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Der außerhalb des Marktes auf einem freien Wiesplatze

       angekommene Wallfahrtszug schließt sich zu

       einem Kreise und es empfängt hier ein Kötztinger

       Bürgerssohn, der nach dem Urtheile und der Auswahl

       des Magistrates und des Pfarrers vor Anderen als tugendreich

       gehalten wird, aus der Hand des Geistlichen

       ein aus Flieder, rothem Band und Silberdraht geflochtenes

       Ehrenkränzchen um den linken Arm. Es

       gehen verschiedene Ueberlieferungen über die Entstehung

       dieses Rittes; unter andern die folgende. Noch

       bedeckte der Urwald die Gegend und ringsher

       herrschte finsteres Heidenthum. Unten im Thale von

       Chammerau aber bestand schon eine Christenkirche,

       zu welcher Steinbühl weit oben in der Bergwaldung

       als Tochterkirche gehörte. Es geschah nun, daß der

       Chammerauer Pfarrherr noch nächtlicher Weile in seinen

       Filialbezirk gerufen wurde, es verlangte ein Sterbender

       nach der letzten Wegzehrung. Weil aber die

       Heiden nicht nur, sondern auch grimmige Raubthiere

       den Pfad unsicher machten, entschlossen sich unterwegs

       die jungen Männer von Kötzting freiwillig, dem

       Geistlichen zu Pferd ein Schutzgeleite zu geben. Mit

       anbrechendem Tage brach eine Heidenschaar hervor

       und des Priesters Leben sammt dem Allerheiligsten

       schien in Gefahr. Da wurden die Gottlosen von den

       Kötztinger Jünglingen hart angefallen und in hitzigem

       Kampfe theils erschlagen, theils zur Flucht in die

       Wälder getrieben. Von solch mannhafter That soll das

       erwähnte Ehrenkränzlein ein Erinnerungszeichen sein.

       92. Sagen von Chameregg.

       C h a m e r e g g unweit C h a m e r a u im

       Bayerwalde. – A. M ü l l e r u. B. G r u e b e r a.a.O. S.

       297.

       Wenn man über den Grund innerhalb des Wallgrabens

       hinschreitet, dröhnt es dumpf unter den Füßen,

       als ob man über ein Gewölbe schritte. Daher die Sage

       von dem verschütteten Burgkeller, in welchem auf

       steinernen Gantern uralter Rheinwein liege, ohne

       Reife und Dauben, von seinem eigenen Weinsteine

       gefaßt. Auch Schätze läßt das Landvolk hier vergraben

       sein und gibt an, zur Herbstzeit, an stillen Tagen,

       wo kein Lüftchen sich spüren lasse, drehe oft das auf

       dem Boden liegende Laub von freien Stücken sich im

       Wirbel herum, und es funkle dann vor den Augen der

       Zuschauer wie Gold. Eine Frau, die eines Tages im

       Burggraben Streu sammelte, hatte den Muth, mit dem

       Rechen in das tanzende Laub zu schlagen, und es

       sprangen drei Goldstücke hinweg, die jene aufraffte,

       während der übrige Haufen sich schnell wieder in

       dürre Blätter verwandelte.

       Wie eine andere Sage erzählt, waren Chameregg,

       die Burg auf dem benachbarten Lamberge, Chamerau,

       Buchberg und Püdenstorf einst gefürchtete Raubnester.

       Fünf Brüder hausten in diesen Schlössern und

       fügten, vom Sattel und Stegreife lebend, den vorübergehenden

       Handelsleuten viel Unheil zu. Wenn sie

       Beute oder Feindesgefahr witterten, verständigten sie

       sich von ihren Wartthürmen herab gegenseitig durch

       Sprachrohre. Endlich erhoben sich, des ewigen Unfriedens

       müde, die wehrhaften Männer der Grafschaft

       und trieben die Unholde von dannen.

       93. Der Drachenstich zu Furth im Walde.

       In der O b e r p f a l z . – A. M ü l l e r ' s Beiträge zur

       Gesch. u. Topogr. von F u r t h in Verh. des hist. Ver.

       f.O.u.R. 1846, X. Bd. S. 162. Vaterl. Mag. von Dr. Fr.

       M a y e r . München 1840. S. 353.

       Dieses Fest, welches alljährlich am Sonntage nach

       dem Frohnleichnamsfeste begangen wird, verdankt

       seinen Ursprung wahrscheinlich einer jener alten

       Lindwurmssagen, die ehedem fast in allen Gebirgsländern

       unter dem Volke verbreitet waren. Das

       Schauspiel, welches zum Nutzen der Wirthe, Bäcker

       und Metzger noch immer sehr viele Zuseher aus der

       Umgegend herbeizieht, geht in den ersten Nachmittagsstunden

       des genannten Tages auf dem großen

       Stadtplatze vor sich. Die auftretenden Personen sind:

       Ein Rittersmann zu Pferd, in Harnisch und Blechhaube,

       umgeben von einer Schaar Trabanten, dann eine

       Königstochter aus unbekanntem Lande, welche zum

       Zeichen ihres hohen Standes ein Goldkrönlein auf

       dem Haupte trägt und mit so viel Silbergeschnür und

       Schaumünzen behängt ist, als man nur immer auftreiben

       kann. Eine Ehrendame, die »Nachtreterin« genannt,

       begleitet die Prinzessin. Letztere nimmt auf

       einer erhabenen Bühne Platz, und ihr gegenüber stellt

       sich in einiger Entfernung der Drache auf, ein gräuli-

       ches Ungethüm, dicken, ungestalten Leibes, freilich

       nur ein Holzgerippe, mit bemalter Leinwand überzogen

       und von zwei im Innern verborgenen Männern

       bewegt. Ein dichtes Gewühl sammelt sich jedesmal

       um diese abenteuerliche Erscheinung, und dann macht

       sich der Drache bisweilen den Jux, mit weit aufgesperrtem

       Rachen unter die Menge zu rennen, die eilig

       zurückweicht und dabei in den possirlichsten Lagen

       über einander purzelt. Der Hauptspaß aber ist, wenn

       es dem Ungethüm gelingt, eine Böhmin aus dem Haufen

       herauszupacken und ihr mit den Zähnen die breite

       Tellerhaube vom Kopfe zu reißen.

       Inzwischen sprengt der Ritter zur Prinzessin heran,

       und es entspinnt sich zwischen beiden nachfolgender

       Dialog in altväterischen Knittelversen:

       R i t t e r .

       Grüß Gott, grüß Gott, ihr königliche Tochter mein!

       Was macht ihr auf diesem harten Stein?

       Mich dünkt's, ihr seid ganz trauervoll,

       Die Sach', die Sach' steht nicht gar wohl.

       P r i n z e s s i n .

       Ach, edler treuer Rittersmann!

      

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