihren Wasservorrat trugen sie in sackförmigen, durchhängenden Bäuchen mit sich. Sie wirkten dadurch etwas plump, und tatsächlich waren sie alles andere als flink – aber das war hier auch nicht gefragt. Ein schnelles Vorankommen war ja in dieser Umgebung sowieso von vornherein ausgeschlossen.
Vier bis fünf Tage, schätzten die Asimielenen, würde ihr Marsch dauern, bis sie ihr Ziel erreicht hatten. Was es hier zu finden galt, sollte sich in etwas der Mitte der Singala aufhalten. Doch bereits Einen Tag vor dem Ziel würden sich die drei getrennt marschierenden Trupps vereinigen – wenn alles gut ging.
Die beiden äußeren Flanken des geteilten Einmarsches – es waren zum Einen die Asimielenen um den Tolsmoi Rhodes von der Oase Tisma, und auf der anderen Seite die des Tolsmoi Kilak von der Oase Goozl – zogen mit einem Pflug, den sie jeweils am mittleren Wagen der letzten Reihe vertäut hatten, eine Furche in den lockeren Boden. Während sich die auf diese Weise gegrabene Schneise hinter ihnen in der Ferne verlor, hatten die jeweiligen Tolsmois von ihrem erhöhten Sitz auf den Wagen darauf zu achten, dass diese Schneise in ihrem Lauf eine kleine, genau vorausberechnete Krümmung aufwies. Auf diese Weise vordringend, sollten die Trupps in der Folge des dritten Tages aufeinander stoßen.
Der mittlere Trupp – der des Tolsmoi Bork von der Oase Flin, musste entsprechend ohne jede Kursabweichung immer genau geradeaus marschieren. Aus hier nicht weiter zu erörternden Gründen – es hat wohl etwas mit der eigensinnigen Natur dieses Volkes zu tun – nutzten diese allerdings für die notwendige Markierung, die ihren gradlinigen Kurs gewährleisten sollte, keinen Pflug, sondern fein gemahlene Holzkohle, die von einem der letzten Wagen über einen langen, rüsselartigen Trichter auf den Boden entlassen wurde. Ein endloser, tiefschwarzer Faden verlor sich auf diese Weise hinter ihnen.
Wer das Volk der Asimielenen nur flüchtig kannte, hätte leicht annehmen können, dass sie sich einfach nur nicht auf einen gemeinsamen Marsch einigen konnten, und jeder der Oasenvölker seinen eigenen Gedanken folgte. Wer sie allerdings besser kannte, wusste, dass sich dahinter eine gut durchdachte Strategie verbergen musste.
Die Asimielenen kannten die mutmaßlichen Hyndriden der Singala nicht. Es musste unklar bleiben, ob sie überhaupt eine Chance hatten, sich ihrer zu erwehren – wie es auch keinerlei Gewissheit darüber gab, ob die Feinde der Hyndriden, jene mächtigen Handriden, ebenfalls in der Singala irgendwo ein Zuhause hatten, um ihnen im Zweifelsfalle beizustehen zu können. Nichts wusste man – was aber natürlich niemand wirklich bedauerte, wie jeder sofort bestätigen würde, der sich etwas mit den Asimielenen auskannte, denn es beflügelte ihre Gedanken. Letztlich: Drei unabhängig von einander marschierende Trupps bedeuteten schlicht, dreimal die Chance durchzukommen.
Sie ahnten zum Zeitpunkt ihres Einmarsches noch nicht, wie bald sich ihr Kalkül auszahlen sollte …
~*~
Habadam
Habadam!“, entfuhr es Boorh und dem Unteren Squatsch gleichzeitig – aber es war nicht gerade der Klang von Freude, die in ihrem Ausruf mitschwang. Was in Mo in diesem Moment vor sich ging, war wie immer, nicht zu erkennen. Scheinbar unbeeindruckt, nahm sie die Überraschung zur Kenntnis.
Das große, und eher hagere Wesen, das in diesem Moment hinter einem Felsen hervorkam, war offenbar um so erfreuter. Kleine Knopfaugen strahlten unter weißen, buschigen Augenbrauen hervor, und unter der großen, schmalen und ziemlich hakenförmigen Nase, deuteten sich, unter einem vollen und bis über die Brust reichenden und spitz zulaufenden weißen Vollbart, zwei zu einem Lachen geöffnete unregelmäßige Zahnreihen an.
Er reichte nicht ganz an die Größe Boorhs heran, erschien aber im ersten Moment – wohl auf Grund seiner schlaksigen Gestalt – fast größer als dieser. Ein langer, blauer und bis zum Boden reichender, geschlossener Mantel fiel von seinen schmalen Schultern, aus dessen weite Ärmel heraus, lange, etwas spindelige Finger hervor lugten.