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Sagenbuch der Bayrischen Lande. Alexander Schöppner
Читать онлайн.Название Sagenbuch der Bayrischen Lande
Год выпуска 0
isbn 9783742772664
Автор произведения Alexander Schöppner
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
von dem Hirten einen erklecklichen Antheil an
dem Schatze ausbedungen hatte, ertheilte er zwei
Mönchen, welche als die geübtesten Exorcisten der
Gemeine galten, den Auftrag, sich durch Beten und
Fasten zu dem heiligen Werke vorzubereiten.
Zur bestimmten Zeit trafen die Väter und der Hirt
am Burgstalle zusammen, und eben schritten sie über
den Weideplatz hin, als die Thurmuhr zu Neukirchen
die eilfte Stunde angab. Mit dem letzten Schlage loderte
auf dem Gipfel eine hohe Flamme empor, und
die Mönche erkannten dieß als das Zeichen, daß der
Schatz sich erhoben habe. Nachdem sie den Hirten
gewarnt, nicht von ihrer Seite zu weichen, schickten
sie sich an, dem bösen Feinde tapfer zu Leibe zu
gehen. Aber kaum hatten sie einige Schritte bergan
gemacht, als im Walde ein seltsames Leben rege
ward. Eulen und Fledermäuse flatterten den nächtlichen
Wanderern in dichten Schwärmen entgegen, aus
dem Unterholze links und rechts warf es mit Todtenbeinen
nach ihnen, und grinsende Schädel kollerten
unter ihren Füßen hin. Die frommen Söhne des heiligen
Franziskus ließen sich von diesem Spucke keineswegs
anfechten, sondern drangen mit lauter Stimme,
die Bannformeln hersagend und nach allen Seiten hin
Weihwasser sprengend, rastlos voran. Schon mochten
sie die Hälfte des Weges zurückgelegt haben, als der
bisher mondhelle Himmel sich plötzlich verfinsterte
und ein Sturm losbrach, welcher den ganzen Berg aus
seinen Grundvesten heben zu wollen schien. Die Blitze
fuhren hageldicht auf die Baumwipfel nieder, der
Donner krachte Schlag auf Schlag, die Gießbäche
stiegen im Nu brausend über ihre Ufer und wälzten
mannshohe Fluthen gegen die Drei herab. Diese mein-
ten bis an den Hals im Wasser zu gehen; aber wie sie
näher zusahen, fanden sie, daß nicht ein Faden ihres
Gewandes naß war. Darum achteten sie es auch nicht
weiter, als ihnen noch allerlei Schreckbilder, bald
thierähnlich, bald menschlicher gestaltet, in den Weg
traten, und erreichten den Gipfel, ohne daß ihnen ein
Haar gekrümmt worden wäre.
Hier sahen sie wenige Schritte vor sich, hell von
der noch immer lodernden Flamme erleuchtet, ein kesselartiges
Gefäß, das bis zum Rande mit funkelnden
Goldmünzen gefüllt war. Eben wollte der Hirt vortreten,
um, wie ihm die Jungfrau geboten, den Schatz zu
erfassen, da wankte der Boden unter ihm, und von unterirdischer
Kraft gehoben, wich ein mächtiger Felsblock
polternd von seinem Platze. Aus der Oeffnung,
die sich gebildet, kroch ein scheußlicher Lindwurm
hervor und ringelte seines Leibes endlos gestreckte
Glieder dreimal um den Gipfel des Burgstalls herum,
einen furchtbaren Schutzwall vor dem gefährdeten
Mammon aufthürmend. Das Erscheinen dieses Ungeheuers
setzte die Herzhaftigkeit der guten Mönche auf
eine zu harte Probe. Sie glaubten sich schon gepackt
von scharfen Zähnen des Drachen und purzelten mehr
als sie liefen, den steilen Abhang hinunter. Dem Hirten,
der sich von seinen geistlichen Helfern verlassen
sah, blieb nichts übrig, als ihnen zu folgen. Wohl vernahmen
sie hinter sich die Stimme der Jungfrau, wel-
che in kläglichen Lauten zum Ausharren ermahnte,
aber die Flüchtlinge waren nicht mehr zum Stehen zu
bringen. Nur einmal hatte der Hirt umzuschauen gewagt
und gesehen, wie der Gipfel des Berges sich
spaltete und in seinem weiten Risse die Schatztruhe
verschlang. Darauf erhob sich ein tausendstimmiges
Geheul, welches ihm das Blut in den Adern gerinnen
machte. Es war das Hohngelächter der Hölle.
88. Die Riesengeis auf dem Hohenbogen.
Der H o h e n b o g e n im B a y e r w a l d e . – A.
M ü l l e r u. B. G r u e b e r der bayer. Wald. S. 268.
Vor uralten Zeiten weidete eine Geis auf dem Hohenbogen,
welche so ungeheuer groß war, daß ihr Rücken
die Wipfel der höchsten Bäume überragte. Tag für
Tag fraß das Unthier zwei Morgen Landes ab. Einmal
schlief es am Rande eines Hohlweges und ließ seine
strotzenden Euter über diesen herabhängen. Ein Holzwagen,
der aus dem Hochwalde herabkam, riß ihm im
Vorüberfahren eine Zitze weg, und aus der Wunde
ergoß sich ein Wolkenbruch von Milch, welcher sieben
Dörfer am Fuße des Berges hinwegschwemmte.
Das war das erste und letzte Mal, daß stromweise
Milch geflossen ist im gelobten Lande Bayerwald.
89. A Mährlein von der Rusel.
Von J . A . P a n g k o f e r , Gedichte in altb. Mundart
1846. Anm. S. XLI. – Sage aus dem Bayerwalde auf der
R u s e l bei D e g g e n d o r f , wo auf beiden Seiten der
Strafe viele Quellen hervorsprudeln.
Duat drob'n af en Beag is a Beagerl,
Im Beagerl drin wiathschaft a Zweagerl
Wos sie hot am Beagerl zuatrog'n
Mit'n Zweagerl, miakt's af, will i sog'n.
Dea Zweagerl is duaten scho hausat
Wohl iatza a voll's Joahrtausat
Und lebt schö still und alloa
Im olten, kluftinga G'stoa.
So olt ols a is und so leizi
So fleißi is a, und freut si,
Doß a thuat no so kräfti si spüan,
Und ko drin im Beagerl handthian.
Z' eascht hot a im Fels mit sein Hammerl
Sie ausg'haut a wundanetts Kammerl,
Na Gangerl dee Kreuz und dee Quea
Tiaf unten und ob'n drüba hea.
Daß drinna net is goar so dunkel,
Hängt af ea viel liachte Karfunkel.
Mit Gold und mit edeln Kristall
Ziat Kammerl und Gangerl ea all.