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Sagenbuch der Bayrischen Lande. Alexander Schöppner
Читать онлайн.Название Sagenbuch der Bayrischen Lande
Год выпуска 0
isbn 9783742772664
Автор произведения Alexander Schöppner
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Ich wart dahier aus Drachengräul,
Er wird mich schlucken in schneller Eil.
R i t t e r .
Schad't nicht, schad't nicht, seid wohlgemuth!
Die Sach', die Sach' wird b'währt und gut;
Rufet zu mir und betet zu Gott,
Er wird uns helfen aus aller Noth.
P r i n z e s s i n .
Ach edler treuer Rittersheld,
Flieht weit hinweg; flieh't weit in's Feld!
Sonst müßt ihr euer ritterliches Leben
Mit mir bis in den Tod aufgeben.
R i t t e r .
Ich als starker Rittersmann,
Das grausam' Thier macht mir nicht bang;
Mit meinem Degen und Rittershand
Will ich ihn räumen aus dem Land.
P r i n z e s s i n .
Seht, seht, ihr Ritter und Herr;
Das grausam Thier tritt schon daher.
Während dieser Worte rückt der Drache gegen die
Bühne vor und stellt sich an, als wollte er die Prinzessin
verschlingen. Doch der kühne Ritter sprengt ihm
entgegen und stößt seine Lanze tief in den Rachen des
Ungeheuers. Bei diesem Manöver muß aber derjenige,
welcher die Rolle des Ritters spielt (immer ein junger
Bürgerssohn) sich wohl in Acht nehmen, daß er die in
der Gaumenhöhlung verborgene Blase trifft. Das
Volk will heute Blut sehen, sey es auch nur unschuldiges
Ochsenblut, und wenn der Held des Tages fehl
sticht, so überschüttet ihn ein Hagel von Spottreden.
Ist der Lanzenstoß glücklich beigebracht, so zieht der
Ritter sein Schwert, und haut den Drachen ein paarmal
über den Schädel, dann macht er ihm mit einem
Pistolenschusse vollends den Garaus.
Nachdem er auf diese Weise das Scheusal unschädlich
gemacht hat, kehrt er zu der Prinzessin zurück
und ruft siegesfroh aus:
Freud', Freud' ihr königliche Tochter mein!
Jetzt könnt ihr frisch und fröhlich sein;
Dem Drachen hab' ich geben seinen Rest,
Weil er die Stadt hat lang geprest.
Die Prinzessin dankt ihm darauf mit diesen Wor-
ten:
Ach edler treuer Rittersheld
Weil er den Drachen hat angefällt,
Zu seinem Degen und Ritterlanz
Verehr' ich ihm ein schön Ehrenkranz.
Hiemit steigt sie von der Bühne herab und spricht,
indem sie dem Ritter den Kranz um den Arm bindet,
die Schlußverse:
Der Herr Vater und Frau Mutter werden kommen
sogleich,
Und werden uns geben das halbe Königreich.
Die Trabanten nehmen jetzt den Ritter und die
Prinzessin in die Mitte, und geleiten sie in die Herberge
zum Rittertanze. Auch die Zuschauer zerstreuen
sich in die Schenken, und das Fest endet, wie die
Volksfeste immer, mit einem allgemeinen Trinkgelage.
94. Der Hirschenritt.
Sage von F u r t h in der O b e r p f a l z . – A.
M ü l l e r Beiträge zur Gesch. u. Topogr. der alten
Grenzstadt Furth im Walde, in Verh. d. hist. Ver. f.O.u.R.
1846. Bd. X., S. 144, A. 18.
Die Schützen von Furth und ihre Jagdabentheuer
waren vormals weit und breit berühmt. Lange Zeit hat
sich im Munde des Volkes die Ueberlieferung von gewaltigen
Kämpfen dortiger Jäger mit Wölfen und
Bären, sowie die Kunde von einem schlimmen Ritte
erhalten, den vor etwa hundert Jahren den Stadtschreiber
L a n n e r von Furth auf einen Hirschen gethan.
Lanner hatte auf einer Jagd in Daberg, an welcher mit
ihm mehrere Bürger Antheil nahmen, einen Hirschen
erlegt und in übermüthiger Waidmannslust sich auf
den Rücken des vermeintlich todt daliegenden Wildes
gesetzt. Plötzlich aber sprang dieses auf die Läufe,
warf den Kopf zurück und preßte mit seinen Geweihen
den Stadtschreiber so fest an sich, daß dieser sich
nicht mehr losmachen konnte. Und nun ging's im
windschnellen Laufe dem Dickichte zu. Erreichte dieses
der Hirsch, so war Lanner verloren; die spießigen
Aeste des Unterholzes rissen ihm das Fleisch vom
Leibe. Da schlug einer der Jagdgefährten, ein entschlossener
Mann und sicherer Schütze, seine Büchse
an und brannte in Gottes Namen auf Tod und Leben
los. Der Hirsch, tödtlich getroffen, brach zusammen,
und der Stadtschreiber war gerettet. So oft dieser sein
Abenteuer erzählte, versicherte er, daß er beim Niederstürzen
des Hirschen eine Erschütterung in allen
Gliedern gefühlt habe, als seien Himmel und Erde auf
ihn gefallen.
95. Der Notthaffte Herkunft.
R u n d i n g alte Veste unweit C h a m im
B a y e r w a l d e , lange Zeit Besitz der Notthaffte,
deren Abkunft von einem friesischen Ritter
R a d i b o l d die Sage erzählt. – Das Gedicht aus einer
Reimchronik etwas geändert im Oberpfälzer Anzeiger,
1845, S. 109 und Bayer. Wald von A. M ü l l e r u. B.
G r u e b e r . S. 289.
Es lebt' ein Ritter in Friesenland,
Herr Radibold von Eggemont,
Auf Erden war kaum seines Gleichen,
An Stamm und Tugend königlich,
Keinem Ritter durft' er weichen.
Bevor der Vater kam in's Grab,
Dem Sohn ein reiches Weib er gab,
Dem Ritter war's nicht eben;
Sie kränkt' ihn bis an ihren Tod,
Und war untreu daneben.
Er zog vor Unmuth aus seinem Land,
Bekriegte Böhmen mit starker Hand;
Manch' Abenteuer er triebe,
Bis eines edlen Ritters Kind
Mit ihm verfiel in große Liebe.
Die Mutter zu der Tochter spricht:
Trau du dem fremden Ritter nicht,