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Sagenbuch der Bayrischen Lande. Alexander Schöppner
Читать онлайн.Название Sagenbuch der Bayrischen Lande
Год выпуска 0
isbn 9783742772664
Автор произведения Alexander Schöppner
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Der von dort an ward bis heute
Stets der Heilige genannt.
Zwei und zwanzig Jahre heilig
Herrscht' er ohne Fluch und Spott;
An die röm'sche Sechse treulich
Dacht' er und an Tod und Gott.
Weil er fertig war zum Sterben,
Hielt ihn Gott des Lebens werth,
Weil den Himmel er konnt' erben,
Ward ihm auch das Reich bescheert.
111. Heinrich der Heilige.
Von F r a n z K u g l e r .
Er stieg den Herzogstuhl herab:
»Du goldner Reif! du goldner Stab!
Du edles Hermelingewand!
Nun ist kein andrer Herr im Land!« –
Und nächtens war es ihm, im Schlaf,
Als ob ein Wort das Ohr ihm traf,
Ihm dünkt, als ob sich aus der Wand
Hervorhub eine Riesenhand,
Die mit dem Finger Zeichen schrieb: –
»Nach sechsen« – und dann stehen blieb.
Verwirrt fuhr er vom Schlaf empor,
»Nach sechsen« dröhnt's in seinem Ohr,
Nach sechsen! – Menschensohn, das ist
Der Tod! Sechs Tage nur sind Frist.
Da beugt er seinen stolzen Sinn,
Da warf er sich in Demuth hin
Vor dem, der einzig hält Gericht;
Und als des sechsten Morgens Licht
Das Erdenrund begann zu färben,
War willig er, bereit zu sterben.
Der Tag ging hin, die Nacht brach an, –
Die sechste Woche kam heran, –
Der sechste Mond, – er blieb ergeben,
Noch fristete der Herr sein Leben,
Und als das sechste Jahr entflohn,
Ward ihm verliehn der Kaiserthron.
112. Heinrichs des Heiligen Stuhl zu
Regensburg.
E r t l relatt. cur. Bav. S. 87.
Kaiser Henricus der Zweite, Herzog in Bayern, hat
sich nit geschämt, zu Regensburg in den öffentlichen
Prozessionen mit entblößtem Haupt und Füßen das
heilwerthe Kreuz voranzutragen. In den von ihm erbauten
Klöstern, vierundzwanzig an der Zahl, welchen
er vor dem Kirchenportal jedem einen andern
Buchstaben aus dem Alphabet, etliche Pfund feines
Gold schwer, eingraben lassen, hat er zum öftern mit
den Ordensbrüdern zu psalliren und die Lectiones mit
heller Stimm abzulesen sich gewürdiget. Als er auf
eine Zeit zu Abach ober Regensburg an der Donau
seinen Aufenthalt genommen, pflegte er alle Nacht
von diesem Ort zehntausend Schritte weit nach der
Stadt auch im strengsten Winter zu gehen und allda in
St. Emmerams Gotteshaus mit andern Ordensmännern
die Metten zu singen. Man sieht noch bis auf diese
Stund einen sehr großen Stein als Sessel ausgehauen,
auf welchem der damals noch junge Fürst auszuruhen
gepflegt, bis die Kirchenthore eröffnet worden, welchen
Dienst mehrmalen die heiligen Engel verrichtet,
damit er desto ehender seiner Andacht abwarten konn-
te.
113. Die Regensburger Brücke.
Von A. S c h ö p p n e r . – Die steinerne Brücke zu
Regensburg. Stadtamhof 1821. S. 13, wo nebst dem
Hund noch zwei H ä h n e als Opfer des Teufels genannt
sind. N o r k Myth. d. Volkss. S. 1050. Lexikon v.
Bayern, Ulm 1796 II., 741. Ein Ged. v. Th. M ö r t l .
Ein Herzog hub zu bauen an die Regensburger
Brücke,
Doch hatte selber Ehrenmann die sonderbarste Tücke.
»Elf Jahre, lieber Meister mein, sind euch zum Bau
vergonnen,
Doch wisset: ist des Werkes Frist im elften Jahr
verronnen
Und steht der Brücke Bau nicht da, vollendet fix und
fertig,
So seid bei meinem Barte mir des Eselritts gewärtig.«
Wie rührte da der Meister sich, wie richteten die
Metzen,
Wie regten die Gesellen sich mit Hauen und mit
Setzen.
So schlich das elfte Jahr herbei, die Brücke noch nicht
fertig,
Es war der gute Meister schier des Eselritts gewärtig.
Und immer näher dräuet schon des Jahres letzte
Stunde –
Da ruft er in Verzweifelung den Teufel an zum
Bunde.
Wie flog der Meister Urian herbei mit
Blitzesschnelle:
»Die Brücke da, mein lieber Mann! vollend' ich euch
zur Stelle;
Doch weil die Arbeit Lohnes werth, so sei die Seele
dessen,
Der auf die Brücke geht zuerst, als Preis mir
zugemessen.«
Dem Meister macht die Forderung das Herz im Leibe
beben,
Doch drängt der Schicksalsstunde Schlag, sein Ja zum
Pakt zu geben.
Und eh' das elfte Jahr verstrich, erhub sich hoch und
mächtig
Mit Pfeilern und mit Bogen schwer die Brücke stolz
und prächtig.
Und von dem hohen Dome her in festlichem Ornate
Zum Weihespruch des Werkes zog der Bischof mit
dem Rathe.
Es sieht der gute Meister schon das Volk zur Brücke
drängen, –
O Gott! es will dem Armen schier das Herz im Leibe
sprengen.
Da zuckt ihm durch die Seele schnell ein Rath zu
gutem Glücke:
Er reißt den Hut von seinem Kopf und wirft ihn auf
die Brücke,
Und husch! sein Pudel hinterdrein, den Hut zu
apportiren
Und husch! der Teufel diesem nach, den Pakt zu
exequiren.
Da stöhnt entsetzliches Geheul aus des Betrognen
Munde,
Er bricht in seinem Höllengrimm den Hals dem armen