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Kurschattenwalzer. Birgid Windisch
Читать онлайн.Название Kurschattenwalzer
Год выпуска 0
isbn 9783754170069
Автор произведения Birgid Windisch
Жанр Языкознание
Серия Mümlingtalkrimi
Издательство Bookwire
„Wo fahren wir eigentlich hin?“, wollte Herbert stirnrunzelnd wissen, als sie nach höchstens zehn Minuten im Auto saßen. „Nach Bad König“, antwortete Magda und schaute über die Schulter, ob sie alles dabeihatte, was sie für sie beide und Fränzchen brauchte. Alles da, registrierte sie automatisch, dann waren sie auch schon in Bad König angekommen. „Zum Kurgarten müssen wir“, bedeutete Magda ihm und Herbert bog kurz nach den Supermärkten am Ortseingang, rechts ab. Dort konnte man vor dem Kurpark mit den beiden Seen parken, in der Nähe einer Gärtnerei und einer Gastwirtschaft und einem neuen, großen Gebäude. Magda stutze - was war denn das? Mit zusammengekniffenen Augen registrierte sie einen neuen, großen Kurhausbau und linkerhand ein kleines, rundes Seniorendomizil. Die bauten sie neuerdings so, dass die alten Leute, immer im Kreis laufen konnten, wenn sie unruhig wurden. Sie schüttelte missbilligend den Kopf, dann stiegen sie aus und nahmen Fränzchen an die Leine. Sie nahmen den direkten Weg zum großen See, am Minigolfplatz vorbei, an dem großen Schild - mit dem darauf gemalten Mann in der Badewanne und der Möglichkeit, den Kopf durch ein Loch zu stecken und sich als Badendem fotografieren zu lassen -als Bad Königer - denn natürlich trug der Nackte eine Krone auf den Haaren. Nach der ersten Kurve sahen sie von weitem bereits die Kollegen um eine Bank herumwuseln. „Bleibt ja mit dem Fränzchen auf Abstand!“, rief Anne mit finsterem Blick herüber und Magda zuckte die Achseln, band den Hund aber an den nächsten Baum, wo dieser sich sogleich seufzend niederließ. Er war schon gewohnt, dass er an den Arbeitsplätzen von Magda nicht zu nah herandurfte. „Nicht, dass er uns wieder alles vollpinkelt“, brummte Anne mit zusammengezogenen Augenbrauen und hielt Magda und Herbert je einen Anzug und Handschuhe hin.
Stöhnend schlüpfte Magda in ihren Einwegoverall, während Herbert seinen in Sekundenschnelle übergezogen hatte und ihr die Hand hielt, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor beim Hüpfen auf einem Bein.
Zusammen gingen sie zur Bank, auf der sie schon von weitem eine sitzende Gestalt erkannten. Als sie danebenstanden, sah Magda schaudernd auf den alten Mann, mit einem Schild in der Hand und bemerkte den Schnitt an der Kehle, mit den Blumen in der Wunde. Herbert beugte sich interessiert darüber, während Magda unauffällig einen Schritt zurücktrat. Sie betrachtete Tatorte in letzter Zeit lieber nicht mehr so gern ganz aus der Nähe, sondern verschaffte sich lieber ein paar Meter weiter einen Überblick über das Geschehen. Herbert wandte sich zu ihr um und schüttelte den Kopf. „Manchmal denke ich, du hast nicht den richtigen Beruf, sonst würdest du nicht immer weiter auf Abstand gehen.“ Magda nickte ihm beklommen zu. „Nein, ich habe leider sogar genau den richtigen Beruf. So schlimm ich jeden Mord finde, so gut bin ich darin, den Mörder aufzuspüren und so lange das so ist, werde ich, muss ich sogar, weitermachen.“ Leidenschaftlich sah sie ihn an. Anne, die das Gespräch am Rande mitbekommen hatte, pflichtete ihr sofort bei. „Das finde ich auch und du wirst lachen, mir geht es genauso. Je mehr Leichen ich sehe, desto fester bin ich entschlossen, die Mörder zu fassen, die das Gesetz in ihre eigene Hand nehmen.“ Wild sah sie um sich. „Das geht einfach nicht und ob wir wollen oder nicht, wir müssen sie zur Strecke bringen. Wer soll es sonst tun, wenn nicht wir? Wir sind nun mal die Besten!“ Sie lächelte die Anderen ohne falsche Bescheidenheit an, die unwillkürlich zurücklachten und ihr zunickten.
„Hallo zusammen“, rief Magda laut. „Hallo Susi!“, sie lächelte der kleinen Gerichtsmedizinerin freundlich zu. „Ist er am Kehlschnitt gestorben?“ Susi richtete sich stöhnend auf. Sie hatte längere Zeit, über die Leiche gebückt gestanden und das Kreuz tat ihr weh. Am Tag zuvor hatte sie ihrer Schwester mal wieder beim Misten im Kuhstall geholfen und nun forderte die eher ungewohnte Arbeit ihren Tribut. Sich an den Rücken greifend, sah sie zu Magda auf, die auch nicht die Größte war, mit ihren 164 cm. „Er ist hier gestorben, denke ich.“ Sie deutete auf das blutgetränkte Hemd und die dunkle Hose. „An der Hose sieht man das Blut nicht so gut, aber sieh mal, wie steif der Stoff ist, von dem getrockneten Blut.“ Sie deutete auf die schwarze Hose. „Und hier unten sieht man nur noch einen eingetrockneten Fleck, der relativ groß ist, aber da das Blut in der Erde versickert ist, lässt sich nicht mehr feststellen, wieviel er verloren hat.“ Magda nickte zufrieden, „danke Susi“, dann drehte sie sich Anne und Eddie zu. „Habt ihr schon etwas herausgefunden?“ Eddie räusperte sich und wollte eben loslegen, als Anne bereits mit ihrem Wissen herausplatzte. „Wir haben das Schild eingetütet, das auf den ersten Blick aus Pappkarton besteht, wie zum Beispiel bei Umzugskartons üblich und mit einem dicken wasserfesten, schwarzen Filzstift beschriftet ist.“ Sie hob die Tüte hoch, in der sich das Schild befand. Magda entzifferte angestrengt die Worte: „ICH BIN EIN GIGOLO-SCHWEIN UND VÖGLE VERHEIRATETE FRAUEN.“
Sie schüttelte sich unwillkürlich. „Was ist denn das für ein abartiger Zeitgenosse!“ Eddie zuckte die Schultern. „Entweder ein betrogener Gatte, oder seine verärgerte Ehefrau.“ „Dann müsste sie aber schon sehr verärgert sein“, meinte Magda kopfschüttelnd. „Wer weiß,“ sinnierte Anne. „Ich könnte mir schon vorstellen, meinem Mann Feuer im Hintern zu machen, wenn er mir Hörner aufsetzen würde.“ Ben grinste aus dem Hintergrund. So kannte und mochte er seine Kollegin, die er heimlich verehrte. „Hast du deshalb noch keinen festen Freund?“, wollte er feixend wissen. „Ach du“, meinte Anne wegwerfend. „Du musst doch nicht alles wissen. Vielleicht stehe ich ja auch auf Frauen?“ „Du?“ warf Eddie lachend ein, „eher frieren die Kur-Seen im Sommer zu.“ Anne gab ihm einen kräftigen Schubs und Magda und Susi warfen sich einen wissenden Blick zu. Sie kannten ihre Kollegen, die ihre Betroffenheit gerne hinter ihrer Schnodderigkeit versteckten. Magda räusperte sich, woraufhin sie alle erwartungsvoll ansahen. „Wenn ihr hier fertig seid, treffen wir uns im Revier, in ungefähr“- sie sah auf die Uhr – „drei Viertelstunden. Schafft ihr das?“
„Klar Chefin,“ riefen die drei im Chor. Drei? Magda sah sich suchend um. „Wo ist eigentlich Freddy?“ Anne deutete vage über den See. „Er wollte von dort drüben noch ein paar Fotos schießen. Du kennst ihn doch, er muss den Tatort von allen Seiten beleuchten und jetzt, wo er das neue, superscharfe Objektiv hat, mit dem er einen Floh in einem Kilometer Entfernung filmen kann, natürlich erst recht.“ Sie lachte und die anderen fielen zustimmend ein. Freddy war wohlbekannt für seine umfangreichen Tatortfotos, auf denen er schon oft, bei der späteren Sichtung, manch wichtiges Detail entdeckt hatte, das zur Lösung des Falles entscheidend beitrug. „Dein SEK-Schatz ist übrigens bei ihm, wie ich sehe“, ergänzte Ben und deutete über den See. Magda kniff erschrocken die Augen zusammen und erkannte Herbert neben Freddy auf der anderen Seeseite, der ihr lächelnd zuwinkte. Sie hob beide Arme und winkte zurück. Vor lauter Leiche, hatte sie gar nicht mehr an ihn gedacht. Sie schämte sich. „Dann geh ich mal rüber zu den beiden und sage ihnen Bescheid, meinte sie leise und Ben, der ihre Gedanken oftmals lesen konnte, weil er sie schon lange kannte, legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. „Macht doch nichts Magda. So eine üble Leiche kann einen schon aus dem Konzept bringen und ablenken.“ Magda lächelte ihn erleichtert an.
Der liebe Ben und die wilde Magda, waren schon durch ihre Namen überall bekannt und ergänzten sich, nicht nur dadurch, vorzüglich. Sie wandte sich nach rechts und lief den Weg weiter, bis sie auf der anderen Seeseite bei Freddy und Herbert angekommen war. „Hallo ihr Beiden, habt ihr noch etwas gefunden?“ Freddy nahm die Kamera herunter und strahlte sie an, während Herbert sie schnell verstohlen auf den Mund küsste. „Moin Chefin! Ich hab einfach mal vorsichtshalber, wie immer, ganz viele Bilder gemacht und dabei einen Fußabdruck in einem Entenkackehaufen entdeckt.“ Magda lachte laut auf. „Hab das Bild unseren beiden Spusi´s geschickt, damit sie es irgendwie eintüten, oder einen Abdruck machen können.“ Alle drei brachen in unkontrollierbares Kichern aus.
„Na, da bin ich mal gespannt, wie sie das hinbekommen“, japste Magda und wischte sich die Lachtränen mit Herberts Taschentuch ab, das er ihr hilfsbereit hingehalten hatte. „Ich auch,“, riefen die beiden Männer gleichzeitig lachend.
„Ich wollte euch eigentlich holen, damit wir ins Revier fahren, aber nun müssen Anne und