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Dem Marschall Bazaine ist aus dem blutigen Akt, der dies Trauerspiel abschloss, kein Vorwurf zu machen. Am allerwenigsten kann von einer Mitschuld die Rede sein. Mitte Februar 1867 fragte der Marschall an, ob die Absichten des Kaisers Maximilian infolge der Niederlage des Generals Miramon keine Abänderung erfahren hätten; noch könne er ihm die Hand reichen, um Sr. Majestät bei seinem Rückzug behilflich zu sein, in wenigen Tagen würde ihm dies unmöglich werden. Nirgends begegnet man einer mala fides (Anm.: bösen Absicht), Bazaines gegen den Kaiser Maximilian, andrerseits nirgends einen Verdacht (…) gegen den Marschall und etwaige ehrgeizige Pläne dieses. Konnte auch nicht der Fall sein. Denn die ganze Armee, auf die sich doch diese ehrgeizigen Pläne hätten stützen müssen, war nur von einem Gefühl erfüllt: heraus aus diesem unglückseligen Lande und wieder heim nach Frankreich, je eher je lieber.“

      Zu Bazaines Ernennung zum Generalissimus schreibt er: „Alle alten Troupiers waren seines (Bazaines) Lobes voll. Der rechte Mann schien an den rechten Platz gestellt. Die allgemeine Stimme war für ihn, nur seine eigene nicht. (…) Er misstraute sich und seinem Werkzeug, der Armee. Allerhöchster Gaben entbehrend, war seine Beanlagung doch gerade superior genug, um zu erkennen, was ihm und der Gesamtheit fehlte. (…)

      Am 12. ernannt, übernahm er tags darauf den Oberbefehl. Es fiel auf, dass er, ganz gegen alles Herkommen, keine Proklamation erließ, keine Revue abnahm, vielmehr der Armee wie dem Personal seines Stabes gegenüber eine sehr reservierte Haltung einnahm. Doch war diese kühle Haltung zunächst nur dazu angetan, den zutrauensvollen Respekt vor ihm zu steigern. Bedeutende Menschen sind über die bloße Liebenswürdigkeit nicht nur erhaben, sie ziehen sogar gesteigertes Ansehen aus der Abwesenheit derselben. Gleich die nächsten Tage (…) stellten seine Begabung auf eine harte Probe, vielleicht auf eine härtere, als sie jemals einem Feldherrn, noch dazu unmittelbar nach seiner Ernennung, angesichts eines übermächtigen und bereits siegreichen Feindes gestellt worden ist. Mit dem Resultat am 14. schien man etwas überraschender Weise auf französischer Seite zufrieden. Der Kaiser gratulierte dem Marschall zu dem vorgeblichen bei Colombey-Rouilly errungenen Erfolge und fügte hinzu: der Zauber ist gebrochen. (…)

      Er (Bazaine) verlor das Spiel aus keinem andern Grunde, als weil seine höhere Begabung doch keine höchste war. Er ist nicht nur zu feiern, aber er ist noch weniger zu tadeln; er war doch der beste General Frankreichs und seinem Rivalen Mac Mahon unendlich überlegen.“

      VORUNTERSUCHUNG

      Nach dem beendeten Krieg wurde in Frankreich eine Kommission eingesetzt zur Untersuchung der Kapitulationen und sonstigen Ereignisse des letzten Krieges. Das war nicht unüblich: in Preußen wurde nach dem Krieg von 1806–7, in Österreich nach den Niederlagen von 1866, ähnlich verfahren.

      Diese Kommission fasste in ihrer Sitzung vom 12. April 1872 folgenden Beschluss:

      „In Erwägung, dass der Marschall Bazaine durch seine Depeschen vom 19. und 20. August 1870 bewirkt hat, dass der Marschall Mac-Mahon von Reims über die Maas ging, um der Armee von Metz zu Hilfe zu kommen, dass die Ausfallsversuche vom 26. und 31. August nicht als hinreichend ernst betrachtet werden können, um eine der Armee von Châlons Nutzen bringende Ablenkung zu bewirken, nimmt die Kommission an, dass Marschall Bazaine für die Unfälle dieser Armee großenteils verantwortlich ist.

       Die Kommission ist der Ansicht, dass der Marschall Bazaine den Verlust einer Armee von 150.000 Mann und der Festung Metz verursacht hat, dass die volle Verantwortlichkeit hierfür ihm allein zur Last fällt, und dass er als Oberbefehlshaber nicht getan hat, was Pflicht und Ehre ihm geboten.

       Die Kommission tadelt den Marschall, weil er Beziehungen zum Feinde unterhalten hat, welche zu einer in der Geschichte beispiellosen Kapitulation geführt haben.

       Wenn die Kommission in den bisher erörterten Fällen von Kapitulation stets die Festungskommandanten getadelt hat, welche, zur Übergabe gezwungen, ihr Kriegsmaterial vor Unterzeichnung der Kapitulation nicht zerstört und dadurch dem Feinde Hilfsmittel in die Hand gegeben haben, von denen er im Verlaufe des Krieges umfassenden Gebrauch gemacht hat, so verdient der Marschall Bazaine diesen Tadel mit noch größerem Recht.

       Die Kommission tadelt ihn, weil er die Klausel der Kapitulation angenommen hat, welche den Offizieren gestattete, gegen ihr schriftliches Ehrenwort, während des Krieges nicht mehr gegen Deutschland zu dienen, in ihre Heimat zurückzukehren.

       Die Kommission tadelt ihn, weil er nicht in Gemäßheit des Art. 257 des Dekrets vom 13. Oktober 1863 dafür gesorgt hat, dass in der Kapitulation das Los seiner Soldaten verbessert und für die Verwundeten und Kranken alle nur zu erlangenden Ausnahmebestimmungen stipuliert wurden.

       Endlich tadelt ihn die Kommission, weil er dem Feinde die Fahnen, welche er hätte vernichten können und sollen, überliefert, und so die Demütigung tapferer Soldaten, deren Ehre zu hüten seine Pflicht war, auf die Spitze getrieben hat.“

      Damit hat die Kommission die Vorverurteilung vollendet, welche die Regierung bereits am 29. Oktober 1870, also zwei Tage nach der Kapitulation Bazaines proklamierte: „Der General, auf welchen Frankreich, selbst nach der Expedition von Mexico, rechnete, nimmt dem schwer gefährdeten Vaterlande mehr als hunderttausend Verteidiger. Bazaine hat Verrat geübt, er hat sich zum Werkzeuge des Mannes von Sedan gemacht und zum Mitschuldigen der Eroberer, und mit Verachtung der Ehre der Armee, über welche er die Obhut hatte, hat er, selbst ohne eine letzte Anstrengung zu versuchen, hundertundzwanzigtausend Kämpfer, zwanzigtausend Verwundete, seine Gewehre, seine Kanonen, seine Fahnen und die stärkste Citadelle Frankreichs, Metz, bis auf ihn jungfräulich rein von aller fremden Besudelung, den Fremden überliefert. Ein solches Verbrechen steht selbst über den Strafen der Gerechtigkeit; und jetzt, Franzosen, messet die Tiefen des Abgrundes, in welchen euch das Kaisertum gestürzt hat.“

      Der Aufruf schloss mit den Worten:

      „Es lebe Frankreich, es lebe die einige, unheilbare Republik!“

      Die Mitglieder der Regierung.

      Crémieux. Glais-Bizoin. Gambetta.

Grafik 6

       General Séré de Rivière

      General de Rivière wurde beauftragt, den gesetzlich vor-geschriebenen Bericht über die Ergebnisse der Voruntersuchung abzustatten, und reichte am 6. März 1873 den Bericht über den Prozess des Herrn Marschalls Bazaine, die eigentliche Anklageschrift, ein. Auf 276 enggedruckten Seiten enthält diese eine Zusammenstellung aller den Marschall irgendwie belastenden Tatsachen und Aussagen.

      KAPITULATIONSURKUNDE

      vom 28. Oktober 1870

      Protokoll

      Zwischen den unterzeichneten, dem Chef des Generalstabs der preußischen Armee vor Metz und dem Chef des Generalstabs der französischen Armee in Metz, alle beide mit den Vollmachten versehen von: S.k.H. (Seiner königlichen Hoheit) dem General der Kavallerie, Prinzen Friedrich Karl von Preußen, und von seiner Exzellenz, dem Oberbefehlshaber Marschall Bazaine ist nachstehende Übereinkunft abgeschlossen worden:

      1. Art. Die unter Befehl des Marschalls stehende Armee ist kriegsgefangen.

      2. Art. Die Festung und die Stadt Metz, mit allen Forts, dem Kriegsmaterial, den Vorräten aller Art und allem Staatseigentum wird der preußischen Armee in dem Zustand übergeben, in welchem sie sich im Augenblick der Unterzeichnung dieser Übereinkunft befinden.

      Die Forts St. Quentin Plappeville, St. Julien, Quenten und St. Privat, sowie das Mazellenthor (Straße nach Straßburg) werden am Sonnabend, den 29. Oktober, mittags, den preußischen Truppen übergeben.

      Um 10 Uhr morgens desselben Tages werden Artillerie- und Ingenieur- Offiziere mit einigen Unteroffizieren in die genannten Forts hineingelassen,

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