Скачать книгу

      Ob er ihr mitteilen sollte, dass er damals mit Absicht vor die Halle gegangen ist, anstatt hinten raus, wo es viel ruhiger für ihn gewesen wäre. Allerdings hoffte er nach dem ersten Augenkontakt und als sie wegrannte, sie nach dem Konzert wiederzusehen. Somit setzte er alles auf eine Karte, was schlussendlich auch funktionierte. Aber das kann er sich für ein weiteres Gespräch aufheben. Also klappt er das Notebook zu, es ist Zeit den Aufenthalt hier zu genießen!

      Den Tag verbringt er gemeinsam mit Norman am Strand, wobei sich der Freund auf die hübschen Touristinnen konzentriert und Chris die Ruhe bei langen Spaziergängen sucht. Einmal schwimmt er tatsächlich im Meer, was ihm verdammt guttut. Dabei merkt er, dass er wieder öfter Sport treiben sollte. Dazu kam er auf Tournee so gut wie nie. Und was gibt es Besseres als das Meer und den Wald, der sich rundum befindet. Für heute lässt er es aber gut sein, schließlich will er es ja nicht gleich übertreiben

      An diesem Abend bekommt er keine Nachricht von Lilith, sie war auch noch nicht online. Er kann sich aber gut vorstellen, dass unter der Woche ziemlich viel los ist, denn soweit er gesehen hatte, ist Landsbury ein recht beliebtes Touristenziel. Gern würde er früher oder später dorthin fahren, um es sich zumindest einmal anzuschauen. Vielleicht sollte er diesen Ausflug einfach mal einplanen. Immerhin hat er nun Zeit. Und sie wäre wahrscheinlich einfach nur baff.

      Am Montagmorgen steht er wie gerädert auf und tappt die Stufen hinab, um Kaffee zu kochen. Er hat das Gefühl, als würde sich noch immer alles um ihn herumdrehen und eine leichte Übelkeit ist ebenfalls im Anflug. Gestern hatte er seit Langem wieder harte Drinks zu sich genommen, das hätte er mal lieber bleiben lassen sollen! Doch Norman und Joe, der seit Samstag bei ihnen verweilt, bestanden darauf, die Scheidung zu begießen. Und das ist anscheinend etwas aus dem Ruder geraten.

      Seit Freitag ist er nun ein geschiedener Mann. Der Prozess war so schnell vorbei, dass er lachen musste. Und dafür musste er zwei Jahre warten? Das kam natürlich bei Ann gar nicht gut an. Noch vor Ort hatte sie ihn auch gebeten, seine Sachen sobald wie möglich aus dem Anwesen zu holen. Da er nach wie vor kein geeignetes Heim gefunden hat, muss er wohl oder übel Normans Angebot annehmen und all seine Besitztümer in dessen Garagen bringen lassen.

      Seine mittlerweile Ex-Frau offenbart nach und nach ihr wahres Gesicht. Gestern rief sie ihn bereits wieder an und keifte herum. Er solle endlich seine Habseligkeiten holen, sonst … Dann hatte sie einfach aufgelegt. Schnell hat er ihr eine SMS geschrieben, dass er das bis Freitag tun werde. Schließlich kann er sich nicht zerreißen und von heute auf morgen einen dermaßen großen Transport planen. Eigentlich wollte er ihr noch so vieles mitteilen, aber ihre Art machte es ihm unmöglich gelassen zu bleiben. Norman und Joe rieten ihm eindringlich davon ab, irgendetwas hinterherzuschicken. Stattdessen organisierten sie den Umzug und engagierten ihre eigenen Rowdys für diesen Auftrag, da waren sie sicher, dass alles glatt läuft.

      Chris hofft, dass er ab Freitag nun endgültig seine Ruhe haben wird. Eine friedliche Trennung läuft für ihn zudem anders ab. Aber irgendwie war ihm das klar, als er den Neuen an Anns Seite gesehen hatte. Sie wollen ihren Ex nun endgültig aus dem Anwesen heraushaben, dazu müssen seine Sachen verschwinden. Seufzend trinkt er seinen Kaffee und geht wieder hinauf. Wenn er es richtig bedenkt, hätte er gestern noch mehr bechern sollen.

      Das zweite Thema, was an ihm nagt, ist Lilith. Seit einer Woche hat sie sich nicht mehr gemeldet. Er hat die Hoffnung, jemals wieder etwas von ihr zu lesen, aufgegeben. Am Freitag wollte er sie nach der Scheidung anschreiben, aber hinterherrennen wollte er ihr auch nicht. Also ließ er es, denn dafür war und ist er zu stolz. Sie wird schon wissen, was sie tut oder eben nicht, auch wenn er es insgeheim bedauert. Deshalb kam ihm Joe ganz recht und dieser lenkte ihn tatsächlich ab.

      Am Samstagabend fuhren sie sofort in die nächste Großstadt und machten einige Bars unsicher. Chris blieb an diesem Abend noch nüchtern. Die Frauen umschwirrten ihn auch sehr bald. Erst wehrte er alle Annäherungsversuche ab, später flirtete er, was das Zeug hielt. Wieso sollte er sich nicht amüsieren? Hey! Er war ein geschiedener und somit ein freier Mann. Aber schlussendlich hatte er sich dann doch wieder zusammengerissen und er fuhr mit den Jungs allein nach Hause.

      Gestern beschlossen die drei, dass sie am nächsten Sonntag für ein paar Tage zu einer Kletterpartie aufbrechen werden. Andy wird sich ihnen ebenfalls anschließen. Nancy wünscht sich für ihren Zukünftigen eine besondere Junggesellenabschiedsfeier und gern haben sie sich dazu bereit erklärt, den zukünftigen Bräutigam mit auf die Klettertour zu nehmen. Im Anschluss werden sie sich wie ausgemacht, ein paar Tage bei Chris’ Eltern einquartieren. Somit verbringen die Freunde noch einmal allesamt als Singles gemeinsam einige Zeit.

      Seit Tagen geht er regelmäßig schwimmen und fährt mit Normans Rad lange Touren an der Küste entlang. Dabei hatte er auch einmal den Ortsnamen Landsbury auf einem Wegweiser lesen können, doch er ist nicht hingefahren. Stattdessen kehrte er um.

      Gestern Abend zogen die drei wieder um die Häuser und diesmal trank er. Nur schleierhaft erinnert er sich an die einzelnen Details, aber er denkt, dass er in der dritten Bar einer Blondine sehr nahekam, wahrscheinlich viel zu nah. Im Grunde genommen will er es gar nicht wissen. Spätestens wenn etwas in der Presse steht, hatte er einen Fehler begangen. Wie sie heute Morgen wieder nach Hause kamen, weiß er nicht. Er kann sich noch so sehr anstrengen, es will ihm einfach nicht einfallen, stattdessen hämmert sein Kopf.

      Wieso ist er eigentlich schon wach? Sicherlich hat er nur wenige Stunden geschlafen. Kurz überlegt er, ob er sich wieder hinlegen sollte, als ihm sein Notebook ins Auge springt. Stöhnend setzt er sich an den Schreibtisch. Soll er? Nach längerem Überlegen loggt er sich ein und sieht, dass sie ihm gestern die lang ersehnte Nachricht geschickt hatte. Bange öffnet er sie und hofft, dass nichts Schlimmes darinsteht.

      ›Hallo Chris,

      es tut mir unendlich leid, dass ich dir nicht geantwortet hatte. Ich hatte leider mehr zu tun als gedacht.

      Womit wir beim Thema wären: Ja, ich besitze ein Geschäft. Zusammen mit Sonja betreibe ich ein kleines Büchercafé. Leider hatte meine Angestellte einen Unfall und ich kam zu gar nichts mehr. Ich bin jeden Abend nur heimgekommen, um todmüde ins Bett zu fallen. Ich hoffe, du verzeihst mir! Bitte, bitte, bitte …

      Wie ist es dir zwischenzeitlich ergangen?

      Sehr gerne würde ich mit dir tanzen. Du weißt, was man so sagt?

      Dann bist du also in der Nähe? Hm, vielleicht laufe ich dir ja mal über den Weg?

      Liebe Grüße Lilith

      PS: Hast du in der letzten Woche an mich gedacht?‹

      Schlagartig ist er hellwach und nüchtern. Beinahe erleichtert liest er noch einmal ihren Text. Sie hatte tatsächlich nur viel zu tun! Verblüfft stellt er fest, dass ihm eine Last vom Herzen fällt. Mann, war er bescheuert! Nun bezweifelt er, ob er nicht doch ein Teenie ist.

      Aber was ist mit diesem Büchercafé? Das ist wirklich sehr merkwürdig, denn genau davon hatte sie, nein diese Traumgestalt ihm im Traum berichtet! Zufall? Es muss ein Zufall sein, alles andere wäre utopisch. Plötzlich erinnert er sich an weitere Details aus diesem Traum. Schmunzelnd schließt er die Augen, denn sofort schießen die Bilder in seinen Kopf. Ein wohliges Gefühl macht sich breit. Rasch schüttelt er jeden weiteren Gedankengang ab. Verdammt, das war nur ein Traum!

      Er lehnt sich nach vorn und liest nochmals ihre letzten Zeilen. In dem Moment, als er ihr darauf antworten will, blinkt auf einmal ein Chatfenster auf. Sie ist tatsächlich online und hat ihn angeschrieben.

      »Hallo Chris, bist du mir böse?«

      »Hallo Lilith, nein. Warum sollte ich? Ich habe dich nur vermisst.« Da war es heraus. Viel zu schnell hat er auf Absenden geklickt. Nervös reibt er sich die Finger. Die Sekunden verstreichen – die ihm wie Minuten vorkommen.

      »Ich habe dich auch vermisst. Es tut mir so leid!«

      Er hätte mit vielem gerechnet, aber nicht damit. »Es braucht dir nicht leidzutun, wirklich! Dafür schuldest du mir aber nun einen Tanz.«

      »Gern.«

      »Ich nehme dich beim Wort!«

Скачать книгу