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mehr an sich halten. „Endlich sind die Dinger, die du in jeder Jackentasche hast, zu etwas gut!“ Magda zuckte die Achseln. „Ich sag dir doch immer, dass ich sie brauche und voila, schon würde sich eine Gelegenheit bieten – wenn sie nicht erst noch einen Abdruck davon machen müssten!“ „Als ob es hier keine Tüten gäbe“, brummte ihr ordentlicher Herbert leise lächelnd und deutete mit dem Kopf auf den neben ihm stehenden Kacktütenspender. Magda lächelte ihn liebevoll an.

      „Dann macht ihr mal weiter, ich laufe derweil mit Fränzchen um den anderen See.“ Sie sah auf ihre Uhr – „Wir treffen uns um elf Uhr im Revier, ok? Oder kommst du schon mit mir?“ Fragend sah sie zu Herbert auf, der sie mindestens um einen Kopf überragte. „Ich würde lieber mit Freddy noch ein paar Aufnahmen machen“, beschied ihr Schatz, während Freddy ihr zunickte. Magda zuckte die Achseln – dann eben nicht und machte sich auf den Weg zu Fränzchen.

      Hinter sich hörte sie die beiden noch leise miteinander reden, über Belichtungszeiten und Objektive, derweil sie den Weg weiterschlenderte bis zum Baum, an dem Fränzchen angebunden war. Schwanzwedelnd begrüßte er sie und sie machte ihn los, um mit ihm eine schnelle Runde zu laufen. Sie ließ ihre Augen dabei vorsichtshalber auf dem Boden ruhen, um nicht auch noch in eine Tretmine zu dappen und Fränzchen benetzte die Blumen und Sträucher ausgiebig. Als sie fast wieder am Ausgang angekommen waren, fiel ihr ein funkelndes Geldstück ins Auge. Sie bückte sich unwillkürlich, um es aufzuheben, stutzte nachdenklich, zog eine Kacktüte aus der Jackentasche und tütete es vorsichtig darin ein. „Man weiß ja nie,“ brummte sie dabei vor sich hin. Ein zerknülltes Papiertaschentuch lag auch daneben und wurde in eine andere Tüte verfrachtet. „Vielleicht hat jemand dieses Tuch aus der Hosentasche gezogen und dabei unbemerkt das Geldstück herausgewirbelt“, sagte sie leise zu Fränzchen, der verständig zu ihr aufschaute. Wenn wir Glück haben, vielleicht sogar unser Mörder!“ Normalerweise war Anne zum Taschentuchfinden prädestiniert, aber es konnte ja auch einmal eine Ausnahme geben. Sie gluckste in sich hinein und beobachtete ihre Spusi-Kollegen, wie sie zu Herbert und Freddy stießen.

      „Hey Anne!“, rief sie und schwenkte dabei ausladend den Arm mit dem Taschentuch in der Hand. Anne sah verwundert zu ihr her und Magda lachte breit. Sie sah wie Anne fragend die Achseln zuckte und deutete mit der linken Hand auf die Tüte mit dem Taschentuch in der anderen. Anne nickte zögernd und Magda steckte die Tüte lächelnd ein, sah hinunter zu Fränzchen, der sie schwanzwedelnd betrachtete und lief mit ihm zum Auto, um einstweilen zum Revier zu fahren.

      D R E I

      Das Geschöpf saß am Küchentisch, wo es sein stilles Mahl verzehrte. Akkurat zerteilte es eine Fleischtomate in acht gleichgroße Stücke. Das Messer glitt durch die Tomate wie durch Butter und es freute sich daran, wie mühelos das Schneiden ging. „Es liegt wirklich wunderbar in der Hand“, brummte es dabei leise und betrachtete den schwarzen, Kunststoffgriff schmunzelnd. Dabei fielen ihm verschiedene Möglichkeiten ein, wie es die Tauglichkeit an anderen Materialien testen konnte. Lebenden Materialien, dachte es, in sich hineingrinsend.

      „Wen nehmen wir denn als nächstes dran?“ Es drehte sich zu dem leeren Vogelkäfig, in dem eine Wellensittichattrappe hing, die es in einsamen Stunden gebastelt hatte. Es runzelte die Stirn und dachte unwillkürlich: Es wird Zeit, dass ich mir wieder ein Tier zulege!

      Dann schüttelte es entschlossen den Kopf. Nein, ein Tier machte zu viel Arbeit und Umstände. Es musste unabhängig sein und bleiben. Seine Aufgabe war zu wichtig, es konnte sie nicht gefährden, indem es sich ein Lebewesen aufhalste. Außerdem waren hier schon genug, die es brauchten und für die es sich verantwortlich fühlte. Nein, seine Berufung war die Jagd, die Jagd auf schlechte Menschen, die es nicht verdient hatten, zu leben!

      Dann nahm es ein altes, zerfleddertes Heft in die Hand und schlug es ungeduldig auf. Es schürzte nachdenklich die Lippen und betrachtete die dick unterstrichene Überschrift: Verdorbene Kurschatten-Subjekte

      Es nahm einen dicken, schwarzen Filzstift und strich das Bild des gutaussehenden Mannes auf der ersten Seite fröhlich durch. Nicht zu glauben, dass der alte Kauz einmal so gut ausgesehen hatte. Das Leben ging nicht immer gut mit den Menschen um. Zum Glück musste er es nun nicht mehr ertragen! Es lachte verächtlich, dann blätterte es langsam um und ließ die Augen auf einem blonden, zierlichen Jüngling in legerer Freizeitkleidung ruhen, während es gleichzeitig vorsichtig mit dem Zeigefinger der linken Hand über die scharfe Klinge des Messers in seiner Rechten strich.

      V I E R

      Magda betrat schwungvoll das Höchster Polizeirevier, Fränzchen knapp hinter sich. „Hoppla!“, rief Helmut, der uniformierte Kollege, mit dem sie um ein Haar zusammengestoßen wäre. „Heute wieder voller Elan, Magda?“ „Aber immer, Helmut, das weißt du doch“, lachte sie ihn freundlich an. „Ich hab euch eine Tüte Zuckerweck geholt“, meinte Helmut, ihr verschwörerisch zublinzelnd. „Wenn ihr so einen frischen Mordfall habt, braucht ihr doch Nervennahrung, wie ich euch kenne, oder?“ Magda lächelte ihm dankbar zu. „Du bist halt der Beste!“ Er grinste geschmeichelt und Magda betrat den Besprechungsraum, wo die Ermittlungstafel, noch jungfräulich weiß, in der Sonne leuchtete.

      Sie nahm den schwarzen Stift und schrieb schwungvoll die Überschrift: Gigolo-Mord

      Dann trat sie einen Schritt zurück. Namen, Alter, Wohnort – hoffentlich wussten die anderen bereits etwas darüber! Sie runzelte die Stirn und drehte sich zum Tisch, wo sie mit leerem Blick, gedankenabwesend die bereitstehenden, noch leeren Teller, für die Stückchen, musterte. Dann betrat sie das Labor, in dem Anne und Eddie ihres Amtes walteten, wenn sie denn da waren und legte die sauber beschrifteten Fundstück-Tüten mitten auf den Schreibtisch.

      Gut, dass ich alles vorher fotografiert habe, dachte sie dabei. Manchmal konnte man aus dem Fundort wichtige Rückschlüsse ziehen.

      „Hallihallo!“, schallte Annes Stimme über den Flur und schon flog die Tür auf. Wenn Magda sie nicht festgehalten hätte, wäre sie glatt an die Wand geknallt. „Na, na, na!“ Magda sah die jüngere Kollegin missbilligend an. „Immer langsam mit den jungen Pferden!“ Anne grinste frech und warf ihre langen, braunen Haare zurück. „Mir kann man wenigstens niemand nachsagen, dass meine Schuhe beim Laufen besohlt werden könnten!“ „Mir aber auch nicht!“, wehrte sich Magda empört. Anne stutzte, als sie Magdas Beweismitteltüten auf dem Tisch liegen sah. „Wo kommen denn die her, sind die etwa von dir?“ Magda lächelte stolz.

      „Von wem denn sonst?“ Anne drehte sie vorsichtig in der Hand. „Ein Taschentuch!“, entfuhr es ihr andächtig.“ „Ein Taschentuch“, bestätigte Magda leise. „Und diesmal hab ich es nicht gefunden“, meinte Anne enttäuscht. „Macht doch nichts“, tröstete sie Magda. „Schau es dir lieber an. Es lag genau neben dem Geldstück in der anderen Tüte.“ Anne rief laut: „Der wollte sicher das Taschentuch herausziehen und dabei ist ihm das Geldstück heruntergefallen!“ „Dachte ich mir auch!“ Sie klatschten ihre Hände zusammen. „Ich nehme gleich die Abdrücke und lasse sie durchs System und dann schick ich eine DNA-Probe zu Susi!“ Eifrig machte sich Anne ans Werk und Magda tätschelte ihr liebevoll die Schulter. „Fleißiges Mädchen! Ich gehe schon mal rüber.“ Aber Anne grunzte nur „Jaja“, zur Antwort und war in ihrer eigenen Welt vollkommen versunken.

      Kopfschüttelnd begab sich Magda ins Besprechungszimmer und sah sich um. Eddie und Ben waren eben dabei, Zuckerweck auf die Teller zu verteilen und den Tisch zu decken. Sie benutzten wie immer die Kaffeehumpen, dann sparten sie die Unterteller, die sie stattdessen für die Zuckerweck benutzten. „Wo bleibt der Kaffee?“, wollte Eddie lächelnd wissen. „Bin ich euer Kaffeeautomat?“, sah ihn Magda gespielt böse an.

      Wie auf Kommando öffnete sich die Tür und der gute Helmut trat ein, zwei große Kaffeekannen schwenkend. „Ich hab mal lieber gleich zwei gemacht, eine langt

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