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führen -, und ich wünsche nur ihrer würdig befunden zu werden am Tag des Gerichtes.‘ Als sie das hörten, fielen sie jener zu Füßen, und jede gestand ein anderes Vergehen: die eine, sie habe sie mit Spülwasser begossen; die andere, sie habe sie geschlagen, so dass sie blaue Flecken bekam; wieder eine andere, sie habe ihr die Nase mit Senf bestrichen; kurz, jede hatte auf andere Weise tollen Übermut getrieben an ihr. Da betete Piterum für alle und ging. Weil aber jene nicht Ruhm und Ehre bei den Schwestern genießen wollte und die vielen Abbitten lästig fand, entwich sie nach wenigen Tagen aus dem Kloster. Wohin sie ging, wo sie sich verbarg und wo sie gestorben ist, hat niemand erfahren.“13

      13 Michel de Certeau Zitiert nach: Palladius von Helenopolis (gestorben vor 413 n. Chr.), Leben der Väter (Historia lausiaca).

      Michel der Certeau kommentiert: „Eine Frau also. Nie verlässt sie die Küche. Nie hört sie auf, etwas zu sein, was mit Nahrungszerkleinerung und –abfall zu tun hat. Davon ernährt sie ihren Körper. Sie lebt davon, dass sie nichts ist als dieser verächtliche Gegenstand, das ‚Nichts‘, das Abschaum ist.“ (Vgl. hierzu auch Paulus in

      1 Kor 4, 12 f., wo „Kehricht der Welt, Ab-schaum“, der Schmutz aller zu werden Form der Nachfolge des Lebens Christi, göttliches In-Der-Welt kennzeichnet: „ Geschmäht werden wir und lobpreisen; gejagt werden wir und halten aus; verleumdet werden wir und ermutigen. Wie aus der Welt Ausgestoßene sind wir geworden; Abschaum für alle – bis jetzt.“ (1 Kor 4, 12 f. – Anm. Markus Roentgen).

      14 Ebd., S. 57.

      Umkehrung Gottes zur Welt (Weihnachten – Karfreitag, Karsamstag; Trog und Schandkreuz), Umkehrung von oben und unten auch hier im Text.

      Der verehrte Mönch Piterum auf der Höhe, ein spiritueller Aufsteiger – sein Ort, das Porphyrgebirge; er muss aufs Geheiß des Engels absteigen zur namenlosen, diese Frau unten, Küchenexistenz, Abfallwesen.

      Das Ver-rückte von Ostern kann nur erahnt werden aus solchen Umkehrungen der gewohnten religiös-spirituellen Sichtungen: „töricht werden, um Weise zu werden“ (Paulus 1 Kor 3, 18).

      Und in nochmaliger Steigerung die nochmalige Weigerung der Närrin: Sie lässt sich nicht einbinden in ein „Aschenputtel-Happy -End“, nachdem Piterum sie erkennt, vor ihr kniet und sie als „Heilige“ enttarnt vor den Mitschwestern. Sie entzieht sich. Sie bleibt die namenlose nur Gottalleinbezogene; unbedingte Verweigerung jeglicher Anerkennung als Heilig mitten in Welt! Sie entzieht sich der österlichen Wendung in den Augen der Welt aus Kloster, Kirche und „heiligem Mann“!

      Sie geht aus der Geschichte, aus dem Symbolzusammenhang, aus der Signifizierung heraus. Ihr Grab ist unbekannt!!!

      Gänzlicher Ex-zess (Außer Sich) – Nicht-Ort!

      15 Ebd., S. 65.

      Die Torheit dieser Frau beharrt auf der Nichtinklusion ihrer ex-zessiven, ek-statischen Gottbindung zu den etablierten Konventionen, Ritualen, Symbolisationen, Kommunikationsformen von Kirche und Welt.

      Sie ist die Irritation schlechthin zu jeglicher Gottgewissheit, sie ist das Gott offen nackt und bloß ohne Rückversicherung, Nachfolge der radikalen Selbstentblößung Gottes, Aussetzung Gottes im Wahnsinn des Liebens bis zum Ex-zess an das Weltganze: Krippe, Leiden, Kreuz – Torheit Gottes zum Tor für alle Welt: unverfügbar, unvermittelbar: Ostern –

      Literatur:

      Michel de Certeau, Mystische Fabel, Berlin 2010, S. 54-80.

      Augustinus „Confessiones”

      Unruhe als Sehnsucht nach Gott

      Leben und Werk I

      Am 13. November 354 wird Augustinus in Tagaste (im heutigen Algerien) geboren. Er ist ein Mann der Spätantike, der in einer Zeit von Bedrohung und Erschütterung lebt.

      Vieles in seinem Denken und Lehren ist zeitbezogen und befremdet heute, vieles ist von bleibender Aktualität, bisweilen aufwühlend heutig, so dass 1650 Jahre Zeitdistanz wie aufgehoben erscheinen.

      Menschen mit großer innerer Unruhe und mit dem Verlangen und der Sehnsucht nach Gott finden Widerhall im Kern und Keim dieses Nordafrikaners, Theologen, Bischofs und Heiligen der Kirche.

      Er lebt in der Zerfallszeit eines Weltreiches. Als 410 die Eroberung Roms durch Alarichs Goten dieser Endzeit des römischen Reiches den Stempel aufdrückt, erschüttert dies ebenso auch die nordafrikanische römische Provinz – und als Augustinus im Jahr 430 etwa 100 Kilometer von seiner Geburtsstadt entfernt in Hippo Regius stirbt, da belagern gerade die Wandalen seine Bischofsstadt.

      Dies muss immer mit bedacht werden, wenn Augustinus Denken und Werk in den Blick genommen werden. Er schrieb in einer äußerlich von Katastrophen heim gesuchten Welt.

      So sind etwa die 22 Bände seines „Gottesstaates“ (De Civitate Dei) gar nicht anders zu verstehen als seine Antwort auf den Fall Roms, auf die Frage nach der Dimension Gottes in den Mächten und Gewalten der Geschichte seiner Zeit!

      Er ist, ganz anders etwa als Thomas von Aquin, ein gar nicht außerhalb seiner Zeit zu nehmender Denker.

      Wir würden heute sagen, er reflektiert sich als existentielles Subjekt inmitten seiner Zeit in und durch sein Denken, seinen Glauben, seine Spiritualität hindurch. Er ist Zeitzeuge, Zeitbedingter – und dennoch darin und darüber, ein Denker, ein Glaubender auch für unsere Zeit.

      Erlebnistheologe, Subjekttheologe, biografisch immer in seinem Werk voll mit präsent; also in einer Weise da, die in jüngster Zeit die Theologie der Kirche erst im späteren 20. Jahrhundert für sich wieder entdeckt hat, nach einer langen Ära scheinbar objektiven Glaubens, objektiver Liturgie, objektiver Norm, objektiven Betens.

      Alles Erlebte und Erfahrene geht, sublimiert und verwandelt und reflektiert ein in sein Werk, das in vielen Fasern auch ein Polemisches ist als ein kämpferisches Werk Gegen!

       Als Seinsphilosoph denkt er gegen die Manichäer, als Seins-Dualisten und Gnostiker;

       als Kirchenlehrer gegen die Donatisten, als Lehrer der Wiedertaufe und der Ablehnung des Ein Für Allemal gültig und wirksam der Taufgnade;

       als Geschichtstheologe gegen die Heiden, die zumeist den Kreislauf der Dinge und das Zyklische des ewigen „stirb und werde“ einem wirklichen relevanten Geschichtsverlauf entgegen stellten;

       schließlich als Verfechter der Gnade gegen die Pelagianer, als Leugner der Wirksamkeit und Vorrangigkeit der Gnade gegenüber der Relevanz und Souveränität menschlicher Freiheit, die aus der völligen Souveränität des Menschen dessen Allein zur Erlangung der Gottesgenugsamkeit lehrten.

      In allem also wird Augustinus der große Verfechter des Vorranges Gottes als einheitliche und beziehungsreich ausgefaltete dreieine Wirklichkeit und Wirksamkeit in Zeit aus Ewigkeit, darin der Mensch in struktureller wie persönlicher Sünde und Schuld wie in seinem Vermögen ebenso ernst genommen ist, wie zugleich darin nicht in letzter Dimension gleichrangig oder getrennt, weil in Allem unter einem unbedingten Zuvor von Gottes Gnade zum Heil, in Geschichtszeit, Weltzeit und ebenso in der Kirche darinnen!

      Augustinus ist der Denker zugleich im Vorübergang und im Durchblicken insgesamt; sein Denken und Schreiben ist impulsiv, rhythmisch, intuitiv, es ist vom lebendigen

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